VON MATTHEO ENS
I. Einleitung
Eine unternehmensverbundene Doppelstiftung kann eine interessante Form einer Stiftungsstruktur darstellen. Sie ist für Familienunternehmen stimmig, wenn die Familie neben den familiären und unternehmerischen Zielen
- familiäre Absicherung,
- Verhinderung einer Zersplitterung des Vermögens,
- rechtlich und steuerlich schonende Vermögensübertragung auf die Nachfolgegeneration,
- generationsübergreifende Unternehmenskontinuität,
die Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke beabsichtigt. Umgekehrt können die Vorteile der Steuerfreiheit durch eine gemeinnützige Zweckverwirklichung mit der wirtschaftlichen Versorgung der Familie verbunden werden.
Die Doppelstiftung besteht aus zwei selbständigen Stiftungen, die nebeneinander agieren können. Beide Stiftungen sind Gesellschafterinnen des Unternehmens. Der Hauptanteil der Gesellschaftsrechte wird dabei regelmäßig von der gemeinnützigen Stiftung gehalten (in unserem Beispiel 90%). Die Stimm-, Gewinn- und Bezugsrechte stehen disproportional der Familienstiftung zu (in unserem Beispiel 90% der Stimmrechte).
Die Kombination der beiden Stiftungen wird häufig hergestellt, indem die gemeinnützige Stiftung mehrheitlich an dem Familienunternehmen beteiligt wird, die Familienstiftung das unternehmerische
Management führt (Stimmrechte) und langfristig die Aufsichtsfunktion übernimmt. Aber auch die umgekehrte Gestaltung ist möglich und in der Unternehmenspraxis etabliert. Es geht hier kein
„richtig“ oder „falsch“. Maßstab ist die Stimmigkeit für die jeweilige Familie und das Unternehmen.
II. Die Vorteile beider Stiftungen
1. Steuerfreiheit bei der Vermögensübertragung (Gemeinnützige Stiftung)
Auf eine gemeinnützige Stiftung kann die Vermögenssubstanz ohne gestalterische Maßnahmen schenkungsteuerfrei übertragen werden. Eine schenkungsteuerneutrale Vermögensübertragung an eine Familienstiftung wäre nur für begünstigtes Betriebsvermögen möglich. Zwar sind Anteile an einer GmbH grundsätzlich begünstigungsfähig. In der Folge wäre jedoch durch einen Verwaltungsvermögenstest zu prüfen, wie viele steuerschädliche Finanzmittel im Betriebsvermögen liegen (Cash GmbHs sollen nicht begünstigt werden). Da die Übertragung von Unternehmensanteilen an eine Familienstiftung durch gestalterische Maßnahmen schenkungsteuerlich ebenfalls verschont werden kann, ist die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung auch aus diesem Grund aus rein steuerlichen Motiven nicht notwendig und nicht zu empfehlen. Die Motivation zur Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung sollte stets die Verwirklichung einer gemeinnützigen Idee sein. Maßgebliche Unterschiede in der Besteuerung der Vermögensübertragung ergeben sich bei einem größeren Immobilienvermögen, das fremden Dritten zur Nutzung überlassen wird (Vermietungsgesellschaften). Dieses Vermögen ist steuerfrei nur an eine gemeinnützige Stiftung übertragbar. Hierbei fällt auch keine Grunderwerbsteuer an. Der Stifter kann die Vermögensausstattung in seiner privaten Steuererklärung als Spende steuermindernd gelten machen. Bei Spenden in den Vermögensstock der Stiftung (Stammkapital) bis zu einem Betrag von EUR 1.000.000.
Daneben werden die Erträge auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung von allen Steuerarten freigestellt. Die Erträge aus dem Unternehmen unterliegen auf der Ebene der GmbH einem Steuersatz in Höhe
von ca. 30% (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer). Diese Ertragsbesteuerung der Unternehmensgewinne ist unabhängig davon, ob die Gesellschafterin eine gemeinnützige oder privatnützige
Familienstiftung ist. Ausschüttungen der Gesellschaft an eine Familienstiftung würden effektiv mit einem Steuersatz von 0,75% belastet werden, bei der gemeinnützigen Stiftung wären diese
Ausschüttungen steuerfrei. Für die laufende Ertragsbesteuerung auf der Ebene des Unternehmens ist es daher irrelevant, welche Form der Stiftung auf der Gesellschafterebene gewählt wird.
