Die Stiftung – eine familienexterne Lösung?

Die Familienstiftung als Option zur generationenübergreifenden Unternehmensfortführung.

 

VON THORSTEN KLINKNER

 

Es gibt Vorurteile zur Stiftung, die mir in meiner Beraterpraxis immer wieder begegnen. Oft wird die Stiftung als Vehikel für die Vermögensnachfolge gehandelt, wenn keine eigenen Kinder vorhanden sind oder „sie nicht wollen oder können.“ Doch damit wird man der Stiftung nicht gerecht, denn die Stiftung ist eine Option zur generationenübergreifenden und nachhaltigen Unternehmensfortführung.


Du hast doch fähige Kinder. Du benötigst doch keine Stiftung.

Vielfach besteht die Vorstellung, eine Stiftung sei dann das richtige Instrument zur Gestaltung der Vermögensnachfolge, wenn der Vermögensinhaber

  1. keine Kinder hat,
  2. die Kinder nicht im Unternehmen arbeiten möchten,
  3. Kinder – nach Auffassung Ihrer Eltern – nicht „geeignet“ sind. Dabei bleibt unklar, auf was sich diese vermeintlich fehlende „Eignung“ bezieht.

In meiner Beratungspraxis ist es vor diesem Hintergrund bereits vorgekommen, dass einem Unternehmer mit Stiftungsgedanken gesagt wurde: „Du hast doch fähige Kinder. Du benötigst keine Stiftung“. Diese Denkweise finden Sie nicht nur im deutschsprachigen Raum. Auch im angloamerikanischen Rechtskreis ist eine ähnliche Formulierung bekannt: „If you don’t trust your kids – build a trust“.

 

Doch was bedeutet das „schlussendlich“?

 

Eine Stiftungs-„Lösung“ erscheint so gesehen als Ausweg, wenn niemand aus der Familie „will oder kann.“ Konsequent wird damit die Gründung einer Stiftung als „externe“ Lösung betrachtet, für die „intern“ niemand Verantwortung tragen muss.

 

Damit werden die Dinge jedoch völlig durcheinander gebracht.

Die Stiftung – eine familienexterne Lösung?

Welche Fähigkeiten braucht die kommende Generation für eine Stiftung?

 

Um diese Frage umfassend zu beantworten, sollten wir drei Ebenen betrachten.

 

Die erste Ebene: Aktivität

 

Eine Stiftung als Dach der unternehmerischen Aktivitäten hat zunächst nichts mit den „Fähigkeiten“ der nächsten Generation zu tun, ein Unternehmen zu führen.

 

Jedes Unternehmen braucht eine kompetente Geschäftsführung. Das gilt unabhängig von der rechtlichen Strukturierung der Gesellschafter- /Eigentümerebene.

 

Auch in einem stiftungsverbundenen Unternehmen ist eine fähige Geschäftsführung erforderlich. Das können Familienmitglieder sein, müssen es jedoch nicht.

 

Auch in diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, wenn niemandem etwas aufgezwungen wird, sondern jedes Familienmitglied frei entscheiden kann, wie es den persönlichen Lebensweg gestaltet und inwieweit es sich in die Unternehmensnachfolge einbringen möchte.

 

Die zweite Ebene: Gestaltung der Verantwortungsübernahme als Gesellschafter

 

Auf einer zweiten Ebene sollte reflektiert werden, ob die nächste Generation Gesellschaftsanteile übernehmen möchte. Damit gehen Aufgaben einher wie:

  1. Die Wahl der Rechtsform.
  2. Die Finanzierung des Unternehmens.
  3. Die Entscheidung über die Entwicklung des Geschäftsmodells.
  4. Die Auswahl und Kontrolle der Geschäftsführung.
  5. Die Entscheidung über mögliche Umwandlungen des Unternehmens oder einen Unternehmensverkauf.

Auch diese Entscheidungen verlangen Aktivität.

 

Wenn von einem „passiven“ Gesellschafter gesprochen wird, ist damit sinnvoll lediglich gemeint, dass dieser zwar Mitglied der Gesellschaft, aber nicht auch noch im Unternehmen direkt tätig ist.

 

Auch in einer Stiftungs-Struktur muss jemand diese Gesellschafteraufgaben wahrnehmen. Dies sind die Mitglieder der Stiftungsorgane - in der Regel der Stiftungsvorstand. Entgegen der verbreiteten Meinung besteht in Deutschland eine Vielfalt von Möglichkeiten zur Ausgestaltung der „foundation governance“.

 

So ist es unter anderem möglich, dass die Gesellschafterrechte von einer Person ausgeübt werden, und andere Personen sich um die Vermögensverwaltung der Stiftung und die familiäre Zweckverwirklichung kümmern.

 

Sämtliche Aufgaben können wiederum von einem Familienmitglied verantwortet werden oder einem Dritten. In meiner Praxis übernimmt die Familie in der Regel federführend diese Aufgabe.

 

Aus diesem Grund sollte die Gestaltung der Unternehmensfortführung daher von den beteiligten Menschen ausgehen. Wer sich an welcher Stelle einbringen möchte, ist ein Diskussionsgegenstand, der einer Klärung innerhalb der Familie bedarf.

 

Die dritte Ebene: Die Fähigkeiten der nachfolgenden Generation

 

Fähigkeiten, egal welche, aber auch die der nachfolgenden Generation, entstehen durch Ausbildung und Tun. Ihre Entwicklung gedeiht am besten mit der Unterstützung und Ermutigung erfahrener Persönlichkeiten.

 

Wer seine Kinder für „unfähig“ hält, sollte darüber nachdenken, welcher Maßstab dabei angelegt wird und welchen Anteil er an dieser Einschätzung seines Nachwuchses hat.

 

Ich begleite zahlreiche Mehrgenerationenprojekte, in denen Stiftung und stiftungsverbundenes Unternehmen von der Familie geführt werden und die Struktur zur Zufriedenheit aller Beteiligten wirkt. Die Stiftung ist dabei ein Instrument zur aktiven Unternehmensfortführung.

 

 

Fazit:

 

Immer mehr Familienunternehmen entscheiden sich für die Einrichtung einer unternehmensverbundenen Stiftung. Damit können sie ein langfristiges Engagement für familiäre und/oder gemeinnützige Zwecke verwirklichen, und gleichzeitig eine effektive Lösung zur Unternehmensnachfolge schaffen.

 

Menschen können zu jedem Zeitpunkt und mit entsprechendem Willen Fähigkeiten erlernen, einschließlich der „Gesellschafterkompetenz“, die für eine effektive Zusammenarbeit, ein erfolgreiches Management der Stiftung und des Unternehmens unerlässlich sind.

 

Fehlendes Vertrauen und mangelnde Wertschätzung innerhalb der Familie können zu großen Problemen führen und sich auch negativ auf das Unternehmen auswirken. Ein sorgfältiger Prozess zur Gründung einer unternehmensverbundenen Stiftung kann ein sehr guter Anlass sein, schwelende Konflikte auf Augenhöhe anzusprechen und zu klären.

 

 

Weiterführende Links zu diesem Thema: