Die Präambel einer Satzung oder eines Gesetzes wird bisweilen als Nebensächlichkeit empfunden. Die Präambel ist den Vorschriften einer Satzung oder eines Gesetzes vorangestellt (lat. „praeambulum“ bedeutet „Einleitung“). Tatsächlich sind in der Regel die „harten“ justiziablen Vorschriften in den Paragraphen einer Satzung selbst enthalten. Übertragen in die Sprache der Musik sind diese Paragraphen mithin die zu spielenden Noten. Jedes Musikstück benötigt jedoch eine Klangfarbe, die es erst durch die Vorgabe einer Tonart erhält. Die Tonart gibt der Stifter mit der Ausfertigung einer durchdachten und zu ihm passenden Präambel vor. Es ist aus sich heraus selbstverständlich, dass die Noten (Paragraphen) zur vorgegebenen Tonart (Präambel) passen, also im Einklang stehen müssen.
In der Beratung stellen wir fest, dass manche Stifter ihre Präambel insgesamt selbst verfassen wollen. In den übrigen Fällen formulieren wir die Präambel für den jeweiligen Stifter in den Worten, die er in den Terminen zur Ausarbeitung der Satzung verwendet hat. Juristische Fachtermini können in der Präambel daher insgesamt fehlen, wenn dies gewünscht ist. Dieser Beitrag soll einen (nicht abschließenden) Überblick über die für eine Präambel geeigneten Themen geben.
- Der Stifter kann die ihn zur Stiftungserrichtung leitenden Motive formulieren. Diese können beispielsweise darin bestehen, ein aufgebautes Vermögen vor der durch „normale Vererbung“ eintretenden Zersplitterung in der Generationenfolge oder vor Haftungs- und/oder persönlichen Lebensrisiken im Privatvermögen zu schützen. Welches Wort-Bild der Stifter damit verknüpft, ist individuell und kann in die Präambel aufgenommen werden (z.B. „sicherer Hafen“, „Brandmauer errichten“ usw.).
- Auch und insbesondere familiäre Ziele lassen sich in einer Präambel abbilden. Die Vorstellungen gehen weit auseinander. Ein Stifter will für die nachfolgenden Generationen Anreize setzen, sich auch inhaltlich mit dem vom Stifter aufgebauten Vermögen auf Stiftungsebene zu beschäftigen, sucht also „echte Nachfolger“ innerhalb der Familie. Ein anderer Stifter will das genaue Gegenteil erreichen: Er möchte seinen Kindern und weiteren Abkömmlingen Freiheit gewähren. Sie sollen dann eigene Fußstapfen hinterlassen (dürfen) und gerade nicht in seine hineintreten (müssen). Eine wichtige Komponente für die passende Tonart einer Satzung.
- Der Stifter kann nach dessen Lebenserfahrung die ihn maßgeblich leitenden Charaktereigenschaften und Werte in die Präambel mit aufnehmen. Die Frage nach für den Stifter wichtigen Charaktereigenschaften erzeugt in der Beratung oft ein Stirnrunzeln und die Frage: „Wozu soll das gut sein?“. Im Regelfall haben sich die Wenigsten hierüber bewusst Gedanken gemacht und können zunächst nur mit den Schultern zucken. Ein offenes Beratungsgespräch förderte jedoch bisher in sämtlichen Fällen die individuell für wichtig erachteten Werte und Charaktereigenschaften zutage.
- Die Präambel sollte auch bereits klären, in welchen Fällen der Stifter eine Anpassung der Satzung (Satzungsänderung) zulassen möchte und in welchen Fällen nicht. Er kann im Hinblick auf den Fortbestand der von ihm ausgearbeiteten Satzungsregelungen wahlweise „Beton anrühren“ oder sich und den nachfolgenden Organmitgliedern Flexibilität bewahren.
Fazit:
Die Antwort auf die Frage nach dem „Wozu eine Präambel schreiben?“ und in welchem Verhältnis diese zu den Detailregelungen in den Paragraphen der Satzung steht, lässt sich am Ende der Beratung aus der finalen Version der gesamten Stiftungssatzung ablesen. Denn die Detailregelungen – die Noten – richten sich nach der vorgegebenen Präambel – Tonart – aus.
Am Beispiel: Ist für einen Stifter die Charaktereigenschaft der Bodenständigkeit und Demut maßgebliches Lebensprinzip, so hat dies Auswirkungen auf das Verhalten der Stiftung im Hinblick auf Zuwendungen, auf die Vermögensanlage bis hin zur Auswahl der geeigneten Vorstandsmitglieder, sofern der Stifter die Vorstandstätigkeit zu Lebzeiten nicht selbst übernehmen will. In der Präambel konserviert der Stifter seinen
Stifter-Willen für sich, die nachfolgenden Generationen der Familie sowie die handelnden Organmitglieder.