Die Auswirkungen der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts und der aktuellen Rechtsprechung auf die gemeinnützige Beteiligungsträgerstiftung

Teil 4 von 5

Stärkung der Kooperation von gemeinnützigen Unternehmen

VON THORSTEN KLINKNER

 

Die jüngste Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Zuge des Jahressteuergesetzes vom 21.12.2020 hat mit einer Konkretisierung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes in den § 57 Abs.3 und Abs.4 AO die Möglichkeit einer Kooperation von gemeinnützigen Unternehmen geschaffen. Unter einer Kooperation versteht man in diesem Zusammenhang das satzungsgemäße planmäßige Zusammenwirken gemeinnütziger Körperschaften zum Erreichen eines gemeinsamen gemeinnützigen Förderzwecks. Durch die Gesetzesreform wird nun auch ein arbeitsteiliges Zusammenwirken zweier oder mehrerer gemeinnütziger Körperschaften möglich. Hierbei kann das planmäßige Zusammenwirken jede Tätigkeit erfassen, die geeignet ist, das gemeinsame Förderziel zu erreichen. Neben reinen Mittelweitergaben, können auch Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen zwischen den kooperierenden gemeinnützigen Unternehmen ausgetauscht werden. Damit wird in einem gemeinnützigen Konzernverbund eine effiziente arbeitsteilige Förderung steuerbegünstigter Zwecke möglich. Entscheidend ist allerdings, dass alle an der Kooperation beteiligten Körperschaften gemeinnützig sind.

 

Um eine Planungssicherheit für gemeinnützige Kooperationen zu schaffen, hat der Gesetzgeber mit § 58a Abs. 3 AO zusätzlich eine Vertrauensschutzregelung eingeführt. Hiernach kann eine Körperschaft, die sich auf eine Mittelweitergabe im Zuge eines planmäßigen Zusammenwirkens mit anderen gemeinnützigen Körperschaften beruft, darauf vertrauen, dass die Körperschaft, mit der sie zusammenwirkt, steuerbegünstigt nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist, wenn sie sich deren Satzung und einen der in § 58a Abs. 2 AO genannten Nachweise hat vorlegen lassen. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir gemeinnützigen Unternehmen im Fall einer Mittelweitergabe stets im Vorfeld die Einhaltung der neugeschaffenen Vertrauensschutzregelung des § 58a AO zu prüfen und die Anforderung der erforderlichen Unterlagen zu dokumentieren.

 

Im Zuge der Gesetzesreform des Gemeinnützigkeitsrechts hat die Finanzverwaltung mit BMF- Schreiben vom 06.08.2021 (Az.: IV C 4 - O 1000/19/10474 :004) Auslegungshilfen für die Mittelweitergabe und Kooperation formuliert. Hierbei vertritt die Finanzverwaltung die Rechtsauffassung, dass ein planmäßiges Zusammenwirken (Kooperation) bereits nach Art und Weise durch die Satzung der gemeinnützigen Körperschaften vorgesehen sein muss. Kooperierenden gemeinnützigen Körperschaften ist daher dringend zu empfehlen, in ihren Satzungen das planmäßige Zusammenwirken abstrakt und anhand konkreter Beispiele zu regeln, um den formellen satzungsmäßigen Voraussetzungen der Finanzverwaltung zu genügen.


Zeitnahe Mittelverwendung in Konzernstrukturen

Die Gesetzesreform durch das Jahressteuergesetz 2020 sieht mit § 57 Abs.4 AO auch eine Erleichterung für solche Holding-Gesellschaften vor, die ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Körperschaften halten oder verwalten. Auch das BMF erkennt an, dass die Beteiligung an einer Tochtergesellschaft, die nach § 57 Abs. 4 AO zur unmittelbaren Verfolgung der eigenen steuerbegünstigten Zwecke gehalten und verwaltet wird, dem ideellen Bereich der Muttergesellschaft zuzuordnen werden kann und es sich dort um sogenanntes „nutzungsgebundenes Vermögen“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 AO) handelt. Die Voraussetzung ist, dass die steuerbegünstigten Zwecke der gehaltenen Beteiligungsgesellschaft in den eigenen steuerbegünstigten Zwecken enthalten sind.

