Änderung der Rechtsprechung des BFH in Fällen einer durch mittelbare Beteiligung begründeten Betriebsaufspaltung (BFH, Urt. v. 16.09.2021 - IV R 7/18, DStR 2022, 189)
Nicht selten ergibt sich oder ergeben sich erst im Scheidungsfall, bei Erbfolgen oder bei unbedachten Anteilsübertragungen im Familienkreis steuerrechtlich eine relevante Betriebsaufspaltung oder mehrere in verschiedenen Konstellationen. Aber auch für Stifter stellt sich oft die Frage, ob eine Beteiligungsträgerstiftung eine Betriebsaufspaltung effektiv vermeiden kann, wenn diese unmittelbar an einem ansonsten personell verflochtenen Besitz- oder Betriebsunternehmen beteiligt werden soll und so für eine unmittelbare personelle Trennung der Beherrschungsverhältnisse sorgt?
Betriebsaufspaltung: Einbeziehung von mittelbaren Beteiligungen
Nach der Rechtsprechung des BFH vom 16.09.2021 bedarf es für die Klärung dieser Frage regelmäßig auch der Einbeziehung von mittelbaren Beteiligungen an Körperschaften. So bedarf es im Vorfeld einer genauen Überprüfung dahingehend, ob sich aus den Umständen des Einzelfalls eine solche Beherrschungsidentität ergibt, dass zwischen einem steuerlichen Besitz- und Betriebsunternehmen eine sog. Betriebsaufspaltung anzunehmen ist.
Die Betriebsaufspaltung: Eine Begriffsklärung
Eine Betriebsaufspaltung liegt klassischer Weise vor, wenn eine in Besitz- und Betriebsunternehmen beherrschende Person, welche in der Lage ist in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (BFH, Urt. v. 16.09.2021 - IV R 7/18, DStR 2022, 189), entgeltlich oder unentgeltlich eine wesentliche Betriebsgrundlage an die Betriebs-Kapitalgesellschaft überlässt. Klassischerweise gilt als wesentliche Betriebsgrundlage bereits das vom beherrschenden Anteilseigner überlassene Betriebsgrundstück, an dem das Betriebsunternehmen seinen Sitz bzw. seine Geschäftsleitung hat.
Personelle Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung
Von besonderem Interesse kann in solchen Fällen die Vermeidung einer personellen Verflechtung sein. Für die personelle Verflechtung ist entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Person oder Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen (BFH Urt. v. 28.05.2020 - IV R 4/17 - BFHE 269, 149, BStBl. II 2020, 710, Rz 27, m.w.N.). In diesem Zusammenhang wird eine Beherrschungsidentität regelmäßig durch die Mehrheitsbeteiligung von Gesellschaftern an Besitz- und Betriebsunternehmen indiziert (BFH Urt. v. 20.05.2021 – IV R 31/19, BStBl. II 2021, 768, Rz.24 f.).
Übertragbarkeit auf Beteiligungsträgerstiftungen
Bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH war es grundsätzlich gleichgültig, ob es sich bei der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Aktiengesellschaft (AG) handelte (vgl. BFH Urt. v. 01.04.1981 - I R 118/80, BStBl. II 1982, 662). Auch für Stiftungen gelten vorstehende Grundsätze entsprechend, wie der BFH bereits in seinem Urteil vom 16.06.1982 (vgl. BFH Urt. 16.06.1982 - I R 118/80, BStBl. II 1982, 662) entschieden hat. Eine personelle Verflechtung sollte nach dieser Entscheidung für eine Stiftung aber nur dann anzunehmen sein, wenn eine faktische Beherrschung der hinter der Stiftung stehenden Personen, etwa über die Funktion als Stiftungsvorstand anzunehmen ist.
Einzelfallgerechte Stiftungssatzung
Will der Stifter eine solche faktische Beherrschung und personelle Verflechtung des Stiftungsvorstands vermeiden, sollte bereits bei der Erstellung der Satzung einer Stiftung ein besonderes Augenmerk auf die einzelfallgerechte Ausgestaltung und Vermeidung einer faktischen Beherrschung im Sinne der Rechtsprechung des BFH geachtet werden.
Rechtsprechungswandel des IV. Senats des BFH
Wurde von der bisherigen Rechtsprechung des BFH vor allem eine Unterscheidung zwischen einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft am Betriebsunternehmen und einer solchen am Besitzunternehmen vorgenommen und eine personelle Verflechtung nur für Beteiligungen am Besitzunternehmen bejaht, wurde diese sachlich unbegründete Differenzierung nunmehr mit Urteil des IV. Senats des Bundesfinanzhofs vom 16.09.2021 ausdrücklich aufgegeben. Auf Anfrage des IV. Senats des BFH hat sich dieser Rechtsprechungsänderung auch der III. Senat angeschlossen.
Nach dem Leitsatz der Entscheidung vom 16.09.2021 ist auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen.
Fazit:
Die Rechtsprechungsänderung gibt für bestehende Beteiligungsträgerstiftungen Anlass ihre ertragsteuerliche Lage im Hinblick auf das Vorliegen einer personellen Verflechtung durch mittelbare Beteiligung an Betriebsunternehmen zu überprüfen. Stifter, die in der Errichtungsphase ihrer Stiftung sind, sollten auch etwaige mittelbare personelle Verflechtungen bei Beteiligungsträgerstiftungen auf eine faktische Beherrschung hin untersuchen lassen und bei der Satzungserstellung berücksichtigen.