Antwort:
Finanzverwaltung und Rechtsprechung sind sich in der Einordnung als Wohnungsunternehmen nicht einig. Wir empfehlen, falls die Gestaltung mit einem Wohnungsunternehmen für Sie in Frage kommt, dass sie sich frühzeitig mit einer möglichen Übertragung auseinandersetzen, solange von den günstigeren Regelungen der Finanzverwaltung noch profitiert werden kann. Nachdem auch in 2020 Urteile (zB FG Münster, Urteil vom 25.06.2020 – 3 K 13/20 F) ergangen sind, die die Auffassung des BFH stützen, hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob demnächst eine weitere höchstrichterliche Entscheidung erfolgt und wie die Finanzverwaltung darauf reagiert.
Zum Hintergrund: Im Wesentlichen grenzen sich die jeweiligen Ansatzpunkte in einer quantitativen, bzw. qualitativen Betrachtung ab.
So sagte das Finanzgericht Münster im Juni 2020, dass es für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf gewerbliche Zusatzleistungen ankomme, die Anzahl der Wohneinheiten sei dagegen nicht relevant (FG Münster, Urteil vom 25.06.2020 – 3 K 13/20 F). Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit Urteil vom 24. Oktober 2017 (II R 44/15) ein vergleichbares Verständnis erkennen lassen, dass es auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen nicht ankomme. Zusatzleistungen seien beispielsweise Übernahme der Reinigung vermieteter Wohnungen, Bewachung des Gebäudes oder das Zurverfügungstellen eines Hausmeisterdienstes.
Gegensätzlich dazu: Die Finanzverwaltung. Die Finanzbehörden wenden das oben genannte Urteil des BFH aus 2017 infolge eines Nichtanwendungserlasses über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an. Nach der Ansicht der Finanzverwaltung sprechen einige Indizien für die Annahme eines wirtschaftlichen Gewerbebetriebs (so auch R E 13b.17 Absatz 3 ErbStR 2019). Dazu gehören beispielsweise die Unterhaltung von Büros oder eine umfangreiche Organisationsstruktur. Nach Ansicht der Finanzverwaltung wird davon ausgegangen, dass die mit der Verwaltung des Vermögens verbundenen Aufgaben einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordern. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird bei einem Volumen von über 300 Wohneinheiten regelmäßig ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb angenommen.
Für die Beratungspraxis bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung ihre Kriterien noch einmal anpasst, oder es bei weiteren Entscheidungen zu einem erneuten Nichtanwendungserlass seitens der Finanzverwaltung kommt. Es ist ebenfalls nicht vollständig auszuschließen, dass die Finanzverwaltung sich der Auffassung der Rechtsprechung anschließen wird. Insbesondere bei Gesellschaften mit einem Immobilienbestand über 300 Einheiten kann sich nach aktueller Lage eine Übertragung lohnen. Dabei sind aber die oben genannten Punkte für jeden Einzelfall genau zu prüfen.