VON THORSTEN KLINKNER
In den vergangenen Wochen sind wir intensiv auf das Thema Auswandern in die Schweiz eingegangen und haben Ihnen im Januar viele praxisrelevante Informationen zum Thema Immobilien in der Schweiz gegeben. Im Februar haben wir uns mit dem Einbürgerungsprozess und seinen Auswirkungen auf den Vermögensschutz beschäftigt. Abschließend möchten wir Ihnen die Schweizer Kantone und deren Unterschiede vorstellen.
Auf den ersten Blick wirkt die Schweiz als Auswanderungsziel deshalb so attraktiv, weil es eine geringe Sprachbarriere zu geben scheint. Auch das föderalistische System mit den Kantonen scheint uns sehr vertraut. Doch es gibt hier erhebliche Unterschiede, denn die Schweizer Kantone besitzen eine große Autonomie und haben eine eigene, historisch begründete Identität. Die interkantonalen Unterschiede und Differenzen sind größer als vermutet und dies möchten wir Ihnen in diesem Beitrag zeigen.
Zur Geschichte der Eidgenossenschaft in der Schweiz
Für die Schweizer Eidgenossenschaft gibt es zwei Wendepunkte in der Geschichte, die den Zusammenschluss maßgeblich forciert haben: der Westfälischen Frieden von 1648 und die Schweizer Bundesverfassung von 1848. Im Dreißigjährigen Krieg blieb die Eidgenossenschaft neutral, was vor allem in der konfessionellen Spaltung der Kantone begründet lag. Jede Parteinahme hätte das Ende des freiwilligen Zusammenschlusses bedeutet. In dieser Zeit konnte sich in der Schweiz ein relativer Wohlstand herausbilden. Im Westfälischen Frieden bekamen die Kantone einen Sonderstatus und waren in ihrer Gerichtsbarkeit nicht länger dem Kaiser und dem Deutschen Reich unterstellt. Dies legte den Grundstein für das Selbstverständnis der Eidgenossenschaft als souveräne und neutrale Republik.
Beim Wiener Kongress wurde 1815 die Eidgenossenschaft erstmals international anerkannt. Der Bundesvertrag von 1815 bildete die Grundlage für einen stabilen inneren Zusammenhalt der Kantone. Er definierte einen Staatenbund von 22 Kantonen und sicherte deren gleichberechtigte Freiheit. Die Kantone gingen sehr gestärkt daraus vor, denn der Schweizer Bund hatte nur noch eine Kompetenz: die gemeinsame Sicherheitspolitik.
Dennoch konnte dieser Bundesvertrag eine innere Spaltung der Schweiz nicht verhindern. Einerseits standen konservative, katholische Kantone wie Luzern, Schwyz, Uri, Zug, Unterwalden, Freiburg und Wallis, die sich 1845 zu einem Sonderbund zusammenschlossen. Andererseits gab es liberale Kräfte, die einen Bundesstaat favorisierten, was wiederum von den konservativen Kantonen abgelehnt wurde, da sie um ihre traditionelle Souveränität fürchteten. Es folgten die letzten bewaffneten Handlungen auf Schweizer Boden: der Sonderbundskrieg von 1847. In deren Ergebnis führten die liberalen Kantone eine Kapitulation der konservativen Sonderbundskantone herbei. Eine direkte Folge war die neue schweizerische Bundesverfassung von 1848, mit der sich die Schweiz zum Bundesstaat formte. Die Bundesverfassung ist aufgrund des Sieges der Liberalen auch sehr liberal geprägt und bildet den Grundstein der föderalistischen, demokratischen Schweiz, wie wir sie heute kennen.
Die Entscheidungsgewalt der Kantone in der Schweiz
Jeder der 26 Schweizer Kantone hat ein eigenes Parlament, eine eigene Regierung, eigene Gerichte und eine eigene Verfassung. Letztere darf der Bundesverfassung jedoch nicht widersprechen. Obwohl alle Kantone unter dem Dach des Schweizer Bundes zusammengefasst sind und die gleichen Rechte und Pflichten haben, gibt es erhebliche Unterschiede. Dies spiegelt sich auf politischer Ebene in konservativen oder liberalen Kantonsparlamenten wider und hat Auswirkungen auf alle Entscheidungen, die in der Gewalt der Kantone liegen, unter anderem im Bildungssystem, Gesundheitssystem und Steuerrecht.
