Deutsche Familienstiftung - Ein Fels in der Brandung im Fall des Wegzugs

In den Teilen 1 bis 3 unserer Serie zur Wegzugsbesteuerung haben wir Ihnen vor dem Hintergrund der jüngsten Gesetzesnovellen und deren Auswirkungen auf den Wegzug des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft (Teil 1), den Wegzug eines Gesellschafters einer Personengesellschaft (Teil 2) und den Wegzug eines Vermögensinhabers mit Privatvermögen (Teil 3) vorgestellt.

 

Mit Teil 4 unserer Serie zur Wegzugsbesteuerung wollen wir uns nachfolgend im europäischen Vergleich der deutschen Familienstiftung im Wegzugsfall widmen.

 

Die jüngsten Verschärfungen durch das ATAD-Umsetzungsgesetzes (ATAD-UmsG, Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie vom 25.06.2021, BStBl. I 2021, 2035) werden Wegzugsfälle von vermögenden Privatpersonen ab dem 01.01.2022 deutlich erschweren, sodass sich zur Erhaltung der persönlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit die Frage stellt, inwieweit eine Zukunftsperspektive durch Wegzug aus Deutschland oder durch generationenübergreifende personenunabhängige Nachfolgeplanung in Deutschland sinnvoller Weise erfolgen kann.


Eine Wegzugsbesteuerung auf im Privatvermögen gehaltene Anteile an einer Kapitalgesellschaft (mindestens 1% Anteile) gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich oder Frankreich. Keine Wegzugsbesteuerung kennt hingegen die Schweiz. Laufende steuerliche Vorteile ergeben sich bei einem Wegzug bzw. in die Schweiz unter Inkaufnahme einer deutschen Wegzugsbesteuerung auch im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer in der Schweiz. Bislang erheben die meisten Schweizer Kantone bei Übertragungen von Vermögen zwischen Ehegatten keine Erbschaft- oder Schenkungsteuer. In Deutschland bislang unbeschränkt Steuerpflichtige sollten bei einem Wegzug in die Schweiz allerdings beachten, dass Sie neben der fiktiven Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz auch für mindestens fünf weitere Jahre nach Aufgabe eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht nach dem deutschen Erbschafts- und Schenkungsgesetz (§ 2 Absatz 1 Buchst. b ErbStG) unterfallen.

 

Der strategische Wegzug in ein Land mit einer möglichst geringen Steuerbelastung ist aber nicht immer der geeignete Weg. Denn oftmals verbleibt ein Inlandsbezug ohnehin durch Inlandsvermögen gemäß § 121 BewG (land- & forstwirtschaftliches Vermögen, Grund- & Immobilienvermögen, inländisches Betriebsvermögen oder Beteiligungen an Kapitalgesellschaften). Wer eine risikobehaftete Übertragung von Vermögenswerten ins Ausland oder den Aufbau einer komplexen Unternehmensstruktur im Ausland vermeiden möchte, kann durch die Übertragung von Inlandsvermögen auf eine deutsche Familienstiftung oftmals eine einfachere, klare Vermögensabsicherung und generationenübergreifende Nachfolgeplanung ermöglichen. Zugleich wird die deutsche Familienstiftung Zurechnungssubjekt für das Vermögen, sodass dem wegziehenden Unternehmer keine Anteile mehr zugerechnet werden.

 

Im Zusammenhang mit einer Übertragung von Inlandsvermögen auf eine deutsche Familienstiftung können die umfänglichen Steuerbefreiungsmöglichkeiten für Betriebsvermögen, für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und für Anteile an Kapitalvermögen (§§ 13a-13d, 28a ErbStG) ein effektives Gestaltungsinstrument darstellen, um steuerneutral oder -schonend Produktivvermögen auf eine Familienstiftung zu übertragen und so dem generationenübergreifenden Stiftungszweck zu dienen. Hierdurch kann unabhängig von den persönlichen Lebensplänen des Stifters Inlandsvermögen sinnstiftend gebunden werden, ohne durch die steuerlichen Folgen eines Wegzugs (§ 6 AStG) oder einer Entstrickungsbesteuerung (§ 4 Absatz 1 Satz 3 f.; 4g EStG, § 16 Absatz 3a EStG und § 12 KStG) im schlimmsten Fall zerschlagen zu werden.

