Testamentsvollstreckung und der Wunsch nach gesicherter Vermögensnachfolge

VON THORSTEN KLINKNER

 

Geht es um die Fragen der Weitergabe von Vermögen an Familienangehörige oder Dritte, stellen sich einem Erblasser unterschiedliche erbrechtliche Möglichkeiten. Bekanntes und oft genutztes Instrument der gewillkürten Erbfolge ist das Testament, welches schriftlich und eigenhändig abgefasst werden muss und dem ein entsprechender Erblasserwille entnehmbar ist. Je komplexer sich die Situation im Umfeld des Verfügenden darstellt, desto genauer muss diese mit den jeweiligen steuerlichen und rechtlichen, aber auch inter- und intrapersonellen Auswirkungen beleuchtet werden. Besteht das Vermögen aus einer einheitlichen Vermögensmasse oder sind verschiedene Vermögensgüter vorhanden, die einen sich voneinander unterscheidenden Umgang erfordern? Gibt es für ein Vermögensgut so z.B. spezielle Wünsche und Vorgaben des Erblassers über den Erhalt oder den Umgang?


Insbesondere wenn der Erblasser die Weitergabe von Vermögen an bestimmte Auflagen oder Bedingungen knüpfen möchte, ist es mit einem bloßen Eigentumswechsel beim Erbfall oft nicht getan. Es liegt nahe, dass in diesem Fall der Erblasser gewisse Schranken und Leitlinien vorgeben möchte, wie mit dem Erbe im Falle seines eigenen Versterbens umgegangen werden soll. 

 

Effekt dieser Art von Vorgaben sind erstens die Befriedung der erbenden Familienmitglieder oder einer späteren Erbengemeinschaft und zum zweiten im besten Fall die Sicherstellung, dass Gegenstände der Erbmasse oder das Vermögen in der Gesamtheit bestmöglich erhalten bleibt. Der Testamentsvollstrecker nimmt die Rolle eines Vermittlers und – wortwörtlich – des „Vollstreckers“ ein: Er setzt die Vorgaben des Erblassers um, wacht über ihre Einhaltung und ist im optimalen Fall frei von jeglichen persönlichen Verknüpfungen zur Erbmasse oder eigenen Erwartungen hinsichtlich des Profitierens hiervon.  

 

Ausgangspunkt für den Erblasser sind also Überlegungen zu dem gewünschten Zustand, der durch einen Testamentsvollstrecker aufrechterhalten werden soll, oder das Herausbilden von gewünschten Auflagen und Spielregeln für die Erben. Den Anlass für Überlegungen zur Testamentsvollstreckung geben oft Lebens- und Familiensituationen, in denen es den späteren Erben aus bestimmten tatsächlichen Gründen nicht zumutbar ist, über die Aufteilung oder den Umgang mit der Erbmasse selbst zu entscheiden. Die Einrichtung einer Testamentsvollstreckung deutet also keineswegs auf mangelndes Vertrauen in die Erben hin oder zeigt einen besonders starken Willen des Erblassers, der seinen Nachkommen über seinen Tod hinaus Verfügungsbeschränkungen „aufdiktieren“ möchte. Vielmehr stellen z.B. eine örtlich verstreute, besonders große, einander teilweise unbekannte Familie, in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen wie z.B. behinderte Nachkommen oder aber minderjährige oder besonders unerfahrene Erben eine Schwierigkeit für die Erbauseinandersetzung dar. Hier bietet eine Testamentsvollstreckung den enormen Vorteil, in einer psychisch belastenden Situation, wie sie ein Erbfall in der Regel ist, Zeit, Kosten und Nerven zu sparen, um den Erblasserwillen umzusetzen. Speziell auf den Fall von Minderjährigen als Teil einer Erbengemeinschaft ist es sinnvoll, diese vor sich selbst bzw. vor dem Einfluss von fremden Dritten zu schützen. In den meisten Fällen ist es im Sinne aller, die Verwaltung des Erbteils (vorübergehend) in die Hände eines Testamentsvollstreckers zu geben und nicht in die eines – womöglich fremden, vom Familiengericht bestellten – gesetzlichen Vertreters für den Minderjährigen. 

 

Nicht unerwähnt bleiben sollte auch der Fall, in dem der Erblasser eine Verschwendung, Zerstörung oder den Missbrauch von geerbtem Vermögen durch die Erben fürchtet und aus diesem Grund die Hilfe eines überwachenden Testamentsvollstreckers in Anspruch nimmt. 

 

In den meisten Fällen möchte der Erblasser allerdings solche Regelungen nicht für die Ewigkeit aufrechterhalten, sondern strebt mit der Testamentsvollstreckung eine vorübergehende und endliche Aufteilung, Überwachung und Ordnung an. Hier unterscheidet sich das Konstrukt der Testamentsvollstreckung also von einer Stiftung, die gerade für die Ewigkeit bestehen kann und dies in den meisten Fällen auch soll. 

 

Entscheidet sich der Erblasser für eine Testamentsvollstreckung, legt er dies nach den §§ 1937 ff. BGB in einem Testament fest. Er kann dort auch schon über die Person des Testamentsvollstreckers entscheiden. Macht er dies nicht, kann er die Entscheidung alternativ auch dem Nachlassgericht vorbehalten, das sodann im Erbfall die einzusetzende Person bestimmt. Denkbar ist auch, dass nicht eine natürliche, sondern eine juristische Person als Testamentsvollstrecker fungiert. 

