Im ersten Teil unseres Monatsthemas zur GmbH in Verantwortungseigentum haben wir bereits einen Überblick über die aktuelle Diskussion ausgearbeitet. In dieser Woche wollen wir uns ergänzend zur aktuellen Diskussion vor allem damit auseinandersetzen, wie eine Umsetzung des unternehmensbezogenen Verantwortungseigentums bereits in der jetzigen Rechtslage ausgestaltet werden könnte. Das soll auch einen Beitrag zu der Frage leisten, ob tatsächlich ein Bedarf für die Einführung der GmbH VE besteht.
Die wesentliche Neuerung und auch Besonderheit im Sinne des Verantwortungseigentums wäre eine gesellschaftliche Regelung mit Perpetuierungstendenz (wie auch schon von Prof. Dr. Brigit Weitemeyer feststellt, „Etikettenschwindel oder Verantwortungsbewusstsein“, LTO, erschienen am 09.10.2020). Also die unabänderliche Verhinderung von Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter, wie auch die dauerhaft ausgeschlossene Partizipation am Wertzuwachs des Unternehmens.
Die Folge dessen wäre eine – ebenfalls bereits von Kritikern der neuen GmbH VE festgestellte – „Herrschaft der toten Hand“. Diese ist in der heutigen Rechtslage nur in festgesetzten Grenzen durch eine privatnützige Stiftung möglich. Daher wollen wir in diesem Beitrag vor allem eine Umsetzung der Idee des Verantwortungseigentums im Rahmen einer Stiftungsstruktur beleuchten.
Stiftungsrecht bietet einen passenderen Rechtsrahmen als das GmbHG
Die Umsetzung könnte bislang beispielsweise durch eine reine Unternehmensstiftung mit einer darauf abgestimmten GmbH erfolgen. Bereits seit über 100 Jahren existiert die Verbindung von Stiftungen und Unternehmen in der deutschen Rechtspraxis. Wenn man sich die Zielsetzung der GmbH VE und der unternehmensverbundenen Stiftungen gegenübergestellt anschaut, könnte man zu der Einschätzung gelangen, dass sich viele Unternehmen bereits jetzt in Verantwortungseigentum befinden: Die Stiftung bildet das „Dach“ des Unternehmens und verankert dessen DNA nach dem individuellen Willen des Stifters, den er bereits in der Stiftungssatzung zugrunde legen kann und sollte. Der Zweck ist dann die Fortführung des Unternehmens und der Erhalt der Arbeitsplätze, während die Gewinne weiterhin der Unternehmensentwicklung dienen. Möglich wird dies vor allem durch eine entsprechende Stiftungssatzung, die solche Regelungen auch heute schon unveränderbar gestalten kann.
Die Stiftung „gehört“ nur sich selbst und trennt damit das Unternehmen vom privaten Bereich. Entsprechend der jeweiligen Zielsetzung des Stifters, verhindert sie eine Zerschlagung durch Teilverkäufe, private Erbfolge oder andere Ereignisse. Die Rechtsform des verbundenen Unternehmens bleibt unverändert.
Über die Teilhabe des Stifters und seiner Rechtsnachfolger am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens entscheiden die Stiftungsorgane – denen der Stifter bis zu seinem Ableben nicht nur angehört, sondern (so er dies wünscht) auch vorsitzt und die er daher nach seinen Wünschen lenken kann. Darüber hinaus können weitere Begünstigte in den Genuss von Stiftungsleistungen kommen, wenn die Stiftungssatzung dies vorzieht. In der Regel sind dies die Familienangehörigen des Stifters, aber auch in gewissen Grenzen eine Förderung beispielsweise der Arbeitnehmer des stiftungsverbundenen Unternehmens ist denkbar.
Das Doppelstiftungsmodell geht noch einen Schritt weiter. Es ermöglicht eine noch striktere Trennung von Gewinnverwendung und Stimmrechten. Die Dividendenrechte werden hierbei meist mehrheitlich an eine gemeinnützige Stiftung übertragen, während die Stimmrechte mehrheitlich einer zweiten Stiftung – bspw. einer Familienstiftung – zugeteilt werden. Gewinne aus den in die Familienstiftung eingebrachten Anteilen können der Stifter-Familie als Begünstigte zugutekommen, während die Gewinne der in die gemeinnützige Stiftung eingebrachten Anteile für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, wobei auch die Rechtsform nicht vorschrieben ist.
Die Gestaltungspraxis hat bereits umfangreiche Modelle entwickelt, mit denen sich die Zielsetzung des Verantwortungseigentums auch zum heutigen Rechtsstand schon umsetzen lässt.
Kritik an Verwendung der Stiftungsmodelle – berechtigt?
Die Kritik an der Verwendung einer Stiftung wird meistens auf die Notwendigkeit einer Aufsichtsbehörde und die zwingend erforderliche behördliche Anerkennung bezogen. Hierzu ist jedoch zu sagen, dass es sich bei der behördlichen Aufsicht allein um eine Rechtsaufsicht handelt. Die Stiftungsbehörde hat keinerlei inhaltliche Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Unternehmensführung.
Auch die Voraussetzung einer behördlichen Anerkennung der Stiftung ist kein Hindernis, das den Gestaltungswillen des Stifters ersetzt oder dessen Umsetzung unmöglich macht. Mit einer entsprechenden Satzung bleibt dem Stifter zu Lebzeiten ein Höchstmaß an Flexibilität und Entscheidungsmacht. Auch für die Zeit nach seinem Ableben kann er seinen Nachkommen, wenn er dies wünscht, eine nachträgliche Anpassung der Stiftungsgestaltung ermöglichen. Nach unserer Beratungserfahrung hat es sich stets bewährt, besonderes Augenmerk auf die individuelle Ausgestaltung der Stiftungssatzung zu legen, um zum einen ein möglichst genaues Abbild des Stifterwunsches zu erreichen und zum anderen eine stimmige rechtliche Umsetzung dieses Wunsches zu erzielen. Das kann eine Stiftungssatzung „aus der Schublade“ nicht.
Eine weitere Flexibilisierung der aktuellen Rechtslage könnte daher mit einer Entwicklung des deutschen Stiftungsrechts, die die Rahmenbedingungen weiter vereinfacht, besser umgesetzt werden, als mit der Schaffung einer neuen Rechtsform.