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Wohnungsunternehmen: Begünstigung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

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VON THORSTEN KLINKNER

 

Die Vermietung von Wohnungen an Dritte wird im Regelfall nicht als begünstigtes Betriebsvermögen behandelt, sollte der Grundbesitz im Zuge einer Erbfolge oder durch eine Schenkung an Erben oder Beschenkte übergehen.

 

In diesem Stifterbrief sprechen wir über begünstigte Wohnungsunternehmen, begünstigte Wohnungen und begünstigte Tätigkeit und diskutieren die Rechtsfolge der begünstigten Vermietung sowie das Problem der erweiterten Kürzung von Gewerbeerträgen.


Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz: Begünstigte Wohnungsunternehmen

Hiervon macht das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) eine in der Praxis wichtige Ausnahme: G[UB1] gehören die an Dritte überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile oder grundstücksgleichen Rechte (z. B. Erbbaurecht) zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers oder einer Kapitalgesellschaft, behandelt das Gesetz (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. d) ErbStG) das betreffende Vermögen als begünstigtes Betriebsvermögen. Hierbei ist wichtig, dass deren Hauptzweck in der Vermietung von Wohnungen besteht und die Vermietungstätigkeit einen sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne der Abgabenordnung (AO) erfordert.

 

Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft begünstigt, sofern die betreffenden Grundstücke, Grundstücksteile oder grundstücksgleichen Rechte zum Gesamthandvermögen der Personengesellschaft gehören. Das heißt, Grundstücke, Grundstücksteile oder grundstücksgleichen Rechte im Sonderbetriebsvermögen von Personengesellschaften werden nicht begünstigt.


Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer: Begünstigte Wohnungen

Das Gesetz begünstigt nicht die Vermietung jeglicher Wohnungen, sondern nur solche im Sinne des § 181 Abs. 9 Bewertungsgesetz (BewG). Danach hat eine Wohnung eine Zusammenfassung von mehreren Räumen zu enthalten, die die Führung eines selbständigen Haushalts möglich machen müssen. Hierzu ist es nach dem Gesetz zwingend erforderlich, dass eine Wohnung von anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennt ist, in sich eine abgeschlossene Wohneinheit bildet und auch über einen selbständigen Zugang verfügt. Ferner muss eine solche Wohnung Nebenräume wie Küche, Bad oder Dusche und Toilette haben, die die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. Schließlich darf die Wohnfläche einer solchen Wohnung nicht unter 23 qm liegen.


Vermietung als begünstigte Tätigkeit

Nach dem Gesetz muss die Tätigkeit eines begünstigten Unternehmens in der Vermietung von Wohnungen bestehen, wobei die Vermietung der Hauptzweck des betreffenden Unternehmens sein muss. Darüber hinaus ist eine Vermietung nur dann begünstigt, wenn sie einen sog. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert. Unter einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb wird nach § 14 Satz 1 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit verstanden, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht.

 

Wann eine Vermietung die Grenze einer Vermögensverwaltung überschreitet und einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, darüber besteht zwischen der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzgerichte Uneinigkeit. Die Finanzverwaltung bejaht, oder genauer gesagt unterstellt, pauschal einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn ein Wohnungsunternehmen mehr als 300 Wohnungen vermietet. Der BFH lehnt diesen pauschalen Ansatz der Finanzverwaltung ab und stellt stattdessen auf eine gewerbliche Vermietung eines begünstigten Unternehmens ab: Nur wenn das betreffende Unternehmen Zusatzleistungen erbringt, die das Maß des bei der Vermietung Üblichen überschreiten, erfordert die betreffende Vermietung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, die Zahl und der Umfang der vermieteten Immobilien sind nach dem BFH dagegen ohne Bedeutung.

 

Die Finanzverwaltung hat die betreffende Grundsatzentscheidung des BFH mit einem sog. Nichtanwendungserlass belegt, d. h. das BFH-Urteil ist über die Einzelfallentscheidung hinaus nicht anzuwenden. Dies führt dazu, dass Wohnungsunternehmen, die für ihr Betriebsvermögen eine Begünstigung beanspruchen und nicht über die Grenze von 300 vermieteten Wohnungen hinauskommen, weiterhin auf Einspruchs- und Klageverfahren gegen ablehnende Bescheide von Finanzämtern angewiesen sind. Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass Finanzämter bzw. zuständige Sachbearbeiter und ihre Vorgesetzten verpflichtet sind, der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen zu folgen, selbst wenn sie von der Richtigkeit der anderslautenden BFH-Rechtsprechung überzeugt sind.

 

Rechtsfolge der begünstigten Vermietung

 

Erfüllt ein Wohnungsunternehmen die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. d) ErbStG, sind Grundstücke, Grundstücksteile oder grundstücksgleiche Rechte im Betriebsvermögen des betreffenden Unternehmens bei der Berechnung der Bereicherung infolge des Erbfalls oder der Schenkung nicht als schädliches Verwaltungsvermögen, sondern als begünstigtes Betriebsvermögen zu behandeln, sofern die Vermietung von begünstigten Wohnungen den Hauptzweck des betreffenden Wohnungsunternehmens darstellt.

 

Die Vermietung von Wohnungen ist dann der Hauptzweck des Wohnungsunternehmens, wenn der Wert der Grundstücke, die den Wohnzwecken dienen, 50 % des Werts aller Grundstücke des Wohnungsunternehmens überschreitet. Der betreffende Wert ist nach dem Bewertungsgesetz zu ermitteln, wobei allerdings streitig ist, welches Bewertungsverfahren bei der Wertermittlung dabei angewendet werden kann.

 

Problem der erweiterten Kürzung von Gewerbeerträgen

 

Erfüllt ein Wohnungsunternehmen die dargelegten Voraussetzungen für eine Begünstigung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, wird das betreffende Unternehmen in der Regel die sog. erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Zwecke der Gewerbesteuer nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) nicht beanspruchen können, da Zusatzleistungen, die regelmäßig für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erforderlich sind, der betreffenden erweiterten Kürzung für Zwecke der Gewerbesteuer in der Regel entgegenstehen. Die Folge wäre, dass das Vermietungsunternehmen lediglich eine „normale“ Kürzung (1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Vermietungsunternehmens gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes) in Anspruch nehmen und auf Erträge aus der Vermietung Gewerbesteuer zahlen müsste.

 

Dies schließt allerdings nicht generell aus, dass in bestimmten Fällen sowohl die Begünstigung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als auch die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Zwecke der Gewerbesteuer beansprucht werden kann. Auch unter den Voraussetzungen der sorgfältigen Planung und Gestaltung im Vorfeld wird eine solche Doppelbegünstigung nur in Ausnahmefällen erreicht werden können.

 

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