VON THORSTEN KLINKNER
Wegen der Besteuerung nach dem „Trennungsprinzip“ unterliegen Kapitalgesellschaften selbst der Besteuerung und nicht die Gesellschafter. Aus diesem Grund können auch die bisher ungenutzten steuerlichen Verlustvorträge nicht auf der Gesellschafterebene genutzt werden, sondern nur auf Ebene der Gesellschaft.
Gerade für Konzerne konnte sich deshalb in früheren Tagen anstelle einer Neugründung von Tochtergesellschaften der Kauf einer nicht mehr aktiven Kapitalgesellschaft mit hohen steuerlichen Verlustvorträgen anbieten. Nahm diese Gesellschaft anschließend ihren neuen Geschäftsbetrieb auf, konnten die erzielten Betriebseinnahmen mit den bisher ungenutzten Verlustvorträgen verrechnet werden.
Um diesen sogenannten Mantelkauf zu unterbinden, wurde die Vorschrift des § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) eingeführt. § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG sieht in den Fällen, in denen innerhalb von fünf Jahren mehr als 25% der Anteile einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber übergehen, einen Untergang der noch ungenutzten steuerlichen Verlustvorträge in Höhe der übertragenen Quote vor („schädlicher Beteiligungserwerb“).
Mit Beschluss vom 29.03.2017 (Az. 2 BvL 6/11) entschied das Bundesverfassungsgericht, dass diese Fassung gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG) verstößt und setzte dem Gesetzgeber eine Frist für eine rückwirkend ab dem 01.01.2008 in Kraft tretende Neufassung bis zum 31.12.2018.
Anstelle eines quotalen Untergangs sieht § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG in Fällen, in denen mehr als 50% der Anteile innerhalb von fünf Jahren auf einen neuen Erwerber übergehen, einen vollständigen Untergang der noch ungenutzten steuerlichen Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft vor. Per Vorlagebeschluss vom 29.08.2017 (Az. 2 K 245/17) legte das Finanzgericht Hamburg dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob nicht auch diese Regelung verfassungswidrig sei.
Zumindest ab dem 01.01.2016 besteht durch die Einführung des „fortführungsgebundenen Verlustvortrags“ in § 8d KStG für Erwerber, die den Betrieb der erworbenen Kapitalgesellschaft unverändert fortführen, die Möglichkeit eine Erhaltung der steuerlichen Verlustvorträge in voller Höhe zu beantragen. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden sollte dieser Antrag stets zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr der Anteilsübertragung eingereicht werden und nicht erst im Laufe eines Einspruchsverfahrens.
Aufgrund der Verzögerung durch die langanhaltende Regierungsbildung steht der Gesetzgeber nunmehr unter Zeitdruck, die Frist für eine verfassungskonforme Neufassung der Verlustabzugsbeschränkung bis zum 31.12.2018 einzuhalten. Es bleibt abzuwarten, ob die Regelung des § 8d KStG nun rückwirkend zum 01.01.2008 in Kraft treten soll oder gar eine neue Konzeption des § 8c KStG vorgenommen wird.