VON HERBERT HABERL
Das Motiv eines Unternehmers, seine Gesellschaft in Stiftungshand zu legen, entspringt aus dem Wunsch der transgenerationalen, umfassenden Asset Protection. Um das Unternehmen unter dem rechtlichen Schutz der Stiftung langfristig erfolgreich zu führen, müssen aber alle Beteiligten – Familie, Arbeitnehmer etc. – wertschätzend auf dem Weg mitgenommen werden. Daher kommt es auf eine gute Führungskultur an, die der Struktur der Stiftung gerecht wird.
Die wirksamste Eigenschaft konstruktiver Führung und die Grundlage jeglichen Erfolgs ist das Gestalten gelingender Beziehungen. Die wesentlichen sozialen Kompetenzen dafür sind Achtsamkeit, Freundlichkeit, dialogische Gesprächsführung und Verlässlichkeit. In der Kommunikation gilt es Missverständnisse und Kränkungen zu vermeiden. Im Konfliktfalle gilt es Vergangenheit und Zukunft zu „therapieren“, also tragfähige Kompromisse oder gar Versöhnung zu erreichen.
Doch oft erleben Menschen wie die Ängste der Egos zu endlosen Meetings, bürokratischen Prozessen, Konflikten, Silodenken und Entscheidungen fast nur an der Spitze führen. Dramatisch daran ist, dass Unternehmen und Führung, die so agieren, sich meist mehr als 40% des Leistungspotentials selbst nimmt. Die 40% nämlich, die Arbeitskräfte einbringen, wenn sie sich in den Strukturen wohl fühlen und in denen Hemmnisse und Störungen bewusst vermieden bzw. abgebaut wurden.
Aber auch der Fachkräftemangel, der förderliche Umgang mit Menschen unterschiedlichster Prägung, der Erhalt der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, die Lust und Fähigkeit zu Innovation sowie Anpassung an die Veränderung der Marktlage und Verfügbarkeit von Ressourcen bis hin zu individuellen Entwicklungsprogrammen sind schon Grund genug Wertschätzung zur Grundlage der Unternehmenskultur zu machen. Aber auch das Wissen, das Fluktuation durchschnittlich 30.000 Euro, unbearbeitete Konflikte bis hin zu Mobbing 60.000 Euro kosten.
Diese Erkenntnis hat daher auch die Bundesregierung veranlasst, Beratungen zur Gestaltung einer mitarbeiterorientierten Personalpolitik mit bis zu 8000€ zu fördern: unternehmensWert:Mensch.
Und viele Stifter haben die starke Motivation eine bestimmte Mitarbeiterkultur/Prinzipien der Führung in der Satzung zu verankern. Die Satzung fixiert die Spielregeln für die Zukunft. Der Vorstand der Stiftung soll dann darauf hinwirken, dass die Gesellschaftsverträge der stiftungsverbundenen Unternehmen im Einklang mit der Satzung der Stiftung ausgestaltet werden und dass die passenden Personen in die Geschäftsführung der Unternehmen berufen werden. Sie wollen damit auch ihre Interessen hinsichtlich persönlicher Lebensplanung, der familiären Situation, der Führung des Unternehmens und des Vermögensschutzes gewahrt wissen.
DOCH WIE GEHT DIALOGISCHE GESPRÄCHSFÜHRUNG?
Dialogische Gesprächsführung ist die Kunst gemeinsam zu denken. Dialogkompetenz ist erlernbar und erwiesenermaßen eine wesentliche Ursache überdurchschnittlicher Leistung und Zufriedenheit bei allen Beteiligten und Betroffenen.
Dialog heißt: Alle sorgen durch gemeinsames Denken mit Empathie und in Wertschätzung füreinander für verträgliche, zukunftsfähige Handlungsmöglichkeiten. Es ist damit auch die Kunst, seine Interessen zu durchsetzen ohne den Anderen zu missachten oder zu verletzen.
EMPATHIE FÜR DIE GEFÜHLE UND INTERESSEN ENTWICKELN
In Verlauf von Konversationen nehmen wir typische Rollen ein und sprechen in mehreren Sprachen.
Wir
- agieren als Initiator und artikulieren unsere Sichtweise.
- sind Anhänger und hören zu.
- sind Widersacher und äußern dies mehr oder weniger respektvoll.
- sind Beobachter des Geschehens und warten ab mit unserer Reaktion, geben der Meinungsbildung Raum, wir lassen die Dinge in der Schwebe.