 

Klarheit haben sollte der Erblasser auch über die Rechte, die dem Testamentsvollstrecker eingeräumt werden. So steht ihm der Besitz des Nachlasses und ein Auskunftsanspruch gegenüber den Erben zu. Er kann weiterhin z.B. Änderungen im Handelsregister oder dem Grundbuch vornehmen oder Erklärungen mit rechtlichem Gehalt wie z.B. eine Steuererklärung abgeben. Ist der Testamentsvollstrecker nicht nur zur reinen Abwicklung, also Verteilung der Erbmasse auf die Erben, sondern zur Verwaltung eingesetzt, hat er weitergehende Handlungsmöglichkeiten, um das Vermögen zu erhalten. Hierzu zählen auch die Auswahl einer geeigneten Anlageform, sofern vom Erblasser nicht explizit vorgegeben oder die Vornahme von rechtsgeschäftlichen Handlungen wie Schenkungen oder Veräußerungen. 

 

Wenn nun über einen Testamentsvollstrecker der Wille des Erblassers nach dessen Tod weiter sichergestellt wird, weshalb gibt es dann überhaupt das Instrument der Familienstiftung? 

 

Dass sich die Familienstiftung im Gegensatz zu der Testamentsvollstreckung als das Mittel der Wahl und in jedem Fall als überdenkenswerte Alternative gezeigt hat, hat folgende einfach nachzuvollziehende Gründe: 

Ist ein Testamentsvollstrecker als natürliche Person zwar mit dem Erblasserwillen vertraut und dem Erblasser vielleicht sogar nahestehend, liegt das Risiko von Fehlentscheidungen und Handlungen, die einen nachteiligen Einfluss auf die Erbmasse haben, jedoch nach wie vor in der Hand eines Einzelnen. Bei natürlichen Personen besteht darüber hinaus die Gefahr, dass diese versterben und damit ein instruierter und mit dem Erblasserwillen vertrauter neutraler Mittler plötzlich wegfällt. Deshalb ist dem späteren Erblasser auch in der Regel von der Einsetzung eines engen gleichaltrigen Vertrauten als Testamentsvollstrecker abzuraten, da dieser aufgrund des im Zweifel ebenso fortgeschrittenen Alters nicht in der Lage sein wird, die Vollstreckungs- und Verwaltungsaufgaben über einen längeren Zeitraum hinweg wahrzunehmen.

 

Die Gefahr vom Versterben des Testamentsvollstreckers wird bei der Einsetzung einer juristischen Person als solches zwar abgefedert, jedoch besteht auch hier kein derartiger Sicherheitsaspekt, der mit dem Ewigkeitsgedanken einer Stiftung nicht nachhaltiger verfolgt werden könnte. Bei einer juristischen Person muss nämlich das Risiko einer Insolvenz oder einer unternehmerischen Fehlentscheidung miteinbezogen werden, das ebenfalls zur Vernachlässigung der Verwaltungsfunktion führen kann. In vielen Fällen ist dem Erblasser selbst auch daran gelegen, aufgrund der persönlicheren Beziehung eine natürliche Person einer juristischen bei der Regelung seines späteren Nachlasses den Vorzug zu geben. 

 

Ein oft vergessener, aber ebenso wichtiger, wenn nicht sogar schwerwiegenderer Grund, der gegen die Installierung eines Testamentsvollstreckers ohne Einbeziehung einer Stiftungsstruktur spricht, ist der der zeitlichen Begrenzung dieses Instruments: Nach der Regelung in § 2010 BGB ist eine Testamentsvollstreckung grundsätzlich auf einen maximalen Zeitraum von 30 Jahren begrenzt. Möchte der Erblasser, wie wohl in der überwiegenden Anzahl der Fälle, eine Sicherung von Vermögensgütern in ihrem Bestand auch über diesen Zeitraum fortdauernd erreichen, erreicht er mit der Errichtung einer Familienstiftung als dauerhaftes, stabiles Familienmitglied, das nicht versterben kann, viel eher sein Ziel des Vermögenserhaltes und der Vermögenspflege. Durch eine Stiftung kann zudem auch die Situation vermieden werden, in der sich Erben in Gemeinschaft gegen den Testamentsvollstrecker und damit den Erblasserwillen stellen. Steht diesem Unmut eine Einzelperson als Testamentsvollstrecker entgegen, werden Konflikte, die zu dem verstorbenen Erblasser bestanden, auf diesen projiziert. Eine Stiftung, die per Stiftungssatzung den dauerhaften Erhalt des Stifters garantiert, kann dies besser abfedern als die Person des Testamentsvollstreckers. 

 

Wie es dem Erblasser möglich ist, die Grundsätze einer Testamentsvollstreckung im Rahmen einer kurzfristigen Ordnung und Befriedung sowie die Garantie von langfristigem Erhalt und die Einladung an Abkömmlinge einer Familienstiftung zu verbinden, bzw. welche Grenzen die Testamentsvollstreckung setzt, werden wir in unserem nächsten Beitrag beleuchten.