Der auffälligste Unterschied zwischen den Kantonen ist die Sprache. Die Schweiz hat vier Amtssprachen, neben Deutsch auch Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Die Sprache in Wort und Schrift der „deutschen“ Kantonen ist Schweizerdeutsch, dessen Dialekte sich jedoch sehr deutlich voneinander unterscheiden. Man kann die Deutschschweizer nach ihrem Dialekt ihrer regionalen Herkunft zuordnen.
Die Kantone haben eine große Autonomie in Bezug auf das Schulwesen. Der Bund garantiert einen freien Grundschulunterricht, die restliche Verantwortung liegt bei den Kantonen. Jeder Kanton kann dabei die Dauer der Grundschulbildung und die Leistungsebenen eigenständig festlegen. Da die Umsetzung der Schulbildung bei den Kantonen liegt, gibt es in der Schweiz 26 unterschiedliche Schulsysteme, in den Sprachregionen wurden die Lehrpläne allerdings vereinheitlicht. Außerdem ist sichergestellt, dass die Abschlüsse vom Bund anerkannt werden.
Die Besonderheiten der Kantone in der Zentralschweiz
Die Schweiz ist eines der liberalsten Länder der Welt. Die Zentralschweiz umfasst die Kantone um den Vierwaldstättersee (Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und Zug). Diese Kantone unterscheiden sich auf vielen Ebenen von anderen Regionen. Hier konnte sich die Reformation nicht durchsetzen, sie sind bis heute katholisch geprägt. Nach wie vor ist die Zentralschweiz das Zentrum der traditionellen Schweizer Parteien. Der konfessionelle Graben zu den anderen Kantonen ist mit der Zeit geringer geworden, wirtschaftliche Gräben konnten aber nicht verhindert werden, denn die Kantone der Zentralschweiz haben sich zu wirtschaftsliberalen Zentren gewandelt.
So entwickelten sich Zug, Schwyz und Nidwalden zu wohlhabenden Kantonen. Dies gelang durch den Verzicht auf eine hohe Besteuerung der Einkommen. Trotzdem stieg das Steuereinkommen an. Der Kanton Zug konnte zum Beispiel aufgrund seiner wirtschaftsfreundlichen Steuerpolitik von einem der ärmsten zum heute wohlhabendsten Kanton werden. Hier sind die größten privaten Schweizer Arbeitgeber ansässig. Viele Holdings haben hier ihren Sitz, da die Unternehmensbesteuerung, auch im internationalen Vergleich, auf einem sehr niedrigen Niveau ist. Heute ist Zug der größte Träger des interkantonalen Finanzausgleichs.
Bei der Auswahl der Kantone ist es aus den oben genannten Gründen sinnvoll, neben den steuerlichen und rechtlichen Aspekten die anderen interkantonalen Unterschiede im Blick zu haben. Bei einer Auswanderung in die Schweiz sind wirtschaftliche Faktoren sicherlich ein wichtiger Antrieb. Damit die Schweiz zur Heimat werden kann und eine Integration in den neuen Wohnort gelingt, müssen die Mentalitätsunterschiede ebenso berücksichtigt werden. Bei der Auswahl der Kantone ist es aus den oben genannten Gründen sinnvoll, neben den steuerlichen und rechtlichen Aspekten die anderen interkantonalen Unterschiede im Blick zu haben. Bei einer Auswanderung in die Schweiz sind wirtschaftliche Faktoren sicherlich ein wichtiger Antrieb. Damit die Schweiz zur Heimat werden kann und eine Integration in den neuen Wohnort gelingt, müssen die Mentalitätsunterschiede ebenso berücksichtigt werden. Dabei sollte geprüft werden, ob eine ländlichere und vielleicht traditioneller geprägten Region, oder ein wirtschaftliches, städtisch geprägtes Zentrum besser zur eigenen Persönlichkeit und nicht zuletzt zu den eigenen familiären Zielen passen. Wichtig ist, sich damit vor der Auswanderung auseinanderzusetzen. Da die steuerlichen Unterschiede deutlich sind, kann ein Kantons- oder sogar ein Gemeindewechsel im Nachgang große Auswirkungen haben und sich nachteilig auf den Einbürgerungsprozess auswirken. Wichtig ist, sich damit vor der Auswanderung auseinanderzusetzen. Da die steuerlichen Unterschiede deutlich sind, kann ein Kantons- oder sogar ein Gemeindewechsel im Nachgang große Auswirkungen haben und sich nachteilig auf den Einbürgerungsprozess auswirken.
Wir beraten Sie bei all Ihren Fragen rund um einen Zuzug in die Schweiz gerne!