Erbschaftsteuer: Gesetzentwurf verdeutlicht Änderungen?

VON THORSTEN KLINKNER


Vier Punkte stehen bei der Neuregelung der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen im Vordergrund, wie der Referentenentwurf des neuen Gesetzes aus dem Bundesfinanzministerium herausstellt.Wer die Medienberichte zur Neuregelung der Erbschaftsteuer bei Unternehmensübertragungen verfolgt, stößt vielerorts auf Rätselraten. „Heute so, morgen so“, scheint ein Leitsatz in der Berichterstattung zu sein, denn beinahe täglich erscheinen Beiträge, die einen neuen Schwerpunkt herausstellen – und bisweilen das Gesagte widerrufen.Auch wenn die Details teilweise sperrig sind, ist es daher sinnvoll, in den „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ zu schauen, der auf Referentenebene im Bundesfinanzministerium entwickelt worden ist (Stand: 1. Juni).


Denn auf den insgesamt 38 Seiten wird vieles von dem zumindest grundsätzlich geklärt, das in anderen Zusammenhängen Fragen aufwirft. Angesichts der kontroversen Diskussion wird sich diese Fassung „selbstverständlich“ in dem weiteren Gesetzgebungsverfahren ändern. Die aktuelle Kabinettsvorlage entwickelt die Details weiter. Der Entwurf bringt jedoch erstes Licht ins Dunkel und macht deutlich, dass es trotz der teilweise wirtschaftlich gravierenden Auswirkungen „eigentlich“ nicht um eine umfassende Verschärfung der Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzgebung gehen soll. „Der Gesetzentwurf zielt auf eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Verschonung betrieblichen Vermögens und damit auf eine verfassungskonforme Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die Sicherung der vorhandenen Beschäftigung in den übergehenden Betrieben und die Bewahrung der ausgewogenen deutschen Unternehmenslandschaft machen es erforderlich, die Unternehmensnachfolge bei Erwerben von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden in den vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 BvL 21/12 – aufgezeigten Grenzen weiterhin zu erleichtern.“

Dieser kurze Abschnitt zeigt die zum Ausdruck gebrachte Intention, die auch bei der kontroversen Diskussion der Details im Blick bleiben sollte. Eine Neuregelung ist aufgrund der verfassungswidrigen bisherigen Ausgestaltung der Begünstigungen für unternehmerisches Vermögen notwendig.. Der Gesetzgeber muss – wie es die Karlsruher Richter gefordert haben – spätestens zum 1. Juli kommenden Jahres ein neues Gesetz auf den Weg gebracht haben, das dem Prinzip der Gleichbehandlung Rechnung trägt. Das Bundesverfassungsgericht hatte kritisiert, dass dies durch die bisherige Handhabung nicht gegeben gewesen sei. Dabei soll aber die generelle steuerliche Bevorzugung bei der Übertragung von Betriebsvermögen gerade nicht angetastet werden, sondern es geht um eine „verfassungsgemäße Ausgestaltung“.

Das Finanzministerium hat vier grundlegende Punkte herausgearbeitet, bei denen Handlungsbedarf für die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes besteht. Diese sollen angepasst werden, um den verfassungsgerichtlichen Auftrag zur Neugestaltung nachzukommen.

Freistellung von Kleinstbetrieben von den Lohnsummenregelungen:

Bislang gilt die Regel, dass die Übertragung von Betrieben bis zu 20 Mitarbeitern von der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer befreit werden kann, ohne dafür die Lohnsummen – die sonst Bedingung für die Steuerverschonung sind – einzuhalten. Damit sollen die schwer kalkulieren Mitarbeiterschwankungen berücksichtigt werden, die ansonsten eine steuerbegünstigte Übertragung von Kleinbetrieben faktisch ausschließen. Im Entwurf ist vorgesehen, dass Betriebe nun ab vier Mitarbeitern über fünf Jahre hinweg für eine Begünstigung die – auf diese Weise gestaffelte – Lohnsumme von 250 Prozent nicht unterschreiten dürfen. Ab zehn Mitarbeitern steigt die Lohnsumme auf 400 Prozent.

Abgrenzung des begünstigten von dem nicht begünstigten Vermögen:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das begünstigte vom nicht begünstigen Betriebsvermögen nach der Funktion des Vermögens für das Unternehmen abgegrenzt wird. Vermögensgegenstände, die zur Ausübung einer gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit genutzt werden, sind steuerbegünstigt. Der bisherige komplexe Regel-Ausnahmemechanismus zur Abgrenzung des „guten“ Betriebsvermögens und des „schlechten“ Verwaltungsvermögens soll damit entfallen.

Einführung einer Verschonungsbedarfsprüfung für den Erwerb großer Betriebsvermögen:

Nach dem vorgesehenen Konzept soll ab einer gewissen Vermögensgröße ermittelt werden, ob der Erwerber des Vermögens, das heißt insbesondere der Erbe oder der Beschenkte „bedürftig “ ist, also ob er die reguläre Erbschaftsteuer nicht aus seinem Privatvermögen begleichen kann. In dem Falle soll das Privatvermögen herangezogen werden, und das unternehmerische Vermögen kann nicht steuerbegünstigt übertragen werden. Insbesondere die maßgeblichen Vermögensgrößen sind in der Diskussion. Der Referentenentwurf sieht eine Prüfschwelle von 20 Millionen Euro vor. Aktuell werden 26 Millionen Euro diskutiert.

Einführung eines Abschmelzmodells als Wahlrecht für den Erwerb großer Betriebsvermögen:

Erwerber von Betriebsvermögen sollen die Wahl bekommen, ob Sie an der Stelle einer individuellen Bedarfsprüfung und der damit erforderlichen Offenlegung der privaten Vermögensverhältnisse einen größenabhängigen Verschonungsabschlag in Anspruch nehmen. Dabei verringert sich der Verschonungsabschlag bis einer bestimmten Grenze mit steigendem Wert des übertragenen Vermögens. Wer beispielsweise ein Betriebsvermögen mit einem steuerlichen Wert von 110 Millionen erwirbt, sein Privatvermögen aber nicht offenlegen will, kann nach dem Referentenentwurf anstatt der 85 beziehungsweise 100 Prozent Verschonung (je nach Ausgangslage) nur noch 25 beziehungsweise 40 Prozent in Anspruch nehmen. Auch in dieser Hinsicht werden die maßgeblichen Schwellenwerte weiter diskutiert. So endet nach der aktuellen Kabinettvorlage das sogenannten „Abschmelzen“ des Verschonungsabschlags bei 116 Millionen. Das zeigt die intensive Diskussion der Details. Die Grundzüge des neuen Gesetzes und damit die Grundlage für unternehmerische Planungsüberlegungen werden jedoch immer sichtbarer.

Mit den besten Grüßen aus Neuss

Ihr Thorsten Klinkner

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