 

Die Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen

 

In seiner Entscheidung vom 12.03.2020 (Az: V R 5/17, BStBl. II 2021,55) hat der Bundesfinanzhof zur Vergütung von Geschäftsführergehältern am Maßstab des sog. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus durch die Finanzverwaltung Stellung bezogen.

 

Der Streitfall bezog sich auf ein Gesamtvergütungspaket eines Geschäftsführers, der im Konzern gleich für mehrere Gesellschaften die Organstellung eines Geschäftsführers innehatte. Im Kern hat der BFH festgestellt, dass es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung handelt. Als Korrektiv für eine unverhältnismäßige Handhabe der Entziehung des Gemeinnützigkeitsstatus durch die Finanzverwaltung hat der BFH den dem Verhältnismäßigkeitsgebot innewohnenden Bagatellvorbehalt etabliert.

Hiernach ist die Entscheidung über den Entzug der Gemeinnützigkeit einzelfallgerecht am Ausmaß und Gewicht der Pflichtverletzung auszurichten, so dass kleinere, einmalige Verstöße gegen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts nicht die Entziehung der Steuervergünstigen rechtfertigen.

 

Bemerkenswert ist diese Entscheidung des BFH auch deshalb, weil der BFH für die Feststellung von etwaigen Mittelfehlverwendungen gemäß § 55 Abs.1 Nr.3 AO infolge einer überhöhten Vergütung auf die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs.3 S.2 KStG) verweist. Das bedeutet, dass sich die Höhe einer (Gesamt-)Vergütung am sog. Fremdvergleichsmaßstab messen lassen muss. In diesem Zusammenhang stellt der BFH klar, dass es keinen speziellen Arbeitsmarkt für Beschäftigte bei gemeinnützigen Organisationen gibt, so dass sich ein Finanzgericht bei der diesem obliegenden Schätzung eines angemessenen Gehalts (§ 96 Abs.1 S.1 FGO) an der allgemeinen Gehaltsstruktur der jeweiligen Branche orientieren kann.

 

Die Einrichtung eines Tax Compliance Management Systems (TCMS)

Die Finanzverwaltung hat vorstehende Grundsätze des BFH-Urteils vom 12.03.2020 mittlerweile auch auf weitere schuldrechtliche Beziehungen, wie beispielsweise Miet-, Pacht- oder Darlehnsverträge, ausdrücklich übertragen (AEAO v. 12.01.2022). Insofern lohnt es sich für bestehende gemeinnützige Stiftungen ihre Vertragsverhältnisse fortlaufend auf ihre fremdübliche Ausgestaltung zu überprüfen.

 

Die Rechtsprechung des BFH vom 12.03.2020 kann zudem für Beteiligungsträgerstiftungen Anlass sein, sich mit der Implementierung eines sog. Tax Compliance Management Systems (TCMS) zu befassen, welches die individuellen steuerlichen Risiken der Beteiligungsträgerstiftung im Zusammenhang mit der Einhaltung der Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts identifiziert und diese fortwährend überwacht.

 

Durch die Implementierung eines IT-basierenden TCMS können so unternehmensinterne Prozesse besser systematisiert, standardisiert und für eine etwaige Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung nachgewiesen werden. Moderne TCMS orientieren sich an anerkannten Prüfungsstandards, wie beispielsweise denen des Instituts der Wirtschaftsprüfer („Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance Management Systemen“ IDW PS 980). Sie dienen so als zuverlässige Informationsbasis. Zukünftig kann mit einem revisionssicheren TCMS auch für Zwecke des Gemeinnützigkeitsrechts eine schnellere und rechtssichere Abwicklung von Überprüfungen durch die Finanzverwaltung erzielt werden.

 

So erprobt die Bayerische Finanzverwaltung (PM Nr.046, Bayerisches FinMin. v. 24.02.2022) im Rahmen eines aktuellen Pilotprogramms bereits die Einbeziehung von modernen Compliance-Systemen in der Außenprüfung. Ihr Ziel ist es den Prüfungsaufwand für beide Seiten zu minimieren und Prüfungsschwerpunkte setzen zu können.

 

Neben der Implementierung eines TCMS ist auch eine fortlaufende Schulung von Führungskräften gemeinnütziger Unternehmen sinnvoll, um die Einhaltung der Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts und der Prozesse des TCMS sicherzustellen.

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