VON THORSTEN KLINKNER
Dieser Artikel gibt Impulse auf der Grundlage unserer Projekterfahrung, da wir, wie Sie sicher wissen, auf die generationenübergreifende Unternehmensfortführung spezialisiert sind. In unseren Gesprächen mit Unternehmerfamilien zur Gründung einer Stiftung wird immer wieder ein besonderes Ziel als Priorität benannt: Die Gestaltung der generationenübergreifenden Unternehmensnachfolge mit der Intension, die Substanz des Unternehmens zu schützen, das Aufgebaute zu bewahren und weiterzuentwickeln.
Die Verwirklichung dieses Ziels ist anspruchsvoll, denn viele Unternehmen in Deutschland schaffen es nicht. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die Statistiken der Universität Rostock (Prof. Dr. Rafael Weißbach) zur Lebensdauer von Unternehmen.
Nach ihren Untersuchungen beträgt die Lebensdauer deutscher Unternehmen bis zu ihrer Insolvenz im Durchschnitt acht bis zehn Jahre. Diese ernüchternden Zahlen stammen aus dem Jahr 2016 und haben sich vermutlich nicht nur in Deutschland kaum verbessert. Doch auch global betrachtet verschärfen sich der Wettbewerb und die Anforderungen an Unternehmen stetig.
Als Gründe für das Scheitern werden zunächst häufig Faktoren aus dem operativen Bereich genannt, wie:
- mangelnde Liquidität
- kürzere Produktzyklen ,
- Abhängigkeit von Banken
- verschleppte Führungswechsel
- undurchdachte strategische Richtungswechsel
- oder unzureichende Innovationskraft.
Die Folge ist: Die wenigsten Unternehmen bleiben länger als 30 Jahre, d.h. generationenübergreifend erhalten. Selbstverständlich muss ein Unternehmen zunächst einmal überhaupt wirtschaftlich übergabefähig sein, bevor die langfristige Unternehmensfortführung gestaltet werden kann. Eine mangelnde wirtschaftliche Übergabereife ist jedoch nicht die alleinige Ursache für die geringe Lebensdauer der Unternehmen. Trotz aller Unkenrufe zum Wirtschaftsstandort Deutschland und der Diskussion über „Zombie-Unternehmen“ zeigen Gespräche und der Blick vor Ort immer wieder: Es gibt zahlreiche sehr gute Unternehmen, die gut geführt werden und stabil finanziert sind.
Aus welchen Gründen ist der Generationenwechsel dennoch so schwierig und scheitert ganz offensichtlich bisher öfter, als er gelingt?
Wer diese Frage beantworten und die Fortführung erfolgreich bewirken möchte, sollte neben der operativen Geschäftstätigkeit die Ebene der Eigentümer bzw. Gesellschafter in den Blick nehmen. Hier stellt sich zunächst jeweils individuell und höchstpersönlich die Frage nach dem „Wozu“? Wozu soll ich für eine Unternehmensnachfolge sorgen und es fortführen (lassen)?
Wozu eine Unternehmensfortführung?
Auf den ersten Blick scheint diese Frage verwirrend. Eine Fortführung des Unternehmens, der Erhalt des Geschaffenen erscheint „an sich“ und ohne weitere Nachfragen ein sinnvolles Ziel zu sein. Dies ist jedoch zu kurz gedacht.
Es gibt sehr unterschiedliche Motive, die zu einem angestrebten Unternehmenserhalt führen. Über die Motivation sollte Klarheit bestehen bzw. sollte sie in einem systematischen Reflexionsprozess geschaffen werden. Erst diese Eindeutigkeit schafft die Basis für die Gestaltung einer langfristig passenden und stimmigen Struktur, die alle Beteiligten zufrieden stellt.
Motiv 1: Unternehmertum in Herz und Hand
Ein erstes nicht seltenes Motiv ist die Freude am Unternehmertum, der Wille zur eigenverantwortlichen Gestaltung bis ins hohe Alter. Die allermeisten Unternehmer sind Vollblutunternehmer. Sie verzichten auf vieles andere ganz bewusst und erleben Freude bei ihrer täglichen Aufgabe. Entweder im operativen Geschäft als Gesellschafter und oder Geschäftsführer oder auch „nur“ bei der Wahrnehmung der Eigentümerverantwortung.
Allein dieses Motiv reicht jedoch nicht als Motivation für eine Generationen übergreifende Unternehmensfortführung aus, denn ein Verkauf oder sogar eine Liquidation sind zumindest denkbare Alternativen. Die kommen für viele Unternehmer jedoch nicht in Betracht.
Motiv 2: Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und der Region
Das Gegenteil ist der Fall: Das Unternehmen soll nur als „letztes Mittel“ verkauft, eine Stilllegung gerade verhindert werden. Doch warum?
Zunächst bestehen sehr häufig persönliche und vertrauensvolle Beziehungen zu den Mitarbeitern, die sich teilweise über Jahrzehnte gewachsen sind. Nicht selten kennt der Inhaber bei einem Gang durch die Produktion und Verwaltung jeden Mitarbeiter mit Namen und weiß teilweise auch noch deutlich mehr aus der Lebenssituation des jeweiligen Mitarbeiters. Hier führt die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern zum Ziel der Unternehmensfortführung.
Bei größeren Unternehmen kann diese gespürte Verantwortung auch zur Verantwortung für die Kommune oder gar eine bestimmte Region übergehen. Wenn ein Unternehmen der größte Arbeitgeber vor Ort ist, hat die Gestaltung der Unternehmensfortführung eine unmittelbare Auswirkung auf die Region, weit über das bloße Gewerbesteueraufkommen hinaus.
