VON THORSTEN KLINKNER
Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung zählt zu den größten Stiftungen in Deutschland und ist mit Abstand größte Aktionärin der Fresenius SE & Co. KGaA. Dadurch ist sie nicht nur gemeinnützig tätig, sondern sorgt auch für den Fortbestand des Unternehmens, das sie gegen Zersplitterung absichert.
Fresenius ist ein weltweit tätiger Gesundheitskonzern mit Produkten und Dienstleistungen für die Dialyse, das Krankenhaus und die ambulante Versorgung von Patienten. Mit über 250.000 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern und einem Jahresumsatz von über 25 Milliarden Euro ist Fresenius heute eines der führenden Unternehmen im Gesundheitsbereich weltweit. So lässt sich der Website des Dax-Unternehmens entnehmen, das seine Zentrale in Bad Homburg an der Grenze zu Frankfurt am Main hat.
Aber Fresenius war nicht immer ein Global Player im Gesundheitsmarkt, sondern hat vergleichsweise bescheiden begonnen. 1912 wird das Unternehmen Fresenius aus der Hirsch-Apotheke in Frankfurt am Main heraus von Apotheker und Inhaber Eduard Fresenius gegründet und ab 1951 von Adoptivtochter Else Kröner und ihrem Mann Hans Kröner kontinuierlich ausgebaut. Heute firmiert das Unternehmen als SE & Co. KGaA, also eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), deren Komplementär (vollhaftender Gesellschafter) eine Europäische Gesellschaft (SE) ist.
Größte Aktionärin der Fresenius SE & Co. KGaA ist die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS). Sie hält eine Beteiligung von 26,33 Prozent am Grundkapital des Unternehmens. Stifterin Else Kröner hatte bis 1981 die Geschäftsleitung des Unternehmens inne und fungiert nach der Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft bis zu ihrem Tod am 5. Juni 1988 als Vorsitzende des Aufsichtsrates. Die gemeinnützige Else Kröner-Fresenius-Stiftung wurde am 19. Mai 1983 vom Regierungspräsidenten in Darmstadt genehmigt, und Else Kröner übertrug testamentarisch ihr gesamtes Vermögen auf die Else Kröner-Fresenius-Stiftung. Nach ihrem Tod standen Testamentsvollstrecker Dr. h.c. Hans Kröner sowie Dr. Alfred Stiefenhofer an der Spitze der Stiftung, Hans Kröner prägte bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2006 die Stiftung im Sinne seiner verstorbenen Ehefrau.
Heute zählt die Else Kröner-Fresenius-Stiftung zu den größten Stiftungen in Deutschland. Seit ihrem Bestehen hat die EKFS rund 1650 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 300 Millionen Euro gefördert und wird heute vom neunköpfigen Stiftungsrat, dem dreiköpfigen Vorstand und der sechsköpfigen Wissenschaftskommission geführt. Die EKFS dient der Förderung der medizinischen Forschung, unterstützt medizinisch-humanitäre Projekte und fördert satzungsgemäß nur solche Forschungsaufgaben, deren Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich sind. Allein im Jahr 2016 wurden rund 32,37 Millionen Euro an Fördermitteln bewilligt. Zudem kooperiert die Stiftung mit anderen Stiftungen in der Umsetzung ihres Stiftungszwecks.
Durch dieses Engagement haben sich die Stiftung und ihre Stifterin weit über die ökonomische Bedeutung des Unternehmens Fresenius hinaus hohe Reputation erworben. Aber interessant ist auch die wirtschaftliche und strategische Struktur der Stiftung. Die EKFS bezieht nahezu alle ihre Einkünfte aus Dividenden des Gesundheitskonzerns Fresenius, dessen größte Aktionärin sie ist. Und die Organe der Stiftung sind sehr bemüht, dieser Rolle auch weiterhin gerecht zu werden. Erst im Juli hatte die Stiftung bestehende 1.163.500 Stammaktien der Fresenius SE & Co. KGaA zu einem Börsenwert von ca. 90 Millionen Euro erworben und damit ihr Aktienpaket auf die besagten 26,33 Prozent ausgebaut. „Die Stiftung stärkt mit diesem Schritt ihr langfristig orientiertes Engagement als Ankeraktionärin von Fresenius und führt das Vermächtnis der Stifterin Else Kröner fort, das Unternehmen als unabhängiges Ganzes zu erhalten“, heißt es bei der EKFS.
Dazu sagt Dr. Dieter Schenk, Vorsitzender des Stiftungsrats der EKFS: „Fresenius hat sich mit der Else Kröner-Fresenius-Stiftung als Ankeraktionärin über die vergangenen Jahrzehnte äußerst erfolgreich entwickelt. Unser zusätzliches finanzielles Engagement belegt, wie sehr wir von der Wachstumsstrategie des Unternehmens überzeugt sind. Wir wollen viele weitere Jahre unseren Beitrag zur Fortsetzung des Erfolgswegs leisten.“
Entscheidend ist jedoch der Halbsatz, dass die Stiftung durch ihren Aktienzukauf „das Unternehmen als unabhängiges Ganzes […] erhalten“ wolle. Die Konzentration von weit mehr als einem Viertel der verfügbaren Stammaktien auf der Stiftung führt natürlich dazu, dass weitreichende Entscheidungen das Unternehmen betreffend nicht gegen den Willen der Stiftung als Trägerin der Werte und Vorstellungen von Else Kröner getroffen werden. Dazu gehört eben vor allem auch eine Zersplitterung des Unternehmens. Als mit Abstand größte Aktionärin ist die Stiftung in der Lage, das Unternehmen gesellschafts- und aktienrechtlich abzusichern. Kurzum: Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung steht nicht nur für hochrangiges gesellschaftlich-wissenschafliches Engagement und die Bereitschaft, wichtige Projekte mit relevanten Mitteln zu fördern, die sie aus den Ausschüttungen des Unternehmens bezieht. Sie ist auch Garant für den Fortbestand des Unternehmens und die Sicherung des Lebenswerks der Stifterin und Unternehmerin Else Kröner.
Auch für den gehobenen familiengeführten Mittelstand kann dieses Beispiel neue Perspektiven und Denkmuster bereitstellen. Die Möglichkeit, Unternehmenserhalt und gemeinnütziges Engagement mit der Versorgung zu verbinden (30 Prozent der Erträge der Stiftung können an die Begünstigten in der Familie ausgeschüttet werden), ist eine bedenkenswerte Option für strategisch denkende Unternehmer. Zur Asset Protection treten der mildtätige Gedanken sowie die Möglichkeit, den eigenen Namen positiv besetzt in die Zukunft zu tragen.