Unternehmensfortführung in einer unternehmensverbundenen Stiftung

VON THORSTEN KLINKNER

 

die Familienstiftung hat in Deutschland in den letzten Jahren für die Bereiche Unternehmensnachfolge und -fortführung erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies liegt insbesondere daran, dass sich viele Motive eines Familienunternehmers in der dauerhaft angelegten Struktur einer unternehmensverbundenen Familienstiftung verwirklichen lassen. Das ist wie in einem Musikstück, wo es unten den Bass als Fundament gibt und oben in den Stimmen die Variationen des Themas.

Gute Gründe für die unternehmensverbundene Stiftung

Auch wenn geeignete Nachfolger aus der Familie zur Verfügung stehen, kann die Stiftung zum Zusammenhalt und zur Sicherung des Familienvermögens (Asset Protection) effektiv eingesetzt werden. Die Familie kann über die Organe der Stiftung weiterhin aktiv maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben und wahlweise auch operativ im Unternehmen tätig sein. Die Erträge des Unternehmens kommen bei Familienstiftungen weiterhin der Familie zugute.

 

Das Prinzip der Stiftung

Die Stiftung ist eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Organisation (Zweckvermögen). Die rechtsfähige Stiftung ist nicht mitgliedschaftlich organisiert. Stiftungen haben keine Anteilsinhaber, Gesellschafter oder Mitglieder, die am Vermögen beteiligt sind. Die Stiftung ist vielmehr ein verselbständigtes Zweckvermögen, das „sich selbst gehört“. Mitglieder einer Stifterfamilie sind nicht Gesellschafter einer Familienholding, sondern Begünstigte (Destinatäre) der Stiftung. Im Vermögen der Destinatäre befindet sich keine „Beteiligung“ an der Stiftung. Die „Weitergabe“ der Destinatärs-Stellung (z.B. Nachfolge oder sonstige Verfügung) erfolgt nicht in der privaten Erbfolge, sondern ergibt sich rein aus der Satzung. Die Stiftung kann auch rein gemeinnützigen Zwecken dienen.

 

Die Familienstiftung in Form einer Unternehmensstiftung kommt in der Praxis regelmäßig als Beteiligungsträgerstiftung vor, die als Gesellschafterin eine oder mehrere Beteiligungen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft hält. Die Unternehmensträgerstiftung, also das Betreiben eines Unternehmens in der Rechtsform der Stiftung selbst, ist selten anzutreffen und wegen der mangelnden Bekanntheit im Markt sowie der Risikovermischung aus operativer Tätigkeit und Vermögensverwaltung auch nicht zu empfehlen.

 

Die Mitwirkung der Mitglieder einer Stifterfamilie in den Organen wird in der Satzung der Stiftung ausgestaltet. Gesetzliches Mindestorgan einer Stiftung ist der Vorstand. Er ist oberster Entscheidungsträger, und handelt auf der Grundlage des Stiftungszwecks und der Satzung in eigener Verantwortung als gesetzlicher Vertreter der Stiftung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Stiftungssatzung weitere Organe (z.B. Aufsichtsrat, Familienversammlung) regelt und verschiedene Aufgaben zuweist (z.B. Einbinden und Heranführen der Familie, Familienstrategie, Kontrolle und Beratung des Vorstands, Wahl der Vorstandsmitglieder). Die „Checks and Balances“ innerhalb der Stiftung können individuell gestaltet werden.

 

Aktives Unternehmertum und volle unternehmerische Flexibilität

Die Familienstiftung bietet ein hohes Maß an unternehmerischer Flexibilität und Freiheitsgraden. Wahlweise kann eine aktive und passive Teilhabe an der Stiftungsorganisation und im Unternehmen gewählt werden. Jedes Familienmitglied kann wählen, ob und wie es sich in den stiftungsverbundenen Unternehmen, der Stiftungsverwaltung oder hinsichtlich des Zusammenhalts der Familie einbringt. Die Mitwirkung der Mitglieder einer Stifterfamilie in den Organen wird in der Satzung der Stiftung ausgestaltet. Jeder Begünstigte kann rechtlich unproblematisch Aufgaben in unterschiedlichen Organen der Stiftung übernehmen. Die wesentlichen Grundsätze des unternehmerischen Handelns der Familie können als „DNA“ in der Stiftungssatzung verankert werden. Die Stiftung wird damit bildhaft zum Rückgrat der Unternehmensgruppe.

 

Durch die fehlende Gesellschafterstellung sind die Familienmitglieder im Hinblick auf ihre steuerliche Ansässigkeit maximal flexibel. Im Fall eines mittelfristigen oder dauerhaften Wegzugs ins Ausland droht keine Gefahr einer steuerlichen Belastung.

 

Stabilität für das Unternehmen

Die Familienstiftung ist im Grundsatz auf ewig angelegt und bietet daher als Gesellschafterin eine dauerhafte Stabilität für das Familienunternehmen. Es entsteht ein Schutz des Vermögens vor negativen Störeinflüssen aus der privaten Sphäre der Familienmitglieder, der über das Schutzniveau einer gesellschaftsrechtlichen Familienholding hinausgeht. Insbesondere haben eine Ehescheidung, eine persönliche Haftung, ein Wegzug, Krankheit, Betreuung und Tod der bisherigen Gesellschafter keine rechtlichen Auswirkungen auf das Vermögen der Stiftung. Durch die fehlende Gesellschafterstellung und die Eigenständigkeit der Stiftung entsteht so eine besondere, dauerhafte und effektive Asset Protection und Sicherung des Stiftungs- bzw. Familienunternehmensvermögens (geschützter Vermögensbereich).

 

Dadurch entfallen bspw. Güterstandsklauseln für das Familienunternehmen, finanzielle Gefahren durch Pflichtteilsansprüche (10 Jahre nach der Anteilsübertragung) und privaten Gläubigern auf Gesellschafterebene, gesellschaftsrechtliche Verfügungsbeschränkungen, Nachfolge- und Abfindungsregelungen. Zudem muss der regelmäßige Übergang des Vermögens auf die nächste Generation nicht mehr (kostenintensiv) durch Testamente oder vorweggenommene Erbfolgen gestaltet werden.

 

Steuerliche Übertragungsmöglichkeiten

Die erforderliche und regelmäßige unentgeltliche Übertragung von Unternehmensvermögen in Form von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften kann unter Berücksichtigung von steuerlichen Begünstigungsvorschriften oftmals vollständig ertrags-, grunderwerbs- und schenkungssteuerneutral erfolgen. Ein weiterer Vorteil der Familienstiftung im Zusammenhang mit den schenkungssteuerlichen Begünstigungsvorschriften (§§ 13a, 13b ErbStG) liegt in der Behandlung von sogenannten Großerwerben, die ab einem Unternehmenswert von 26 Millionen Euro nur noch unter engen Voraussetzungen einer vollständigen Steuerbefreiung unterliegen. Eine neu gegründete Familienstiftung kann dagegen auch Unternehmensvermögen oberhalb dieser Bewertungsschwelle begünstigt aufnehmen (Stichwort: Verschonungsbedarfsprüfung). Auch die für Familienstiftungen obligatorische Erbersatzsteuer kann durch die erbschaftssteuerlichen Begünstigungen für Unternehmensvermögen ganz oder teilweise neutralisiert werden.