VON MICHAEL PÜLMANNS
Erfolgreiche Business-Verhandlungen sind für alle Unternehmen existenziell wichtig. Langfristig gute Verhandlungsführung optimiert die Ergebnisse und sorgt für stabilere Erträge. Was Unternehmen tun können, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Verhandlungen nachhaltig zu qualifizieren.
Viele Familienstiftungen sind bekanntlich mit Unternehmen verbunden. Sie haben, um eine langfristig stabile Eigentümerstruktur herzustellen, die Kontrolle über die Gesellschaftsanteile übernommen, damit diese nicht ohne weiteres verkauft oder zersplittert werden können. Die Familienstiftung übernimmt also als selbstständige Rechtsinstitut die Eigentümerrolle über ein Vermögen oder ein Unternehmen. In der Folge dient sie als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts ausschließlich oder überwiegend dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien, beispielsweise durch Zuwendungen aus den Gewinnen des von der Stiftung kontrollierten Unternehmens. Im Fokus steht der Vermögensschutz (Asset Protection) als Teil des umfassenden Wirtschaftsschutzes. Die Stiftung unterscheidet sich von Personen- oder Kapitalgesellschaften dahingehend, dass sie keine Anteile und keine Gesellschafter hat.
Unser Gastautor Michael Pülmanns ist Krisenberater, Verhandlungsexperte und Geschäftsführer der Krisen- und Sicherheitsberatung SmartRiskSolutions aus München. Er tritt regelmäßig als Verhandlungsführer in schwerwiegenden Krisenfällen wie Entführungen, Cyber-Erpressungen, etc. auf und berät und schult Unternehmen aus dieser Kompetenz und Erfahrung heraus, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für schwere Verhandlungen zu qualifizieren.
Für alle Unternehmen gehören Verhandlungen zum Daily Business.
Damit dieses Prinzip langfristig funktioniert und die Bezugsberechtigten der Stiftung gut versorgt sind, muss das Unternehmen natürlich Gewinne erwirtschaften. Dafür kann die Familienstiftung aus eigener Kraft nicht sorgen, weshalb die üblichen marktwirtschaftlichen Mechanismen für stiftungsverbundene Unternehmen nicht außer Kraft gesetzt sind. Ein wichtiger Punkt für dauerhaft gute Geschäfte und entsprechende Ergebnisse sind erfolgreiche Business-Verhandlungen. Einkaufskonditionen gegenüber Gesellschaften, Vergütungsregelungen, Vertragsverhandlungen mit Großkunden, Fusionen und Transaktionen: Für alle Unternehmen gehören Verhandlungen zum Daily Business. Werden sie kontinuierlich erfolgreich abgeschlossen, verbessern sich Marktstellung und Margen und die Wachstumsmöglichkeiten und Ausschüttungen an die Bezugsberechtigten werden abgesichert.
Aber: Erfolgreiche Geschäftsverhandlungen sind keine Selbstläufer.
Große Unternehmen schulen ihre Verhandlungsteams nicht selten individuell für Verhandlungen, Verhandlungstaktiken und den Umgang mit Druck insbesondere für operativ oder strategisch wichtige Verhandlungen. Es wird erwartet, dass Verhandler das Beste aus Verhandlungen herausholen. Und zum anderen müssen sie sich darauf einstellen, dass die Gegenseite bestens ausgebildet und vorbereitet ist, möglicherweise einen Informationsvorsprung hat und daher genau weiß, mit welchen Stellschrauben sie ihren Erfolg maximieren kann.
In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass solche Verhandlungsteams die größten Erfolge haben, die den Schwerpunkt der Vorbereitung nicht auf das Verhandeln am Tisch legen. Ein Kernproblem ist, dass Verhandlungsziele in der Vorbereitung oftmals zu vage formuliert werden. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, bei einer Verhandlung zum Abschluss zu kommen, sehr vermutlich jedoch zum eigenen Nachteil. Bei der Vorbereitung sollten unter anderem folgende Fragen eine Rolle spielen: Wie liefen die Verhandlungen in der Vergangenheit? Welche Strategie und Taktiken verfolgte der Verhandlungspartner? Welche konkreten Ziele sollen durch die Verhandlung erreicht werden? Mit welchem Ergebnis ist man zufrieden? Selten ist es nur ein Preis, der das Ergebnis definiert. Ungenauigkeit in der Bestimmung des Erfolgs verhindern oftmals ein greifbares Verhandlungsergebnis und führt, insbesondere unter Druck, zu unnötigen Zugeständnissen.
Wer improvisiert, muss beinahe zwingend Zugeständnisse machen.
