GmbH in Verantwortungseigentum
Der aktuelle Bundestagswahlkampf zeigt, wie groß die Bedeutung der Diskussion um die GmbH in Verantwortungseigentum (GmbH VE) schon geworden ist und in Zukunft offenbar auch noch weiter wird. Prominente Persönlichkeiten und hochrangige Politiker schalten sich in die Debatte ein, nehmen sie in ihre politische Agenda auf und setzen sich intensiv mit den Befürwortern der GmbH VE auseinander. Gleichzeitig hat das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Stiftung Verantwortungseigentum eine Studie durchgeführt und sich hierbei mit der Frage beschäftigt, wie groß das Interesse an einer GmbH VE unter den deutschen Familienunternehmern ist und weshalb die mit der GmbH VE verfolgten Ziele gerade in dieser neuen Gesellschaftsform verwirklicht werden sollen und weshalb sie nicht durch Gründung einer Stiftung erreicht werden können/sollen. Hierfür wurden Inhaber und Geschäftsführer von 417 großen und mittleren Familienunternehmen in Deutschland befragt.
Verantwortungseigentum: Langfristige Absicherung ist zentrales Thema
Die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich. Die Umfragen von Allensbach ergaben, dass für 66% aller Befragten die langfristige Absicherung ihres Unternehmens ein zentrales Thema ist. Im Rahmen der Zukunftssicherung des Unternehmens ist es 64% der Befragten „sehr wichtig“, dass die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit des Unternehmens auch in Zukunft gesichert ist (weiteren 29% ist es „wichtig“); weitere 62% finden es „sehr wichtig“ die Ausrichtung des Unternehmens an bestimmten Werten und Prinzipien sicherzustellen (weitere 34% finden dies „wichtig“) und für 43% ist es „sehr wichtig“, dass das Unternehmen langfristig in Familienhand bleibt (weitere 30% finden dies „wichtig“). Das Thema des werte- und prinzipiengeleiteten Bewahrens eines Unternehmens in der eigenen Familie ist damit unter den Familienunternehmen von außerordentlicher Bedeutung.
Gleichzeitig ist die Nachfolgeplanung bei Familienunternehmen ein häufig sehr schwieriges Thema. Bei 37% der Befragten steht eine Nachfolgeregelung in den nächsten Jahren an, nur 40% haben eine entsprechende Regelung bereits gefunden. Zwar wünschen sich 65% aller Befragten die Nachfolge durch ein Familienmitglied, doch nur 51% derer, bei denen in den nächsten Jahren eine Nachfolgeplanung ansteht, rechnen mit einer Weiterführung des Unternehmens durch einen Familienangehörigen.
Verantwortungseigentum und Stiftung
Vor diesem Hintergrund wurden die Teilnehmer auch zum Thema Stiftung befragt. Während die Befragten zuvor betonten, wie wichtig ihnen die gerade im Rahmen einer Stiftung ideal zu verwirklichenden Ziele waren, scheute ausweislich der Studie dennoch ein Großteil vor der Gründung einer Stiftung zurück. Allerdings befragte Allensbach ausdrücklich und explizit zur Einstellung der Befragten an einer gemeinnützigen Stiftung. Damit wurde der später untersuchten GmbH VE eine Stiftungsform gegenübergestellt, die – schaut man sich die Ziele der Befragten an – am wenigsten vergleichbar ist. Der dauerhafte Erhalt des Unternehmens für die Familie lag den Unternehmern am Herzen, ein Ziel, dass sich besonders gut durch eine privatnützige Familienstiftung erreichen lässt, die in gewissem Umfang ebenfalls gemeinnützige Spenden leisten kann, aber keineswegs muss. Ebenso, wie die GmbH VE, die in ihrer Grundkonzeption keineswegs gemeinnützig ist. Weshalb dennoch an dieser Stelle der Vergleich der GmbH VE mit der Familienstiftung gescheut wurde, bleibt unklar. Dies gilt umso mehr, als 16% der Teilnehmer zu ihren Plänen für eine Stiftungslösung befragt, angaben, eine solche zu erwägen – versehen mit dem Hinweis, dass davon die Mehrheit an eine Familienstiftung denkt. Selbstverständlich, denn diese vereint sämtliche Kernziele der Befragten für die Zukunft ihres Unternehmens.
Als Gründe gegen eine Stiftungslösung gaben die Befragten an, dass es ihnen wichtig sei, ihr Unternehmen in Familienbesitz zu behalten (45%), 31% befürchteten Einbußen bei der Flexibilität in der Unternehmensführung und 17% fanden diese Lösung zu aufwändig.
Zu den Vorteilen des Konzepts „Verantwortungseigentum“ befragt, hielten es jedoch 74% für vorteilhaft, dass die Unternehmensnachfolge auch unabhängig von der Unternehmerfamilie möglich ist und 58% sahen einen Vorteil darin, dass die Unternehmensleitung nicht durch Gewinnausschüttungen vom Erfolg des Unternehmens profitieren kann, sondern nur durch erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile.
