Antwort:
Beim Wohnungsunternehmen handelt es sich nicht um einen gesetzlich definierten Begriff, sondern um eine Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG und der Beschreibung des dort geregelten Betriebs. Um die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregeln der §§13aff. ErbStG nutzen zu können, muss in erster Linie begünstigungsfähiges Vermögen vorliegen. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (also vermietete Immobilien) sind als sogenanntes Verwaltungsvermögen von den Verschonungsregelungen ausgenommen.
§13a Absatz 4 Nummer 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG sieht aber eine Rückausnahme für im Betriebsvermögen gehaltene Immobilien vor, die von Wohnungsunternehmen fremdvermietet werden. Der Begriff und die damit verbundene Ausnahme ist aber an einige Voraussetzungen gekoppelt.
Diese setzen voraus, dass
- die Immobilien zum Betriebsvermögen einer Gesellschaft gehören,
- der Hauptzweck des Betriebes in der Vermietung von Wohnungen liegt und dies einen
- wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 14 Abgabenordnung (AO) erfordert.
Aus der Gesetzesbegründung folgt dazu unter anderem., dass die Privilegierung solcher Betriebe vor allem dem Zweck dient, dass Wohnraum zur Verfügung gestellt wird und gerade Wohnungsunternehmen oft auch eine gewisse Anzahl von Arbeitsplätzen schaffen.
Von den oben genannten Voraussetzungen ist oft der „wirtschaftliche Geschäftsbetrieb“ das zu prüfende und problematische Merkmal. Bei der Auslegung bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen zwischen der höchstrichterlichen Rechtsprechung einerseits und der Finanzverwaltung andererseits.
So sieht die Finanzverwaltung für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unter anderem folgende Indizien:
- Bewerbung der Tätigkeit
- Unterhalten eines Büros
- Umfang der Geschäfte
- Buchführung zur Gewinnermittlung
- Anbieten von Dienstleistungen oder Produkten gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit
- Halten von mehr als 300 Wohneinheiten
In der Benennung der Anzahl liegt auch ein wesentliches Abgrenzungskriterium zur Einschätzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das macht auch die Gestaltung eines begünstigungsfähigen Wohnungsunternehmens im Sinne der Finanzverwaltung zu einer Herausforderung, wenn weniger als 300 Wohneinheiten vorliegen.
Der Bundesfinanzhof hat in einem dieser Ansicht widersprechenden Urteil 2017 bereits festgestellt, dass eher qualitative (und nicht quantitative) Gesichtspunkte für die Einordnung heranzuziehen seien. So sei eine Wohnungsgesellschaft nur begünstigungsfähig, wenn sie neben der Vermietung im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zusatzleistungen erbringe, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Es käme nicht auf die Zahl der vermieteten Wohnungen an. Diese Zusatzleistungen könnten bspw. sein:
- Übernahme von Reinigungsleistungen
- Hausmeisterdienstleistungen
- Überwachung des Gebäudes
- Überlassung und Wechseln von Bettwäsche
Die Finanzverwaltung hat darauf mit einem Nichtanwendungserlass (gleichlautende Ländererlasse vom 23.04.2018, BStBl. I 208, 692) reagiert, sie hält auch nach 2019 noch an der quantitativen Betrachtungsweise fest. Eine Änderung der Praxis ist aber durchaus möglich. Es ist daher empfehlenswert, sich frühzeitig mit einer möglichen Übertragung auseinanderzusetzen, solange von diesen günstigen Regelungen noch profitiert werden kann. Nachdem auch in 2020 Urteile (zB FG Münster, Urteil vom 25.06.2020 – 3 K 13/20 F) ergangen sind, die die Auffassung des BFH stützen, hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Es bleibt abzuwarten, was passiert.
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