Vorsorge durch eine vorweggenommene Erbfolge
Vorsorge ist bekanntlich besser als Nachsorge. Dies gilt auch für erbschaftsteuerlich relevante Sachverhalte.
Eine Erhöhung der Erbschaftsteuerfreibeträge wird von der Politik immer wieder diskutiert, die tatsächliche Umsetzung unterbleibt jedoch seit 2009. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise stark gestiegen.
Eine vorweggenommene Erbfolge, das heißt, eine lebzeitige Vermögensübertragung auf die nachfolgende Generation, ist daher ein beliebtes Mittel, um eine ansonsten im Erbfall entstehende Erbschaftsteuer zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden: Da die Erbschaft- und Schenkungssteuerfreibeträge alle zehn Jahre erneut wieder aufleben, können damit alle zehn Jahre Vermögenswerte in Höhe des Schenkungssteuerfreibetrages auf die nachfolgende Generation übertragen werden. Vor diesem Hintergrund ist es gängige Praxis, Immobilien beispielsweise unter Vorbehaltsnießbrauch auf die nachfolgende Generation zu übertragen.
Erbschaftsteuerfalle: Vermögen zwischen den Ehegatten ungleich verteilt
Von jedem Elternteil können Vermögenswerte in Höhe von jeweils EUR 400.000 an je ein Kind erbschaft- und schenkungssteuerfrei übergehen. Problematisch ist dies jedoch dann, wenn sich - wie so oft - bei einem Ehegatten der Großteil des Vermögens kumuliert. Denn auch während einer Ehe bleiben die Vermögen der Eheleute grundsätzlich getrennt. Gehört der Großteil des Vermögens nun nur einem Ehegatten, dann reichen zum einen die Erbschaft- und Schenkungssteuerfreibeträge meist nicht aus, um das Vermögen von einem Elternteil steuerfrei auf die nachfolgende Generation zu übertragen und zum anderen bleibt der Schenkungssteuerfreibetrag der Kinder von je EUR 400.000 gegenüber dem vermögenslosen Elternteil meist völlig ungenutzt.
Güterstandschaukel als Ausweg?
Um diese Erbschaftsteuerfalle zu vermeiden, kann eine Güterstandschaukel eine sinnvolle Strategie sein. Dies setzt jedoch voraus, dass die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben. Ist dies der Fall, so kann die Zugewinngemeinschaft durch notariell vereinbarte Gütertrennung zunächst aufgelöst werden und die entstandene Zugewinnausgleichsforderung des einen Ehegatten steuerfrei ausgeglichen werden.
Der jeweilige Zugewinn der Ehegatten errechnet sich durch eine Differenz des jeweiligen Anfangsvermögen von dem jeweiligen Endvermögen des Ehegatten. Haben beispielsweise beide Ehegatten beim Eintritt in die Ehe kein Vermögen, so ist ihr jeweiliges Anfangsvermögen gleich null. Hat nun Ehegatte A während der Ehe ein Vermögen von EUR 5 Mio. erwirtschaftet, so liegen sein Endvermögen sowie sein Zugewinn bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft bei EUR 5 Mio. Ehegatte B hingegen hat während der Ehe lediglich ein Vermögen von EUR 500.000 erzielt, so betragen sein Endvermögen sowie sein Zugewinn EUR 500.000. Die Zugewinnausgleichsforderung berechnet sich nun dadurch, dass der geringere Zugewinn von dem höheren Zugewinn abgezogen wird und das Ergebnis halbiert wird. Dies führt zu einer Zugewinnausgleichsforderung des B gegenüber A in Höhe von EUR 2,25 Mio. (EUR 5 Mio. Zugewinn des A abzüglich EUR 500.000 Zugewinn des B = EUR 4,5 Mio. geteilt durch 2). Durch diese Vorgehensweise könnte in diesem Fall Vermögen in Höhe von EUR 2,25 Mio. von A an B übertragen werden und so das Vermögen zwischen den Ehegatten zunächst gleichmäßiger verteilt werden.
Im Anschluss daran könnte wiederum Vermögen von beiden Elternteilen auf die Kinder übertragen werden und damit die Schenkungssteuerfreibeträge der Kinder gegenüber den Eltern ggf. voll ausgenutzt werden: Bei einer Familie mit zwei Kindern können so nicht nur EUR 800.000 (je EUR 400.000 von Elternteil A auf Kind C und D) auf die Kinder übertragen werden, sondern insgesamt gleich EUR 1,6 Mio. (je EUR 400.000 von Elternteil A auf Kind C und D sowie je EUR 400.000 von Elternteil B auf Kind C und D). Erfolgt die lebzeitige Übertragung frühzeitig (zehn Jahre vor dem Erbfall), so kann dies für die Erbschaftsteuerlast der Erben einen erheblichen Unterschied machen, da der Erbschaftsteuerfreibetrag nun im Erbfall wieder zur Verfügung steht.
Im Anschluss an die ehevertraglich vereinbarte Gütertrennung kann schließlich auch wieder in die Zugewinngemeinschaft durch erneuten Ehevertrag „zurückgeschaukelt“ werden.
Zugewinn ausgleichen durch Übertragung von Aktien oder Kryptowährungen
Obgleich die Zugewinnausgleichsforderung grundsätzlich ein reiner Geldanspruch ist, kann vertraglich vereinbart werden, dass der Anspruch statt in Geld durch die Hingabe eines anderen Vermögensgegenstandes erfüllt wird. Besteht der Großteil des Vermögens beispielsweise aus Kryptowährungen, so könnte der Zugewinnausgleichsanspruch durch Übertragung von Krypto-Assets erfüllt werden. Um keine Einkommenssteuer auszulösen, ist hierbei jedoch unbedingt auf die Einhaltung der im Einkommenssteuergesetz geregelten einjährigen Wartefrist zu achten, wonach die Anschaffung der übertragenen Krypto-Assets länger als ein Jahr vor Übertragung erfolgt sein muss. Für den zugewinnausgleichsberechtigten Ehegatten ist wiederum ebenfalls darauf zu achten, dass er die zugewendeten Kryptowährungen ebenfalls ein Jahr in seinem Vermögen belässt, damit nicht auch bei ihm Einkommenssteuer ausgelöst wird.
Fazit
Ist das Vermögen der Ehegatten ungleich verteilt, kann im Erbfall eine erhebliche Erbschaftsteuerlast entstehen. Eine lebzeitige Vermögensübertragung lässt in diesem Fall nur einen begrenzten Spielraum zu und es bleiben womöglich potentiell auszunutzende Erbschaftsteuerfreibeträge ungenutzt. Eine Güterstandschaukel kann in diesem Fall ein attraktiver Schritt in Richtung einer gut durchdachten Vermögensnachfolge sein.
Dana Freber ist Rechtsanwältin und seit 2021 Partnerin bei Freber & Partner mbB – Steuerberater und Rechtsanwältin. Ihre interdisziplinär tätige Kanzlei bietet rechtliche und steuerrechtliche Beratung aus einer Hand an - rund um die Themen private und unternehmerische Nachfolgegestaltung sowie Kryptowährungen.
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