VON THORSTEN KLINKNER
Wie in unserem letzten Beitrag beleuchtet, kann die Anordnung einer Testamentsvollstreckung auch mit der Errichtung von Todes wegen verbunden werden. In diesem Fall legt der Erblasser die Grundzüge der späteren Stiftung schon zu Lebzeiten fest, betraut jedoch einen Testamentsvollstrecker mit der eigentlichen Errichtung und der Einleitung des Anerkennungsverfahrens. Der Testamentsvollstrecker hat in diesem Fall keine freie Hand bei der Konzipierung der Stiftung, da der Erblasserwille ihm Leitlinien und Grenzen vorgibt. Es ist schließlich keine „Stiftung des Testamentsvollstreckers“, sondern dieser tritt als verlängerter Arm des Erblassers bzw. Stifters auf.
Da aber der Stifter zu dem Zeitpunkt der tatsächlichen Umsetzungsschritte im Rahmen einer Stiftungsanerkennung tatsächlich keine Anordnungen mehr treffen kann und auch die beste vorausschauende Planung nicht verhindern kann, dass sich nach Versterben doch ein unbedachtes Problem ergibt, wundert es nicht, dass hier der Testamentsvollstrecker vor keine leichte Aufgabe gestellt wird. So kommt es manchmal vor, dass der Testamentsvollstrecker Handlungen vornimmt, die sich als stiftungsrechtlich unzulässig darstellen oder – im umgekehrten Fall – zwar stiftungsrechtlich unbedenklich sind, jedoch im konkreten Fall nicht von der Befugnis eines Testamentsvollstreckers gedeckt sind. Die Problematik ergibt sich also aus dem Zusammentreffen der beiden Rechtsbereiche Erb- und Stiftungsrecht. Dabei richten sich die stiftungsrechtlichen Regelungen im Rahmen der Anerkennung einer Stiftung nach den jeweiligen Stiftungsrechten der Länder.
Drei Beispiele für Grenzen für die Handlungen eines Testamentsvollstreckers werden wir nun vorstellen. Diese werden untermauert von entsprechenden Gerichtsentscheidungen, was im Zusammenhang mit Stiftungsrecht durchaus als Sonderfall betrachtet werden darf. Der Gang zum Gericht bringt zeitlichen und finanziellen Aufwand mit sich, den Stiftungen und Stifter normalerweise scheuen und außergerichtliche Lösungen finden. Da eine Stiftung gerade von der freien Gestaltung durch den Stifter lebt, sind Stifter und sonstige Beteiligte diese Herangehensweise gewohnt. Umso interessanter ist es, sich diese im Vergleich wenigen stiftungsrechtlichen Gerichtsentscheidungen genauer anzusehen, da sie oftmals die Grundsätze für die Stiftungspraxis bilden.