 

Für die im Zuge der Errichtung der Familienstiftung im sog. Stiftungsgeschäft (§ 82 BGB) übertragenen Wirtschaftsgüter entsteht eine Schenkungsteuer erst im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig (§ 9 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c ErbStG). Zugleich räumt der Gesetzgeber der deutschen Familienstiftung bei ihrer Errichtung mit dem sog. Steuerklassenprivileg unter den Voraussetzungen des §§ 1 Absatz 1 Nummer 4, 15 Absatz 2 Satz 1 ErbStG die Steuerklasse des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erben/Schenker ein.

 

Die im Turnus von 30 Jahren anfallende Erbersatzsteuer macht die Besteuerung planbar, das Stiftungsvermögen kann auf den Stichtag gestaltet werden und die Erbersatzsteuer entsteht erst ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Übergangs von Vermögen auf die deutsche Familienstiftung (§ 9 Absatz 1 Nummer 4 ErbStG). Hierbei kommt dem Stiftungsvermögen der deutschen Familienstiftung zugute, dass der Gesetzgeber aktuell in § 15 Absatz 2 Satz 3 ErbStG für die Erbersatzsteuer alle 30 Jahre einen doppelten Freibetrag nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 ErbStG einräumt. Damit wird die deutsche Familienstiftung bei der Erbersatzsteuer so behandelt, als ob eine Erbschaft zwei Personen der Steuerklasse I Nummer 2 mit einem Freibetrag von aktuell zweimal 400.000 EUR (= 800.000 EUR) zufallen würde.

 

Zwar mögen Länder wie die Schweiz, Zypern oder Österreich keine Erbschaftsteuer erheben und teilweise ein verhältnismäßig günstigeres Steuerniveau aufweisen. Eine generationenübergreifende Nachfolgeplanung für Inlandsvermögen ist vor dem Hintergrund der Verschärfung der Wegzugsbesteuerung durch das ATAD-UmsG aber auch mit der deutschen Familienstiftung möglich. Im Einzelfall bedarf es einer genauen Situationsanalyse, um abschätzen zu können, ob ein Übertragungskonzept für eine deutsche Familienstiftung nicht langfristig eine einfachere Option für alle Familienangehörige bedeuten kann.

 

Neben einer reinen deutschen Familienstiftung für Inlandsvermögen kann durch eine Kombination mit einer Liechtensteiner Familienstiftung zusätzlich liquides Vermögen in einem ausländischen Wertpapierdepot verwaltet werden und so Vermögenszuwächse dieses Wertpapierdepots aktuell steuerfrei in einer Liechtensteiner Familienstiftung genutzt werden. Zudem kennt das Liechtensteiner Stiftungsrecht keine Erbersatzsteuer. Mit einer Kombination zweier Stiftungen strukturieren Sie die verschiedenen Asset-Klassen Ihres Vermögens.

 

Hierbei gilt es aber immer sicherzustellen, dass das übertragene Vermögen der Liechtensteiner Stiftung nachweislich zur freien Verfügung gestellt wird und damit dem Stifter tatsächlich und rechtlich entzogen ist (§ 15 Absatz 6 Nr.1 AStG). Die weitere Voraussetzung des Bestehens eines ausreichenden Auskunftsabkommens mit dem Fürstentum Liechtenstein nach Maßgabe der EU-Amtshilferichtlinie (§ 15 Absatz 6 Nr.2 AStG) ist aktuell noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Während die Rechtsprechung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 22.01.2015 (16 K 2858/13 F, EFG 2015,629) diese Voraussetzung zuletzt nicht als gegeben angesehen hat, wird in der jüngeren juristischen Fachliteratur (Werner in IStR 2020, 130, 133) hingegen mit Verweis auf das Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Union über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten vom 24.12.2015 (ABl. 2015 L 339, 3) die Anforderungen des § 15 Absatz 6 Nr.2 AStG bejaht.

 

Die Gründung einer Stiftung im In- oder Ausland kann dem Unternehmer in Wegzugsfällen die persönliche Entscheidungsfreiheit über seinen Aufenthalt auf dem Globus bewahren. Denn mit der tatsächlichen Vermögensübertragung und Wahrung der weiteren gesetzlichen Vorgaben gilt eine rechtsfähige Stiftung als Zurechnungssubjekt von laufenden Einkünften des Vermögens. Stets sollte dem Gründungsprozess allerdings eine genaue Situationsanalyse vorausgehen.