Vor dem Hintergrund dieser Angaben ist es aus Sicht von Stiftungsexperten besonders bedauerlich, dass die Eigenschaften von (insbesondere Familien-)Stiftungen auch unter Unternehmern häufig im Wesentlichen unbekannt sind. Dass ein Stifter als Vorstand einer Stiftung die gleiche unternehmerische Freiheit genießt, wie als Gesellschafter und damit keinerlei Einschränkung der Flexibilität in der Unternehmensführung einhergeht, dass das Unternehmen, sein Erfolg, sein Florieren, auch im Rahmen einer Stiftung vollständig „im Dienst“ der Familie steht, durch diese gelenkt werden kann und gerade auch durch eine Stiftung geschützt und von der Familie begleitet werden kann, das ist vielen nicht geläufig.
Gerade eine Stiftung ermöglicht es, dass eine Unternehmensnachfolge auch unabhängig von der Unternehmerfamilie möglich ist – während sie das Unternehmen dennoch für die Familie erhält und somit den späteren Einstieg zukünftiger Generationen dauerhaft ermöglicht. Sie bietet darüber hinaus Wege für eine frühe Beteiligung der Nachkommen, beispielsweise im Rahmen der Familienversammlung, und damit auch zu einem Hinein-Wachsen in das Unternehmen und die damit verbundene Verantwortung.
Gleichzeitig scheinen die Charakteristika einer (Familien-)Stiftung auch den Verfassern der Umfrage weitgehend unbekannt gewesen zu sein. Erstaunlich tendenziös mutet vor allem folgende Frage an: „Bisher gibt es keine rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine unkomplizierte und den Kosten angemessene Regelung der Unternehmenszukunft und Nachfolge in Form von Verantwortungseigentum ermöglichen. Es wird jetzt von Unternehmen gefordert, eine solche einfache Regelung zu schaffen. Fänden Sie es gut, wenn Unternehmen eine einfache Umsetzung von Verantwortungseigentum durch Einführung einer neuen Rechtsform in Zukunft ermöglicht wird, oder ist das in Ihren Augen nicht sinnvoll?“. Dass diese Frage nur von 72% mit „sinnvoll“ beantwortet wird, ist vor dem Hintergrund ihrer vollkommen irreführenden und falschen Einleitung beinahe verblüffend.
Die Anmeldung einer Stiftung bei der Stiftungsbehörde ist mit einer sehr geringen Verwaltungsgebühr verbunden und keinesfalls mit „unangemessenen Kosten“. Zwar empfiehlt es sich grundsätzlich, die Gestaltung der Stiftungssatzung gemeinsam mit einem Stiftungsexperten vorzunehmen – gleiches gilt jedoch für die Satzung einer eventuellen „GmbH VE“, auch diese dürfte kaum jemand allein an seinem Küchentisch schreiben.
Ebenso, wie es die „ganz schlanke“ GmbH-Satzung gibt, die jedoch für eine weit in die Zukunft reichende Planung des eigenen Unternehmens nicht zu empfehlen ist, gibt es auch eine schlanke und vorgefertigte Stiftungssatzung, die nur bei der zuständigen Behörde eingereicht werden muss. Auch diese ist natürlich, bei einer langfristigen und sehr persönlichen Planung, die im Idealfall das Wohlergehen zahlreicher zukünftiger Generationen sicherstellen soll, nicht zu empfehlen. Wir raten an dieser Stelle immer zu einer „maßgeschneiderten“, auf die persönlichen Verhältnisse und das jeweilige Unternehmen zugeschnittenen Satzung. Von erhöhten Kosten aufgrund der Gründung einer Stiftung kann keinesfalls die Rede sein.
Auch ist eine Stiftungsgründung nicht aufgrund der Rechtsform komplizierter als eine GmbH-Gründung. Für letztere sind Sie auf die Beteiligung eines Notars angewiesen, für erstere auf das Mitwirken der Stiftungsbehörde. Einzig richtig: Die Anerkennung einer Stiftung dauert, insbesondere aktuell vor dem Hintergrund der Corona-Krise, länger als die Gründung einer GmbH. Aber soll es vor dem Hintergrund einer generationenübergreifenden, langfristigen Zukunftsplanung für ein Unternehmen und die damit verbundene Familie wirklich auf diese etwas längere (aber deswegen nicht kompliziertere) Gründungsphase ankommen?
Grundsätzlich sehen wir uns als Stiftungsexperten gerade durch die zunehmende Bedeutung des Themas „Verantwortungseigentum“ sehr bestärkt in unserer Arbeit und unserem Streben danach, Sicherheit, Planbarkeit und eine nachhaltige Zukunftsgestaltung für Familienunternehmen zu gewährleisten. Es entspricht unserer jahrelangen Erfahrung, dass es gerade Familienunternehmern besonders wichtig ist, ihr Unternehmen für sich, vor allem aber für zukünftige Generationen zu erhalten und erfolgreich und fit für die Zukunft zu machen. Hierbei begleiten wir mit umfangreicher Erfahrung – schon heute, schon seit Jahren und natürlich auch mit dem Fokus auf nachhaltiges Verantwortungseigentum.