1. Erbrechtliche Grenzen
Ist es der Wille des Erblassers, dass nach seinem Tod eine mit seinem bis dahin bestehenden Vermögen ausgestattete Stiftung errichtet wird, nennt sich dieses Konstrukt Stiftung von Todes wegen. Es erscheint für den Erblasser einfach, die Aufgabe der genauen Ausgestaltung der Stiftungssatzung sodann einem Testamentsvollstrecker zu übertragen. Hat der Erblasser die Satzung oder Einzelheiten der Errichtung jedoch nicht in seinem letzten Willen festgehalten, stellt sich eine erbrechtliche Hürde: Die Formvorschriften, die im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 2231 ff. zu finden sind, gelten nämlich ebenfalls für das gesamte Stiftungsgeschäft und die (zumindest groben) Regelungen über die Stiftungsorganisation. Wenn daher die entsprechenden Festsetzungen durch den Erblasser nicht in formgültiger Art und Weise getroffen wurden, sind sie in konsequenter Anwendung der erbrechtlichen Grundsätze ungültig. Es ist daher nur zu empfehlen, einen durch den Erblasser gefassten Entwurf „seiner“ Stiftungssatzung nicht maschinengeschrieben und getrennt von seinem letzten Willen aufzubewahren, sondern die Satzung nach den erbrechtlichen Bestimmungen handschriftlich zu verfassen. Dass dieser eigentlich leicht zu durchdringende Grundsatz des Erbrechts in der Praxis aufgeweicht und uneinheitlich beurteilt wird, zeigt die Rechtsprechung. So wurde es in der Vergangenheit sogar als ausreichend für eine Stiftungserrichtung von Todes wegen gesehen, wenn weder die Stiftung noch die Stiftungssatzung in der Testamentsurkunde selbst niedergeschrieben bzw. genannt wurden. Aus juristischer Sicht ist dies als sehr bedenklich anzusehen, steht es doch gerade den Formvorschriften entgegen, die den Erblasserwillen sowie die Erben vor Missbrauch schützen sollen. Unser Berateransatz ist es daher, diese Unsicherheit im Blick zu behalten und bei einer solchen Konstellation auf die Einhaltung der erbrechtlichen Formvorschriften hinzuwirken, um kein Einfallstor für rechtsfremde Gestaltungen in der Zukunft zu eröffnen.
2. Die Stiftung von Todes wegen als Verbrauchsstiftung
Ein zweiter Fall, in dem Stiftungs- und Erbrecht aneinandergeraten, ist der einer Ausgestaltung der Stiftung von Todes wegen als Verbrauchsstiftung. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte sich damit im Jahr 2018 zu befassen (Urteil vom 12.07.2018, Aktenzeichen 12 K 499/18).
Eine Stiftung ist zwar grundsätzlich auf Ewigkeit angelegt, vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber jedoch das Konstrukt der Verbrauchsstiftung zugelassen. Diese Verbrauchsstiftung stellt einen Ausnahmefall von diesem Ewigkeitsgedanken dar: Bei ihr kann das gesamte Stiftungsvermögen, demnach auch der Grundstock, über einen bestimmten Zeitraum von mindestens zehn Jahren für die Erfüllung des Stiftungszwecks aufgebraucht werden, bis die Stiftung sodann beendet wird. Genutzt wird die Verbrauchsstiftung als Instrument immer dann, wenn z.B. das Kapital der Stiftung nicht für eine dauerhafte Zweckerfüllung ausreicht oder wenn die Stiftung ihrem Sinn nach nur zeitlich befristet Unterstützung leisten soll.
Wenn ein Testamentsvollstrecker mit der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen betraut ist und sich mit dem Dilemma konfrontiert sieht, dass die Verwirklichung des Stiftungszwecks wegen des vergleichsweisen geringen Vermögens ungesichert ist, sieht er die Errichtung einer Verbrauchsstiftung vielleicht als Alternative an. Diese kann wegen der Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich des Grundstocks auch mit geringerer Ausstattung den Zweck einfacher verwirklichen.
Diesen Überlegungen wurde jedoch gerichtlich ein Riegel vorgeschoben. Sofern sich aus dem Stifterwillen nichts anders lautendes erkennen lässt, ist dieser notwendigerweise zu beachten und sieht in den meisten Fällen gerade die Verfolgung des Ewigkeitsgedankens vor. Die Errichtung einer Verbrauchsstiftung stattdessen stellt daher eine Missachtung des Stifterwillens dar. Fühlt sich der Testamentsvollstrecker zu einer Fortführung der Stiftung als Vorstand nicht in der Lage, muss er diese dennoch nach dem Stifterwillen errichten, kann jedoch auf sein Amt als Stiftungsvorstand sodann verzichten. Die Möglichkeit einer Verbrauchsstiftung als „einfachere Lösung“ bietet sich ihm allerdings nicht.
