VON THORSTEN KLINKNER
Maximal bis zum 30. Juni 2016 gilt die aktuelle Erbschaftsteuer-Gesetzgebung, die eine steueroptimierte Übertragung von Betriebsvermögen zum Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht. Nun hat die Politik bereits angedeutet, unternehmerfreundliche Neuregelungen einführen zu wollen. Unternehmer sollten in Ruhe und Gelassenheit nach strategischen Lösungen suchen.
Genau diese Fragen stehen seit dem 17. Dezember 2014 im Raum. Denn an diesem Mittwoch vor Heiligabend hat das Bundesverfassungsgericht die §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer‑ und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Die Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftsteuer sei zwar im Grundsatz nicht zu beanstanden, aber in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar, verkündeten die Richter (siehe auch www.unternehmerkompositionen.com/2014/12/18/neue-regelung-schafft-neue-chancen ).
Seitdem ist die Sorge bei zahlreichen Unternehmern groß. Sie fragen sich, ob sie ihr Unternehmen in Zukunft (also spätestens über den 30. Juni 2016 hinaus, denn bis dahin gilt die aktuelle Regelung maximal) auch noch steuerschonend an die nächste Generation übertragen können. Oder ob eben die Kinder als „natürliche“ Erben des Betriebsvermögens mit hohen Steuern belastet werden – was dann wiederum zu einer Zersplitterung des Vermögens führen kann. Denn welcher Erbe kann schon ein hohes Betriebsvermögen einmalig in Steuerklasse I voll versteuern, ohne zumindest einen Teil des Unternehmens verkaufen zu müssen?
Glaubt man aktuellen Einschätzungen des Gesetzgebers, sind diese Sorgen unbegründet. Der bayerische CSU-Finanzminister Markus Söder beispielsweise lehnt eine umfassende Reform ab. Er spricht sich dafür aus, nur die vom Bundesverfassungsgericht kritisierten Punkte zu ändern. „Das Urteil ist keine Grundsatzkritik“, betont Söder. Der Finanzmister forderte, dass Veränderungen bei der Erbschaftsteuer nicht zu Steuererhöhungen führen dürften. „Wir lehnen eine höhere Belastung ab“, sagt Söder. Auf keinen Fall dürfe eine Unternehmensnachfolge an der Erbschaftsteuer scheitern. Dies bestätigte auch CSU-Chef Horst Seehofer im Interview mit der Passauer Neue Presse: „Wir wollten ja nicht die persönlichen Vermögen oder Einkommen von Privatpersonen unbesteuert lassen, sondern die Fortführung von Unternehmen und damit Arbeitsplätzen privilegieren.“
Auch von Bundesebene kommen Signale für eine unternehmensfreundliche Regelung. Bei einer Veranstaltung der Stiftung Familienunternehmen hat das Bundesfinanzministerium skizziert, in welche Richtung Reformüberlegungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Erbschaftsteuer gehen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer solle „zügig und minimalinvasiv“ umgesetzt werden. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer mit der Reform solle nicht erhöht werden. Die Erbschaftsteuer spiele hierzulande traditionell keine besondere Rolle für die Staatsfinanzen.
Unternehmer sollten sich also nicht zu Kurzschluss-Aktionen hinreißen lassen – nichts ist wichtiger, als in Ruhe und Gelassenheit nach zukunftsfähigen Lösungen zu suchen. Dann lässt sich das Wesentliche langfristig gestalten, und der Unternehmer findet den Weg zu einer echten Strategie und Struktur, die das Vermögen und damit das Unternehmen und die Kontrolle darüber dauerhaft sichern können. Denn darum geht es wirklich bei strategisch denkenden Unternehmern: Was will ich wirklich? Persönlich, für meine Familie, das Unternehmen und das Familienvermögen? Wer dies für sich beantwortet, kann gemeinsam mit versierten Beratern ein kraftvolles Fundament für das eigene Vermögen schaffen.