Nachdem wir uns mit den bisherigen Teilen unserer Artikelserie innerhalb der Landesgrenzen bewegt haben, wagen wir mit Ihnen in dieser Woche den Sprung ins Ausland. Dabei präsentieren wir Ihnen einige Gestaltungsbausteine, mit denen Sie Ihr Immobilienvermögen durch eine Auslandsstiftung wirksam gegen die deutsche Erbschaftsteuer absichern.
Anders als wir Menschen kann eine Familienstiftung nicht sterben. Daher kann sie auch kein Vermögen an andere Familienangehörige weitervererben und eine - gerade bei Immobilien - schnell horrende Erbschaftsteuer auslösen. Um zu verhindern, dass Sie Ihr Vermögen dank einer naturgemäß unsterblichen Stiftung endgültig vor der deutschen Erbschaftsteuer in Sicherheit bringen, hat der Gesetzgeber die sogenannte Erbersatzsteuer oder Ersatzerbschaftsteuer für Familienstiftungen eingeführt (§ 1 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG).
Dieser Erbersatzsteuer unterliegt das Vermögen von Familienstiftungen im fixen Turnus von 30 Jahren. Eine Freistellung vermieteter Immobilien von der Erbersatzsteuer scheidet in der Regel aus.
Als Ausweg bietet sich daher die Errichtung einer Familienstiftung im Ausland an. Zu beachten ist, dass das Vermögen einer Familienstiftung in Abhängigkeit davon in Deutschland der Erbersatzsteuer unterliegt, ob sich ihr Verwaltungssitz (steuerrechtlich die „Geschäftsleitung“) und/ oder der Satzungssitz (steuerrechtlich einfach der „Sitz“) im Inland befindet.
Den Ort des Sitzes einer Familienstiftung platzieren Sie über eine entsprechende Satzungsregelung im Ausland. Ungleich enger gefasst ist der Gestaltungsfreiraum hinsichtlich des Ortes der Geschäftsleitung, da es sich hierbei um den Ort handelt, von dem aus die Geschäfte der Familienstiftung tatsächlich geführt werden („Verwaltungssitz“). Soll sich auch dieser Ort im Ausland befinden und die Erbersatzsteuer in Deutschland verhindert werden, müssen Sie Geschäfte der Stiftung tatsächlich vom Ausland aus führen oder einer im Ausland ansässigen Person anvertrauen.
Aus diesem Grund eignen sich ausländische Familienstiftungen in erster Linie zum Schutz von Immobilienvermögen, Wertpapieren oder Barvermögen. Für inhabergeführte Familienunternehmen bietet sich stattdessen eine deutsche Familienstiftung mit den Mitgliedern der Stifterfamilie im Vorstand als Nachfolgelösung an.
Gleichwohl können Sie auch bei einer Auslandsstiftung verschiedene Gestaltungsbausteine einsetzen, um die laufenden Erträge weiterhin nach Deutschland zu lenken und die Kontrolle vom Inland aus auszuüben.
Variante 1: Sie gründen eine deutsche und eine ausländische Familienstiftung unter Einsatz eines Vorbehaltsnießbrauchs.
Möchten Sie einerseits die Substanz ihres Immobilienbestands aus der deutschen Erbschaftsteuer heraushalten, gleichzeitig aber die Erträge der Renditeliegenschaften nach Deutschland lenken, müssen Sie die Vermögenssubstanz zunächst von den Erträgen trennen. Das funktioniert zum Beispiel, indem Sie sich einen Nießbrauch vorbehalten und die Erträge in Deutschland beziehen, während die Vermögenssubstanz im Eigentum der Auslandsstiftung von der deutschen Erbersatzsteuer befreit bleibt. Da der generationenübergreifende Vermögensschutz mit einem sterblichen Nießbraucher nur zeitlich begrenzt möglich wäre, hat es sich in unserer Beratungspraxis im deutschsprachigen Raum bewährt, stattdessen eine Struktur mit einer deutschen Familienstiftung als Nießbraucherin zu installieren. Empfehlenswert ist ebenfalls der Einsatz einer deutschen Gesellschaft als Nießbraucherin, an der die deutsche Familienstiftung mehrheitlich beteiligt ist. Auf diese Weise befreien Sie die Vermögenssubstanz aus dem Zugriffsbereich der deutschen Erbersatzsteuer, während die Kontrolle und Erträge weiterhin in Deutschland verbleiben.
Variante 2: Sie gründen eine deutsche und eine ausländische Familienstiftung unter Einsatz einer GmbH mit disquotaler Gewinnverteilung.
