VON SASA HANTEN-SCHMIDT
Price is what you pay value is what you get.
Warren Buffett (nach Ben Graham)
Wenn Kunstgegenstände in eine Stiftung eingebracht werden sollen oder es um die Schenkung eines Kunstwerkes an ein Museum geht, wird oft nur an die administrative Einkleidung gedacht. Die Satzung der Stiftung, die Bestimmung des Vorstandes und die Einbettung in das rechtliche und steuerliche Umfeld sind die bestimmenden Themen. Auch bei einer Einzelschenkung an ein Museum beziehen sich die wesentlichen Überlegungen auf das Vertragswerk. Die Bedeutung der Kunst wird vorausgesetzt. Dass der Kunst in diesen Situationen jedoch ein präziser Geldwert zugemessen werden muss, das wird entweder gar nicht bedacht oder als trivialer Seitenaspekt abgetan.
Unsere Gastautorin Sasa Hanten-Schmidt ist Rechtsanwältin und öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für zeitgenössische bildende Kunst. Sasa hat zwei Werkverzeichnisse veröffentlicht. In den letzten Jahren hat sie sich mit der Entstehung und der Weitergabe von Unternehmersammlungen befasst. In der Publikation „Sieh mich an! Schlüsselmomente einer Sammlungsgeschichte“ (zusammen mit Wolfgang Ullrich - Leipzig 2018 ) hat sie ein Best-Practice-Modell für den Generationsübergang privater Sammlungen vorgestellt. Zuletzt hat sie eine kunstbezogene Stiftung begründet, um auch in diesem Feld ihre Vorstellung von produktiven Lösungen umzusetzen.
Kunst ist jedoch kein Vermögensgegenstand wie jeder andere. Der kulturelle Wert von Kunstgegenständen ist faszinierend und bereichert das Leben derer, die der Kunst zugewandt sind. Der Schenkungswert der Kunst, der einmal gezahlte Preis oder der erzielbare Erlös stehen unreflektiert daneben. Im Kontext Stiftung und Schenkung müssen die beiden Welten zusammengebracht werden. Das birgt Konfliktpotenzial.
Denn für die meisten Güter - wie Immobilien, Unternehmen oder Fahrzeuge - gibt es allgemein bekannte Verfahren, wie bewertet wird. Bisweilen gibt es sogar Taxen und Tabellen, an denen der einschlägige Wert schlicht abgelesen werden kann. Bei Kulturgütern jedoch ist eine belastbare Herangehensweise sogar in Fachkreisen weitgehend unklar.
So lese ich häufig in Gerichtsakten oder im Schriftverkehr der Finanzämter wie ratlos die Beteiligten sich der Frage nähern. Für Stifter besteht das Risiko, dass man die Freude und den Enthusiasmus an der Stiftung oder der Schenkung verliert, weil ein für sicher gehaltenes Prozedere nicht durchführbar ist. Das Selbstbild des großzügigen Stifters wird gestört, wenn um die Höhe der Zuwendungsbescheinigung gerungen werden muss. Dass der Wert der Kunst als ein Gegenstand der Disposition erscheint, das führt neben den Auseinandersetzungen mit den Behörden regelmäßig auch zu Verstimmungen im familiären Umfeld. Denn was in die Stiftung fließt oder an anderer Stelle verschenkt wird, steht naturgemäß später nicht mehr als Erbmasse zur Verfügung. Die Sorge, dass das Erbe „leergeschenkt“ wird, kommt standardmäßig vor. Wird diese Sorge geäußert, sind Irritationen üblich. Wird die Sorge verschwiegen, bahnt sie sich oft an anderer Stelle Bahn und ist häufig die Ursache für Erbstreitigkeiten und anderen Familienzwist...