Wir sprechen in
- der Sprache der Bedeutung - um besser zu verstehen.
- der Sprache der Gefühle - um mehr Zufriedenheit zu erlangen.
- der Sprache der Macht - um weitere Handlungsoptionen zu bekommen.
Eine als Bereicherung erlebte Konversation gibt uns das Wahre, Schöne und Gute. Wir erleben das Gespräch als gemeinsames Denken. Der Dialog ist der Königsweg zum gemeinsamen Denken. Er gibt uns die Klarheit, den Sinn und die Verbundenheit, die wir brauchen, um etwas auf erfreuliche Weise erkennen oder erreichen zu können.
VIELE GESPRÄCHE SIND KEINE DIALOGE
Viele Gespräche verlaufen enttäuschend, weil wir viel miteinander reden, aber wenig miteinander denken.
- Wir halten Fassaden aufrecht statt ein gemeinsames Haus zu bauen.
- Wir geben uns statt der gemeinsamen Sache Bedeutung.
- Wir geben Meinungen von uns statt die gemeinsame Meinungsbildung zu fördern.
- Wir sind schon entschieden und suchen Verbündete statt die Entscheidungsfindung mit unserem Wissen und Können zu bereichern.
- Wir verteidigen Gewissheiten statt die Beziehungen zu pflegen.
Gespräche können sehr einsame Orte sein. Der Dialog ist mehr als das höfliche Konkurrieren oder das gezwungene Kooperieren, das wir glauben tun zu müssen, um unsere Position zu wahren oder zu verbessern.
Meist wehren wir uns oder schlagen uns in die Flucht – mal in Form beredten Schweigens, mal als Small Talk, mal in Form einer kontrollierten Diskussion, mal in Form eines qualifizierten Gesprächs.
DIE KUNST GEMEINSAM ZU DENKEN
Der Königsweg zu einem Dialog, zu einem gemeinsamen Denken ist Hinhören, Respektieren, Suspendieren und Artikulieren:
- Hinhören bedeutet, aus einem inneren Schweigen heraus etwas auf sich wirken zu lassen. Wir sind Anhänger des Gesagten bis wir gemeinsam eine geeignetere Ansicht gefunden haben.
- Respektieren: (lateinisch re-spectere: erneut hinschauen, beobachten) bedeutet, auf unmittelbare Abwehr, Schuldzuweisung, Abwertung und Kritik zu verzichten. Wir sind womöglich Widersacher, aber behandeln die Sichtweise des Anderen stets mit Respekt und suspendieren erst bevor wir uns äußern. Es gilt die goldene Regel: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
- in der Schwebe lassen/Suspendieren: (lateinisch: herabhängen; indogermanisch: spenn: spinnen, ziehen, etwas so aufspannen, das es sichtbar wird wie ein Spinnennetz vor einem Fenster) bedeutet, die eigene Meinung weder zu unterdrücken noch stur dafür zu plädieren, sondern auf eine Weise vorzutragen, die es einem selbst und anderen ermöglicht, sie wahrzunehmen und zu begreifen. Suspendieren heißt, auftauchende Gedanken und Gefühle zur Kenntnis zu nehmen, wir sind Beobachter des Geschehens und können Empfinden ohne zwangsläufig danach handeln zu müssen.
- Artikulieren heißt, die eigene, authentische Sprache finden und seine eigene Wahrheit aussprechen. Seien wir Initiator einer weiteren Sichtweise.
DEBATTEN FÜHREN ODER DIALOG PFLEGEN? SIE HABEN DIE WAHL
Debatte: Das Ziel ist, mich mit meinen Argumenten durchzusetzen |
Dialog: Den anderen und mich selbst besser verstehen |
§ Ich höre zu, um Gegenargumente zu finden § Ich versuche die Schwächen herauszuhören, um den anderen zu schlagen § Ich frage, weil ich den anderen verwirren will § Ich unterbreche den anderen und wechsle das Thema § Ich konzentriere mich auf mein nächstes Argument § Ich kritisiere die Erfahrungen anderen |
§ Ich höre zu, um den anderen besser zu verstehen § Ich versuche die Stärken des anderen heraus zuhören, um diese zu bestätigen § Ich frage, weil ich besser verstehen will
§
Ich lasse den anderen ausreden § Ich konzentriere mich auf den anderen und dessen Gefühle § Ich akzeptiere die Erfahrungen anderer |