3. Stiftung von Todes wegen und Dauertestamentsvollstreckung
Ein weiteres Urteil zur Frage von Stiftungen und Testamentsvollstreckung musste das OLG Frankfurt am 15.10.2010 (Aktenzeichen: 4 U 134/10) fällen. Hier ging es um die Frage, ob die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen mit dem Modell der Dauertestamentsvollstreckung vereinbar ist. Bei dieser Dauertestamentsvollstreckung ist der Testamentsvollstrecker mit der Aufgabe betraut, dauerhaft für die Einhaltung des Erblasserwillens zu sorgen und entsprechend der Vorgaben den Nachlass zu verwalten. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass, sobald eine Stiftung errichtet wurde, das Stiftungsvermögen nur in Eigenverantwortung der Stiftung verwaltet werden kann. Es unterliegt daher ab Anerkennung nicht mehr der Dauertestamentsvollstreckung, da ansonsten das Wesen der Stiftung missachtet werden würde. Ist die Stiftung also nach Wunsch des Erblassers errichtet und stiftungsrechtlich anerkannt, endet bezüglich dieses Vermögens der Testamentsvollstreckungsauftrag des Testamentsvollstreckers. Er hat das entsprechende Vermögen zu diesem Zweck freizugeben und nicht länger zu verwalten. Täte er dies nicht, würden die stiftungsrechtlichen Bestimmungen zur Leitung der Stiftungsgeschäfte durch den Stiftungsvorstand völlig leer laufen. Das Organ des Vorstands wird gerade für die Aufgabe vorgesehen, die Stiftungsbelange in Eigenverantwortung gemäß den Vorgaben der Stiftungssatzung zu leiten. Eingriffsmöglichkeiten bestehen daher nicht für einen Dritten (also auch keinem Testamentsvollstrecker), sondern höchstens für die zuständige Aufsichtsbehörde im Stiftungsrecht.
Aufgrund der gerichtlichen Vorgabe, dass Stiftungsverwaltung und Dauertestamentsvollstreckung folgerichtig zu trennen sind, stellt sich immer wieder die Frage nach der Zulässigkeit eines gleichzeitigen Tätigwerdens einer Person als Testamentsvollstrecker sowie als Mitglied des Stiftungsvorstandes. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Person sich mit der Aufgabe konfrontiert sieht, mehrere „Hüte“ zur Verfügung zu haben, die jeweils unterschiedliche Verantwortungsbereiche umfassen. Im Einzelfall muss daher genau geprüft werden, ob eine Erfüllung beider Positionen durch einen Einzelnen überhaupt möglich ist. Es muss genau getrennt und nachvollziehbar sein, in welcher Position jeweils gehandelt wird, um die Zulässigkeit des Handelns beurteilen zu können. Keinesfalls darf es dazu kommen, dass der Testamentsvollstrecker bzw. das Mitglied des Stiftungsvorstandes vereint in einer Person Konflikte beider Positionen mit sich selber ausmachen muss, sodass in den meisten Fällen eine derart doppelbesetzte Tätigkeit abzulehnen ist. Die ist besonders beim Zusammenspiel mit einer gemeinnützigen Stiftung der Fall, bei welcher sich zusätzliche Tücken durch die Frage der ordnungsgemäßen Vergütung von Vorstandsmitgliedern unter Einbeziehung der Vergütung als Testamentsvollstrecker ergeben.
Auch der Beraterpraxis entspricht es, einen „Hut“ jeweils nur für eine Person vorzusehen, da dies nicht nur zu intra-, sondern auch interpersonellen Konflikten führen kann. Es sei zur plakativen Darstellung auf die Konstellation hingewiesen, in der eine Person zugleich Erbe, Testamentsvollstrecker und Mitglied im Stiftungsvorstand ist. Er würde hierdurch drei Hüte zur Verfügung haben und sein Handeln würde stets aus drei verschiedenen Intentionen heraus motiviert sein. Dass dies eine schon praktisch nicht zu bewältigende Aufgabe für die betreffende Person darstellt, dürfte einleuchten. Auch hier gilt wieder einmal das Prinzip: Klarheit durch geklärte, offene Strukturen.