In den ersten beiden Teilen der Stifterbrief-Reihe zum Thema Wegzugsbesteuerung wurden die Besonderheiten für Gesellschafter von Personen - und Kapitalgesellschaften dargestellt. Aber auch andere Vermögenswerte können aus steuerlicher Sicht von einem Wegzug betroffen sein, wenn auch nicht nach den verschärften Regelungen des Außensteuergesetzes (AStG) und des Einkommensteuergesetzes (EStG). Werden weiterhin Einkünfte aus inländischen Quellen bezogen oder besteht inländisches Vermögen, entsteht zudem in der Regel eine beschränkte Einkommen- und Erbschaftsteuerpflicht.
Was passiert mit den Einkunftsquellen die in Deutschland verbleiben?
Das Thema Wegzug ist aus steuerlicher Sicht für unterschiedliche Vermögensklassen und Steuerarten zu betrachten. Einerseits ist die Frage zu stellen, ob durch einen Wegzug ins Ausland aus ertragsteuerlicher Sicht der deutsche Staat ein Besteuerungsrecht verlieren könnte, weil sich die Besteuerung nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen z.B. nach dem jeweiligen Wohnsitz richtet. In diesem Fall sehen das EStG und das AStG insbesondere für Anteile an Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Einzelunternehmen besondere Regeln vor, die dem deutschen Staat mit dem Wegzug noch eine finale Besteuerung der stillen Reserven zusichern. Aber auch für andere Vermögenswerte ist zu prüfen, ob ein Wegzug aus ertragsteuerneutral erfolgen kann.
Mit dem Wegzug endet die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht. Mit dem Ende der unbeschränkten Steuerpflicht endet das deutsche Besteuerungsrecht nicht komplett. Vielmehr unterliegt der Wegzügler mit bestimmten Einkünften aus deutschen „Quellen“ der beschränkten Einkommensteuerpflicht. Sofern aber auch weiterhin eine beschränkte Steuerpflicht für Einkünfte besteht, dann erfolgt auch im Falle des Wegzugs keine ungewollte Besteuerung der Substanz, weil der deutsche Staat das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus diesen Vermögenswerten nicht verloren hat. Beschränkt steuerpflichtig sind die in § 49 EStG aufgeführten „inländischen“ Einkünfte.
Inländische Einkünfte bestehen bspw. bei inländischen Vermietungsgrundstücken und inländischen Betriebsstätten. Praktisch bedeutsam ist die fehlende Steuerpflicht für Zinsen aus unbesicherten deutschen Quellen, z.B. Sparkonten und Anleihen. Bei Wegzug ins niedrig besteuernde Ausland sieht das deutsche Recht zusätzlich eine erweitert beschränkte Steuerpflicht vor. In deren Anwendungsbereich bleibt der Wegzügler für zehn Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem seine unbeschränkte Steuerpflicht endete, über seine „inländischen“ Einkünfte hinaus mit allen Einkünften, die nicht „ausländische“ sind, im Inland steuerpflichtig. Solche nicht „inländischen“ und zugleich nicht „ausländischen“ Einkünfte sind etwa Renten sowie alle von deutschen Schuldnern bezahlten Zinsen. Ferner werden alle Veräußerungsgewinne aus inländischen Vermögensgegenständen erfasst.
Hilft die Auswanderung in einen Staat ohne Erbschaft- und Schenkungsteuer?
Bezogen auf das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht stellt sich die Frage, ob und wann Vorteile durch einen Wegzug z.B. in einen Staat ohne oder nur beschränkter Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen entstehen können.
Im Erbschaft - und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) besteht die unbeschränkte Steuerpflicht in den Fällen, in denen der Schenker beziehungsweise Erblasser auf der einen Seite oder der Erwerber auf der anderen Seite Steuerinländer ist, das heißt entweder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Mit einem Wegzug des Schenkers oder Erblassers allein ist es also zur Vermeidung einer Schenkung- und Erbschaftsteuerpflicht nicht getan. Es darf also zusätzlich der der Erwerber ebenfalls kein Inländer im Sinne des ErbStG mehr sein. Ein nach Österreich ausgewanderter deutscher Staatsangehöriger könnte demnach außerhalb des Anwendungsbereichs der deutschen ErbStG kein Vermögen an eine Person zuwenden, die in Deutschland ihren Wohnsitz hat.
Darüber hinaus werden auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, als Steuerinländer qualifiziert (sog. erweiterte Steuerpflicht). Der Schenker oder Erblasser muss also mindestens 5 Jahre im Ausland gelebt haben, damit die persönliche Steuerpflicht endet.
Zudem droht in verschiedenen Konstellationen eine Doppelbesteuerung. Ein Doppelbesteuerungsabkommen im Erbschaft - und Schenkungsteuerrecht besteht derzeit lediglich mit Dänemark, Frankreich, Griechenland, Schweden, Schweiz und den USA.
Wenn weder der Schenker beziehungsweise der Erblasser noch der Erwerber im Zeitpunkt der Übertragung nach deutschem Steuerrecht als in Deutschland ansässig gelten, unterliegt dennoch das sogenannte Inlandsvermögen der Erbschaft - und Schenkungsteuerpflicht (sog. beschränkte Steuerpflicht). Hierunter ist insbesondere in Deutschland belegenes Vermögen zu verstehen, beispielsweise inländisches Grundvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie inländisches Betriebsvermögen und Anteile an einer in Deutschland befindlichen Kapitalgesellschaft. Auf den ersten Blick kann durch einen Wegzug also lediglich ausländisches Vermögen die deutsche Schenkung- und Erbschaftsteuerpflicht vermieden werden.
Kann man durch den Wegzug einer möglichen Vermögensteuer entkommen?
Letztlich ist auch die politisch seit Jahren diskutierte Wiedereinführung der Vermögensteuer zu betrachten. Derzeit sehen die Parteiprogramme einiger Parteien zumindest eine Prüfung der Wiedereinführung der Vermögensteuer vor. Vor dem Hintergrund einer wohl sicheren Regierungsbeteiligung der FDP erscheint die Vermögenssteuer zumindest für diese Legislaturperiode vermieden. Ein politisches Thema bleibt sie aber weiterhin. Daher stellen sich auch hier viele Unternehmer und Privatpersonen die Frage, ob mit einem Wegzug die Vermögensteuer vermieden werden kann.
Letztlich kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden, wie eine ggfs. (wieder-) eingeführte Vermögensteuer gesetzgeberisch ausgestaltet wird. Sofern das aktuelle Vermögensteuergesetz, welches aus verfassungsrechtlichen Gründen derzeit in der Erhebung ausgesetzt ist, in einem verfassungsgemäßen Zustand Anwendung finden soll, würde sich auch für Personen ohne Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland für das Inlandsvermögen gemäß § 121 Bewertungsgesetz (BewG) eine beschränkte Vermögensteuerpflicht ergeben. Begünstigungsvorschriften sind in gewissen Umfang im bisherigen Gesetz enthalten.
Wir beraten die Gestaltungsmöglichkeiten und Auswirkungen des Wegzugs strategisch, rechtlich und steuerlich aus einer Hand. Inwieweit Familienstiftungen für Vermögensklassen aller Art Flexibilität und Freiheit schaffen, stellen wir im Teil 4 der Stifterbrief-Reihe vor.