
Die Family Governance in Stiftungen steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Technologische Innovationen, gesellschaftliche Veränderungen und neue regulatorische Rahmenbedingungen stellen etablierte Modelle vor Herausforderungen. Während klassische Governance-Strukturen von persönlichen Treffen und individuellen Abstimmungen geprägt waren, gewinnen digitale Tools, Künstliche Intelligenz (KI) und Blockchain zunehmend an Bedeutung.
Smarte Verträge könnten zukünftig eine transparente und automatisierte Governance ermöglichen, während hybride Modelle den Einfluss familiärer Werte mit professioneller Führung kombinieren.
In diesem vierten und letzten Artikel unserer Serie werden aktuelle Trends, innovative Ansätze und praktische Empfehlungen für Unternehmerfamilien beleuchtet, um eine zukunftsfähige Family Governance in Stiftungen zu entwickeln. Dabei zeigt sich: Erfolgreiche Governance setzt auf eine intelligente Balance aus Tradition und Innovation.
Die Digitalisierung beeinflusst zunehmend die Governance-Strukturen von Stiftungen. Technologien wie Blockchain ermöglichen transparente und fälschungssichere Transaktionen, was die Vertrauensbasis innerhalb der Familie stärken kann.
Smart Contracts könnten automatisierte Abläufe in der Vermögensverwaltung und Entscheidungsfindung unterstützen. Während diese Technologien in anderen Wirtschaftsbereichen bereits eingesetzt werden, sind sie in der Family Governance noch selten anzutreffen.
Eine empirische Studie von Ulrich et al. (2023) zeigt, dass insbesondere kleine und mittlere Familienunternehmen in Deutschland KI bisher zögerlich einsetzen und oft skeptisch gegenüber einer Automatisierung ihrer Governance-Prozesse sind.
Eine große Herausforderung bleibt, technologische Innovationen mit den etablierten familiären Entscheidungsprozessen zu verbinden, um sowohl Effizienz als auch den Zusammenhalt innerhalb der Familie zu fördern. Zudem gewinnt die Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung: ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) spielen eine immer größere Rolle und können Governance-Prozesse langfristig beeinflussen. Unternehmen, die sich frühzeitig auf ESG-Anforderungen einstellen, profitieren langfristig von einer besseren Marktpositionierung und stabileren Geschäftsbeziehungen.
Innovative Governance-Modelle für Stiftungen
Hybride Governance-Modelle, die familiäre Werte mit externer Expertise verbinden, gewinnen an Relevanz. Ein Ansatz ist die Implementierung beratender Beiräte, die externe Perspektiven einbringen und strategische Entscheidungen unterstützen. So hat beispielsweise das Familienunternehmen BabyOne einen Beirat eingeführt, um externe Impulse zu erhalten und betriebliche Betriebsblindheit zu vermeiden (PwC Österreich, 2023).
Ein weiteres Beispiel ist das hybride Vermögensverwaltungsmodell für Family Offices, bei dem interne Teams die strategische Ausrichtung vorgeben und externe Manager die operative Umsetzung übernehmen (Altoo AG, 2022).
Diese Ansätze zeigen, dass eine Kombination aus familiärer Mitbestimmung und externer Professionalisierung eine stabile Grundlage für langfristigen Erfolg bietet. Zusätzlich wird diskutiert, inwieweit gemeinnützige Stiftungen stärker von Governance-Modellen profitieren könnten, die Elemente aus der Privatwirtschaft integrieren – etwa die Nutzung von Performance-Metriken zur Erfolgsmessung oder die Einführung von innovationsfördernden Anreizsystemen.
Familienunternehmen und Stiftungen, die sich für eine hybride Struktur entscheiden, profitieren oft von einem besseren Risikomanagement und einer höheren Akzeptanz in der Gesellschaft.
Empfehlungen für Unternehmerfamilien und Stiftungen
Für eine erfolgreiche Family Governance sind klare Verantwortlichkeiten, regelmäßiger Austausch und eine frühzeitige Nachfolgeplanung essenziell. Die Implementierung transparenter Kommunikationsstrukturen stärkt das Vertrauen und fördert die Einbindung aller Familienmitglieder in Entscheidungsprozesse.
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Familienverfassung, die als zentrale Richtlinie für Entscheidungsfindungen dient. Empirische Untersuchungen zeigen, dass Familienunternehmen mit formellen Governance-Strukturen stabiler durch Krisen navigieren als solche ohne klare Regeln (Le Breton-Miller & Miller, 2018). Zudem sollten Governance-Verträge regelmäßig überprüft und an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.
Hierbei kann es sinnvoll sein, externe Berater einzubeziehen, die mit einem neutralen Blick mögliche Schwachstellen aufdecken. Darüber hinaus sollten regelmäßige Schulungen für Familienmitglieder stattfinden, um deren Verständnis für Governance-Prozesse zu fördern und langfristig eine professionelle Führung sicherzustellen.
Die frühzeitige Einbindung der nächsten Generation ist dabei von entscheidender Bedeutung: Studien belegen, dass ein geordnetes und geplantes Nachfolgekonzept das Risiko interner Konflikte deutlich reduziert und den Fortbestand der Stiftung sichert.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Weiterentwicklung der Family Governance in Stiftungen erfordert die Integration technologischer Innovationen und die Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen. Hybride Modelle, die familiäre Werte mit professioneller Führung und externer Expertise verbinden, bieten vielversprechende Ansätze.
Zukünftige Forschungen sollten die langfristigen Auswirkungen dieser Governance-Mechanismen untersuchen und praxisnahe Leitlinien für deren Implementierung entwickeln. Unternehmerfamilien sind gefordert, proaktiv auf diese Veränderungen zu reagieren, um die Nachhaltigkeit und den Erfolg ihrer Stiftungen zu sichern. Besonders der Einsatz von KI und Blockchain könnte in den kommenden Jahren zu einem Paradigmenwechsel in der Family Governance führen.
Die entscheidende Frage bleibt: Wie können neue Technologien so integriert werden, dass sie den Zusammenhalt der Familie stärken, anstatt ihn zu gefährden? Die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit digitale Lösungen dazu beitragen können, langfristig tragfähige Governance-Strukturen zu schaffen.
Literaturverzeichnis
Altoo AG (2022): Hybrides Modell der Vermögensverwaltung für Family Offices*. Abgerufen von https://altoo.io/de/hybridmodell-der-vermogensverwaltung-fur-family-offices/.
PwC Österreich (2023): Nachfolge in Familienunternehmen. Abgerufen von https://www.pwc.at/de/branchen/family-business/intes-unternehmermagazin.html.
Ulrich, P., Frank, V., & Buettner, R. (2023): Artificial intelligence in small and medium-sized family firms: An empirical study on the impact of family influence. In: Corporate Governance and Organizational Behavior Review, 7(1), S. 72—80.
Le Breton-Miller, I., & Miller, D. (2018). Beyond the Firm: Business Families as Entrepreneurs. In: Entrepreneurship Theory and Practice 42(4), S. 527—536.