Gestaltungshinweis:
Erzielt die gemeinnützige Stiftung weitere steuerfreie Erträge (bspw. aus der Immobilienverwaltung), können diese Erträge unter Vereinbarung eines fremdüblichen Zinssatzes dazu genutzt werden, der GmbH ein Gesellschafterdarlehen zu gewähren und somit steuerfreie Liquidität zu nutzen (Innenfinanzierung).
2. Unternehmensführung auf Ebene der Familie (Familienstiftung)
Die Mehrheit der Stimmrechte werden der Familienstiftung überlassen, bei welcher das unternehmerische und familiäre Management die Geschäftsführung in der Position des Stiftungsvorstands übernehmen kann. Daneben kann beispielsweise die Nachfolgegeneration (oder sonstige Familienmitglieder) über ein relativiertes Mitsprache- oder Einsichtnahmerecht innerhalb eines Familienorgans (Familientag oder -rat) sukzessive an die Unternehmensführung herangeführt werden.
Aus diesen Gründen bietet sich als Rechtsform des stiftungsverbundenen Unternehmens eine GmbH an. Bei einer GmbH kann im Verhältnis zu den gehaltenen Anteilen ein disproportionales Mehrstimmrecht festgelegt werden. Bei der Aktiengesellschaft wäre dies rechtlich beispielsweise nicht möglich, da sich das Stimmrecht zwingend an der Höhe der Beteiligung am Grundkapital orientieren muss. Eine GmbH & Co. KG bietet sich aufgrund der steuerlichen Behandlung als Personengesellschaft (Transparenzprinzip) nicht an, da die Gewinne automatisch den dahinter stehenden Gesellschaftern (den beiden Stiftungen) zugerechnet werden und eine disproportionale Verteilung in dieser Struktur eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung darstellen kann (§ 7 Absatz 6 ErbStG).
Durch die Auslagerung der Stimmrechte in die Familienstiftung werden unternehmerisches Management auf Ebene der Familienstiftung und Geschäftsführung des Non-Profit Bereichs konsequent voneinander getrennt.
3. Gewinnverwendungen für die Familie (Familienstiftung)
Die Gewinnverwendung kann durch den Gesellschaftsvertrag so ausgestaltet werden, dass 50% der Erträge jeweils in die Familienstiftung und die gemeinnützige Stiftung fließen. Dies ist rechtlich und steuerlich zulässig.
Eine derartige Aufteilung der Gewinnverwendung hat den entscheidenden Vorteil, dass 50% der Erträge flexibel für die Familie verwendet werden dürfen. Bei einer gemeinnützigen Stiftung könnten nur 1/3 des Einkommens der gemeinnützigen Stiftung für den angemessenen Lebensbedarf der Angehörigen des Stifters verwendet werden. Diese steuerliche Ausnahmeregelung ist allerdings zur regelmäßigen und flexiblen finanziellen Versorgung der Familienmitglieder ungeeignet. Zum einen ist unklar, was tatsächlich unter den allgemeinen Lebensbedarf fällt. Dabei wird die gemeinnützige Stiftung laufend von der Finanzbehörde überwacht und muss sich im Zweifel rechtfertigen. Zum anderen sind an die Eigenschaft des „Angehörigen“ strenge Anforderungen zu stellen. Eine flexible Regelung des Stifters zur Begünstigung seines weiteren Familienkreises bleibt damit verwehrt.
In der Satzung der Familienstiftung kann der Stifter unabhängig vom Familienrecht flexibel festlegen, welche Personen er als seine Familie ansieht und welches Mitglied in einem vom Stifter selbst bestimmten Umfang begünstigt werden soll.
4. Gewinnverwendung für gemeinnützige Zwecke (Gemeinnützige Stiftung)
Die anderen 50% der Erträge sollten vollständig in gemeinnützige Zwecke fließen, damit der Status als gemeinnützige Körperschaft aufrechterhalten bleibt. Auf dieser Ebene können bis zu 1/3 des Überschusses aus der GmbH-Beteiligung (Vermögensverwaltung) in freie Rücklagen eingestellt werden und somit die Ertragskraft und das Eigenkapital des Unternehmens insgesamt stabilisieren.
