Nachdem wir uns im letzten Teil des Stifterbriefes mit den allgemeinen Folgen des Wegzugs beschäftigt haben, soll das Augenmerk in dieser Woche vor allem auf besonderen Punkten im Zusammenhang mit dem Wegzug in die Schweiz, nach Österreich oder ins Fürstentum Liechtenstein liegen. Gerade die aktuellen gesetzgeberischen Entwicklungen geben Anlass zu einer sorgsamen Planung.
Bereits im letzten Beitrag haben wir in Auszügen das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU (ATAD) beleuchtet. Die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ATAD 1), geändert durch Richtlinie (EU) 2017/952 vom 29. Mai 2017 (ATAD 2) hat die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, mit Wirkung zum 01. Januar 2020 Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuervermeidung einzuführen oder an den europäischen Standard anzupassen. Neben umfangreichen Regelungen zur Verrechnungspreisermittlung und Hinzurechnungsbesteuerung enthält der Entwurf auch Änderungen der Wegzugsbesteuerung. Das deutsche Bundeskabinett hat den Entwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie am 24. März 2021 beschlossen.
Besonderheiten beim Wegzug nach Österreich
Österreich ist ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Gesellschafter, die nach Österreich wegziehen, können nach aktueller Rechtslage von der Stundungsvorschrift des §6 Abs. 4 AStG profitieren. Dies unterliegt aber der Voraussetzung, dass im Zuzugsstaat eine (zumindest mit der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbaren) Steuerpflicht besteht und dass eine Amtshilfe bei der Beitreibung der geschuldeten Steuer zwischen Deutschland und diesem Staat gewährleistet sind.
Nach aktueller Rechtslage bedeutet dies, dass die Wegzugsbesteuerung grundsätzlich anfällt, diese jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen zinslos und unbefristet ohne Sicherheitsleistung gestundet wird. Die Stundung wird allerdings dann widerrufen, wenn die Anteile tatsächlich veräußert werden oder der Steuerpflichtige in einen Drittstaat außerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) weiterzieht.
Im Rahmen der jüngsten Anpassung der ATAD ist eine weitreichende Verschärfung geplant.