Motiv 3: Erhalt des Lebenswerks oder der Unternehmenskultur
Noch weitergehend ist der fast schon sprichwörtlich angestrebte „Erhalt des Lebenswerks“. Fasst man das konkreter, geht es letztlich immer um ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Unternehmenskultur. All dies soll nicht in einer größeren Einheit untergehen oder zerschlagen werden.
Bei sehr spezialisierten Unternehmen mit langjährigen Kundenbeziehungen wird auch regelmäßig der Erhalt des Unternehmens für die Kunden als Motiv genannt.
Motiv 4: Verpflichtung aus Familientradition
Sehr häufig wird die familieninterne Nachfolgelösung angestrebt. Dies kann zunächst zum Ziel haben, dass die Kinder oder auch die Enkelkinder aktiv im Unternehmen tätig werden und/oder die Gewinne des Unternehmens der finanziellen Förderung und Absicherung der Familie dienen.
Ein selten bewusst reflektiertes Motiv zur Unternehmensfortführung ist eine ausgesprochene oder unausgesprochene Verpflichtung aus der Familientradition. Es ist dann schlicht unvorstellbar, die Lebensleistung der Eltern zu verkaufen. Oft haben wir diesen Satz gehört: „Ich habe das Vermögen von meinen Eltern erhalten, um es zu vermehren und an die nächste Generation weiterzugeben.“ Schließlich und immer häufiger soll das Unternehmen dauerhaft in Verbindung mit einer gemeinnützigen Vision erhalten werden. Zum Beispiel als Ertragsquelle für eine gemeinnützige unternehmensverbundene Stiftung.
Fazit: Nach unserer Erfahrung ist es von höchster Bedeutung, diese Motive detailliert zu klären und zu hinterfragen, um damit die Basis für die Gestaltung der erforderlichen Vertragswerke und der wirtschaftlichen Strukturen zu schaffen.
Von der Motivation zur Stiftungsgründung
Um das „Wie?“ Zu bewältigen, gibt es verschiedene Modelle. Alle hier aufgeführten haben wir bisher erfolgreich gestaltet:
Die unternehmensverbundene Familienstiftung.
Diese Stiftung hat zunächst den Zweck die begünstigten Familienmitglieder finanziell zu fördern und abzusichern. Aus diesem Grund muss in dieser Variante zunächst grundlegend geregelt werden, wer überhaupt zum begünstigten Personenkreis gehört, ob und welche Abstufungen oder „Begünstigtenkreise“ es geben soll und nach welchen Prinzipien die Förderung ausgestaltet wird (z.B. Leistungsprinzip, Fairness, Absicherung in Jugend oder hohem Alter).
Neben dieser Ausrichtung in die Familie hinein, dient die unternehmensverbundene Familienstiftung häufig ihrem ausdrücklichen Stiftungszweck folgend, der weiteren Fortführung des Unternehmens, losgelöst von privaten und familiären Risiken. Das Unternehmen wird auf diese Weise vor den wirtschaftlichen Einflüssen wie Wegzug, Ehescheidung, privater Haftung, Krankheit und Erbfall geschützt und erhält einen stabilen Gesellschafter – die Stiftung.
Die unternehmensverbundene gemeinnützige Stiftung
Anders als die Familienstiftung hat die unternehmensverbundene gemeinnützige Stiftung eine altruistische Ausrichtung. Die Erträge aus dem Unternehmen dienen allgemeinen selbstlosen Zwecken. In diesen Strukturen besteht die zentrale Aufgabe darin, die Sphäre der Stiftung von der operativen Unternehmenstätigkeit abzugrenzen und einen möglichen Interessenkonflikt auszuschließen.
Im Idealfall agieren Unternehmen und gemeinnützige Idee im Gleichklang und in eine Richtung. Das Unternehmen ist dann nicht nur Ertragsquelle, sondern Stiftung und Unternehmen wirken in eine Richtung.
Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie mehr über diese Idee erfahren möchten. Es gibt interessante Möglichkeiten und wir verfügen über die erforderliche Praxiserfahrung in der rechtlichen und steuerlichen Gestaltung.
Die Doppelstiftung
Bei einer Doppelstiftung sind eine Familienstiftung und eine gemeinnützige Stiftung an einem Unternehmen beteiligt. Welche Stiftungsform die beste für die jeweilige Situation ist, können Sie gern auch hier nachlesen.
Die Familienstiftung, die sich zur gemeinnützigen Stiftung wandelt
Natürlich ist es bei einer Familienstiftung auch möglich, dass sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine gemeinnützige Stiftung wandelt. Zum Beispiel nach dem Versterben des Stifters oder dem längstlebenden Familienmitglied.
Die Unternehmensstiftung
Schließlich kann auch eine Unternehmensstiftung gestaltet werden, die weder einen familiären noch einen gemeinnützigen Bezug hat. Sie dient „nur“ dem Erhalt und der Fortführung des Unternehmens und schafft ein stabiles „Dach“ zur Unternehmensfortführung.
Fazit: Es gibt eine Vielzahl sinnvoller Optionen. Insbesondere im Stiftungsrecht hat der Stifter Stifterfreiheit in der Gestaltung. Entscheidend für die Konzeption und Umsetzung einer langfristig klaren und stabilen Struktur ist die eingehende Reflexion der Motive und der Ziele im individuellen Einzelfall.
Die genannten unterschiedlichen Motive führen zu unterschiedlichen rechtlichen Regelungen und wirtschaftlichen Konzepten. Eine Reflexion gelingt am besten im Gespräch. Wir bieten ihnen hierzu unseren Workshop an.