In dem Gesellschaftsvertrag der GmbH können Sie die Rechte der Gesellschafter abweichend von dem GmbH-Gesetz ausgestalten. Dessen dispositive Regelungen sehen vor, dass sich der Gewinnanteil jedes Gesellschafters nach dessen Beteiligungshöhe an dem Kapital richtet. Gleiches gilt für das Stimmrecht. Um nun die Kontrolle und die Mehrheit der Erträge auf die Ebene der deutschen Stiftung zu verlagern, kann diese zum Beispiel einen von zwei Geschäftsanteilen halten, der ihr bei einer Beteiligung am Kapital in Höhe von 10% ein Stimm- und Gewinnbezugsrecht von je 90% einräumt. Die Auslandsstiftung erhält den zweiten Geschäftsanteil, der ihr entsprechend ein Stimm- und Gewinnbezugsrecht von 10% einräumt, bei einer Beteiligungshöhe von 90%. Ihr Erfolg mit diesem Gestaltungsprinzip: In der Regel ist der Substanzwert einer Immobilien-GmbH höher als ihr Ertragswert. Er wird deshalb als höherer der beiden Werte bei der Berechnung der Erbersatzsteuer herangezogen. Entscheidend für die Frage, welche der beiden Stiftungen den Löwenanteil dieses Substanzwerts zu versteuern hat, ist die Beteiligungshöhe an dem Nennkapital. Durch die Mehrheitsbeteiligung der Auslandsstiftung an dem Nennkapital ist der Substanzwert damit auch mehrheitlich der deutschen Erbersatzsteuer entzogen.
Die Grundfreiheiten der Europäischen Union und deren Umsetzung in den deutschen Steuergesetzen sorgen (zumindest weitgehend) dafür, dass Auslandsstiftungen aus einem EU-/EWR-Mitgliedstaat unter ansonsten gleichen Umständen nicht gegenüber einer deutschen Familienstiftung diskriminiert werden dürfen. Nicht abschließend geklärt ist aktuell die Frage, ob das Steuerklassenprivileg nach § 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG auch auf Vermögensübertragungen an Stiftungen im EU-/EWR-Gebiet anwendbar ist. Das FG Hessen (Gerichtsbescheid vom 7.3.2019 – 10 K 541/07) legte die Vorschrift europarechtskonform aus und entschied, dass das Steuerklassenprivileg demnach auch bei der Vermögensübertragung an eine Familienstiftung im EU-/EWR-Ausland anzuwenden sei. Da dem Europäischen Gerichtshof die Frage nach der Europarechtskonformität des § 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde und die Finanzverwaltung die Revision in dem vorstehenden Fall zurückgenommen hat, bleibt eine Klärung von Seiten der höchstrichterlichen Rechtsprechung weiterhin offen.
Bei Familienstiftungen im Drittland rechnet der deutsche Fiskus die laufenden Einkünfte von Familienstiftungen mit Geschäftsleitung und Sitz im Ausland weiterhin Ihnen als Stifter mit deutschem Wohnsitz zu, um einer Verlagerung von Steuersubstrat ins Ausland vorzubeugen. Ziehen Sie als Stifter ebenfalls ins Ausland, weicht der Fiskus stattdessen auf die anderen Begünstigten mit deutschem Wohnsitz aus. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 15 Absatz 1 des Außensteuergesetzes (AStG). Bei Familienstiftungen im EU-/EWR-Gebiet bewahrt Sie die „EU/EWR-Klausel“ des § 15 Absatz 6 AStG vor der Anwendung der Zurechnungsbesteuerung, wenn Sie gegenüber dem Finanzamt nachweisen, dass die Auslandsstiftung im EU-/EWR-Ausland rechtlich und tatsächlich die volle Kontrolle über ihr Vermögen hat (also nicht als „Strohmann“ fungiert). Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, dass die Stifterfamilie das Führungsgremium der Auslandsstiftung nicht selbst beherrscht. Nach aktuellem Stand des Referentenentwurfes zum ATAD-Umsetzungsgesetz bleibt diese EU-/EWR-Klausel (anders als die EU-/EWR-Klausel des § 6 AStG) auch in Zukunft erhalten. Zweite Voraussetzung: Aufgrund der EU-Amtshilferichtlinie oder einer vergleichbaren zwischenstaatlichen Vereinbarung muss der Informationsaustausch der deutschen und ausländischen Behörden sichergestellt sein.
Die laufende Besteuerung eines in Deutschland belegenen Immobilienvermögens entspricht nach dem OECD-Musterabkommen, auf dem die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den meisten anderen Staaten basieren (prominente Ausnahmen ohne Doppelbesteuerungsabkommen sind Hong Kong und Brasilien), derjenigen einer deutschen Familienstiftung. Grund hierfür ist, dass Deutschland als Belegenheitsstaat der Immobilien das Besteuerungsrecht an den laufenden Mieterträgen hat. Mit diesen Einkünften ist die ausländische Familienstiftung in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Auch Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien sind in Deutschland zu versteuern, wenn die Objekte im Inland liegen.
Im Ergebnis erreichen Sie mit der Errichtung einer treuhändergeführten ausländischen Familienstiftung einen wirksamen Schutz Ihres Immobilienvermögens vor der deutschen Erbersatzsteuer. Bei entsprechender Gestaltung kann die Stifterfamilie von Deutschland aus die volle Kontrolle über den Geldfluss ausüben, ohne selbst im ausländischen Führungsgremium vertreten sein zu müssen. Gleichzeitig handelt es sich um eine am Markt etablierte und langfristige Struktur zum generationen- und länderübergreifenden Vermögensschutz.