5. Unternehmensnachfolge (beide Stiftungen)
Die Stiftung bildet eine selbständige Vermögensmasse, die dem Privatvermögen des Stifters dauerhaft entzogen ist. Die Stiftung kann als Gesellschafterin nicht sterben. Da es an der Stiftung keine Anteile gibt, unterfallen die von den Stiftungen gehaltenen Beteiligungen an der GmbH auch nicht mittelbar der Erbmasse. In der Folge können Erbauseinandersetzung, Testamentsvollstreckung und die Gefahr der Zersplitterung des Vermögens vermieden werden.
Die Familienmitglieder (Kinder) können planbar vor Eintritt eines unbestimmbaren Zeitpunkts der Vermögensübertragung (Versterben des Stifters) an die Vermögensverwaltung der Stiftung herangeführt werden. Sie können – frei gestaltbar – vernünftige und dosierte Zuwendungen erhalten. Gleichwohl können sie die große Vermögenssubstanz der Stiftung aus dieser heraus steuern, ohne selbst Eigentümer zu werden (Flexibilität). Sie müssen nicht direkt in die Fußstapfen der Unternehmensführung treten (möglicher Familienrat).
Durch die Festlegung der Grundsätze zur Unternehmensführung nach dem Ausscheiden des Stifters aus dem Vorstand für die stiftungsverbundenen Unternehmen (Unternehmensphilosophie) in der Satzung der Familienstiftung kann die Unternehmenskontinuität gesichert werden. Die Familienstiftung kann als Gesellschafterin die Unternehmensphilosophie nach Maßgabe des Stifterwillens aufrechterhalten und durchsetzen. Da die Familienstiftung ein 90% Stimmrecht in der Gesellschaft hat, wird das unternehmerische Management sich fortlaufend an den Regularien der Familienstiftung orientieren müssen.
III. Die Vorteile auf einen Blick
1. Familie & Unternehmen
Vorteil |
Familienstiftung |
Gemeinnützige Stiftung |
Haftungsschutz |
Eigentum aus dem Privatvermögen ausgelagert = Haftungsschutz KEINE Anteile an der Stiftung = KEIN Durchgriff der Haftung |
Eigentum aus dem Privatvermögen ausgelagert = Haftungsschutz KEINE Anteile an der Stiftung = KEIN Durchgriff der Haftung |
Familiäre Absicherung |
Begünstigung der Familie aus Erträgen der Stiftung |
Grundsätzlich KEINE Begünstigung der Familie (1/3 Regelung keine tragfähige Grundlage für die familiäre Absicherung) |
Zusammenhalt des gesellschaftlichen Vermögens im Erbfall (Unternehmens-nachfolge) |
Die Stiftung stirbt nicht = KEIN Erbfall = KEINE Erbauseinandersetzung, KEINE Testamentsvollstreckung, KEINE Abfindungsansprüche |
Die Stiftung stirbt nicht = KEIN Erbfall = KEINE Erbauseinandersetzung, KEINE Testamentsvollstreckung, KEINE Abfindungsansprüche |
Unternehmenskontinuität des Familienunternehmens |
Grundsätze der Unternehmensführung können in der Satzung generationsübergreifend verbindlich geregelt werden (historischer Stifterwille) KEINE wesentlichen vertraglichen Änderungen möglich = stabiler als Nachfolge- und Vinkulierungsklauseln |
Grundsätze der Unternehmensführung können in der Satzung generationsübergreifend verbindlich geregelt werden (historischer Stifterwille) KEINE wesentlichen vertraglichen Änderungen möglich = stabiler als Nachfolge- und Vinkulierungsklauseln |
2. Wirtschaftlich
Vorteil |
Familienstiftung |
Gemeinnützige Stiftung |
Stiftungsverbundenes Unternehmen |
Stärkung des Ratings (Banken)
Stabile generationsübergreifende
Unternehmensführung Flexible Gewinnverwendung
Stärkung des Eigenkapitals (flexibel Rücklagenbildung) |
Steuerfreiheit + Rücklagen bis zu 1/3 des Überschusses möglich (freie Rücklagen) = Stärkung des Eigenkapitals
Gewinnverwendung gebunden an gemeinnützige Zwecke |
Erbschaftsteuer |
Planbare Erbersatztsteuer im Turnus von 30 Jahren Begünstigtes Betriebsvermögen steuerfrei |
Steuerfrei |
Ertragsteuer |
15% Körperschaftsteuer |
Steuerfrei Kann steuermindernde Spenden empfangen |
Vermögensausstattung |
Verschonung von Erbschaft- & Schenkungsteuer möglich |
Grundsätzlich steuerfrei |