Für Verhandlungen sind klar formulierte Ziele wichtig. Wer improvisiert, weil die Verhandlungskorridore und -ziele nicht eindeutig sind, muss beinahe zwingend Zugeständnisse machen. Wer weiß, was er erreichen will, wird auch dem Verhandlungspartner nur das zugestehen, was er guten Gewissens abgeben kann. Aber eben nicht mehr. Gerade bei Geschäften mit schmalen Margen führen schon geringe Abweichungen vom eigenen Zielkorridor zu ungünstigen Ergebnissen. Kommt das öfter vor, können Geschäftsführer und Unternehmer dabei zuschauen, wie die Gewinne die Treppe nach unten nehmen. Das muss nicht sein, weshalb es darum gehen muss, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für schwere Verhandlungen nachhaltig fit zu machen.
Apropos Druck: Verhandlungstaktiken kommen mehr oder weniger bei allen Verhandlungen zum Einsatz. Diese Techniken erzeugen in der Regel einen Handlungsdruck und sollen den Verhandlungsspielraum erweitern. Keine Seltenheit sind wortstarke Verhandlungen, subtile oder sehr direkte Einschüchterungen oder gar fragwürdige Täuschungs- oder Manipulationsversuche. Ein betont emotionales Verhalten kann verunsichern und negativ beeinflussen. Kurzum: Es gibt unzählige Methoden, das Gegenüber während einer Verhandlung zu beeinflussen, um ein besseres Ergebnis für sich selbst zu erzielen. Erfolgreiche Verhandler erkennen frühzeitig diese Taktiken und agieren entsprechend.
Was kann man von Krisenverhandlungen lernen?
Zielführende Strategien, um schweren Verhandlungssituationen zu bestehen stammen aus dem Bereich der Verhandlungen von Krisenfällen wie Entführungen oder Cyber-Erpressungen. Diese außergewöhnlichen, sehr emotionalen und angespannten Lagen erfordern nicht nur präzise Planung, sondern auch eine sehr intensive Vorbereitung und Coaching der Verhandlungsführer, um bei den Verhandlungen zu bestehen. Die Ziele solcher Verhandlungen sind aufgrund der Ernsthaftigkeit der Lage klar definiert. Eine Verfehlung des Ziels ist undenkbar, ein Erfolg jedoch alles andere als gewiss.
Welche Strategien und Taktiken setzen Erpresser ein? Wie beeinflussen diese das Verhandlungsergebnis, und wie können Verhandlungsteams auf verschiedene – auch unfaire – Taktiken der Gegenseite vorbereitet werden? Bei Krisenfällen kommt für den Krisenberater und auch andere Beteiligte beispielsweise dann Stress auf, wenn grundlegende Uneinigkeit bei den beteiligten Akteuren hinsichtlich der Verhandlungs- oder Kommunikationsstrategie herrscht. Dieser zentrale Stressfaktor, der gerade bei den persönlich betroffenen Akteuren von starken Gefühlen begleitet werden kann, führt häufig zu Fehlentscheidungen. Diese wiederum führen zumeist zu einer Verstärkung der Stressspirale und in Folge zu einer Verlängerung der Krisenlage.
Der Transfer zur Business-Verhandlung ist sehr kurz: Es dürfen keine eilfertigen Entscheidungen und Maßnahmen getroffen werden, die sich als nicht tragfähig erweisen und den Erfolg der Verhandlung gefährden. Das Beziehen unbedachter, absoluter Positionen oder voreilige Zusagen an die Gegenseite, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen, sind besonders problematisch, da diese die Verhandlungsmöglichkeiten eklatant einschränken und einen erfolgreichen Abschluss nahezu unmöglich machen.
Ohne gute Planung hilft auch die beste Strategie nichts.
Professionell geführte Verhandlungen basieren daher auf dem Dreischritt aus Ziele, Strategien und Taktiken. Ohne realistische und präzise Ziele ist Erfolg nur eine verschwommene Vorstellung. Die Strategie definiert, wie die Ziele erreicht werden, sozusagen das Design der anstehenden Verhandlung. Die Taktiken beschreiben die Vorgehensweise am Verhandlungstisch. Damit ist weniger das „Taktieren" am Tisch gemeint, sondern vielmehr der logische Aufbau der Argumente, die zu dem gewünschten Ergebnis führen. Alles hängt jedoch von den handelnden Personen ab. Welche Person oder Personen schicke ich zu welchem Zweck in die Verhandlung? Sind sie dem Druck gewachsen? Können sie die für sie vorgesehenen Rolle einnehmen?
Spezifische Trainings, die auf realen Krisenfällen beruhen, bereiten Verhandlungsteams auf diese komplexen Situationen vor. Unter anderem werden bestimmte Taktiken der Gegenseite eingeübt. Es gibt unzählige Methoden das Gegenüber während einer Verhandlung zu beeinflussen, um ein besseres Ergebnis für sich selbst zu erzielen. Diese Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen und durch eingeübte Reaktionen zu umgehen, sind ein Baustein erfolgreicher Verhandlungen.