Grunderwerbsteuer beim Aufbau von Stiftungsstrukturen (Teil 4 von 4)
VON THORSTEN KLINKNER
In Teil 4 unserer vierteiligen Stifterbriefreihe zur Grunderwerbsteuer möchten wir Ihnen aufzeigen, wie sich die jüngste Rechtsprechung des BFH vom 21./22.08.2019 im Kontext der besonderen Steuerbefreiung für Umwandlungen gemäß § 6a GrEStG auf den Fall einer Beendigung einer Betriebsaufspaltung auswirkt.
Thematische Einordnung
Bis zur Entscheidung des BFH im Jahr 2019 war umstritten, ob und in welchem Umfang die besondere Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern reguläre Anwendung finden soll, insbesondere in Fallkonstellationen in denen eine natürliche Person als herrschendes Unternehmen gilt. Damit waren in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht insbesondere die Einordnung von Betriebsaufspaltungskonstellationen unklar.
Für Stifter hat dies in Vorbereitung einer Stiftungserrichtung in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht bedeutet, dass sie bei vorliegender Betriebsaufspaltung neben ertragsteuerlichen Auswirkungen auch grunderwerbsteuerliche Auswirkungen beachten mussten. In der nachstehenden Reihe von Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof anlässlich der Befassung mit § 6a GrEStG auch für Betriebsaufspaltungskonstellationen wichtige Rahmenbedingungen geklärt.
Rechtssprechungsreihe vom 21.08.2019 und 22.08.2019
In gleich sechs Urteilen vom 21.08.2019 und 22.08.2019 (Az: II R 16/19 bis II R 21/19) hat der BFH klargestellt, dass die besondere Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern auch alle Umwandlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG berücksichtigt. Umfasst sind hiernach die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Die Nichterhebung der Steuer setzt hiernach voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein (oder mehrere) von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften, oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Hierbei ist der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nicht auf solche Umwandlungsvorgänge beschränkt, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem Umwandlungsvorgang auch weiter besteht.
Alleingesellschafter eines Betriebsunternehmens als herrschendes Unternehmen
Eine Anwendbarkeit der Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern (§ 6a GrEStG) besteht nach den Urteilen des BFH vom 21.08.2019 und 22.08.2019 selbst dann, wenn - wie von § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG ausdrücklich vorgesehen - eine Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen wird und dieser das Vermögen der Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolger übernimmt. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann ein herrschendes Unternehmen (§ 6a GrEStG) sein. Er ist über seine Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftlich tätig. Einer Tatbestandseinschränkung des § 6a GrEStG auf nur bestimmte Verschmelzungsvorgänge - wie von der Finanzverwaltung vertreten - lässt sich nach Auffassung des BFH der Vorschrift nicht entnehmen.
Wer verschmelzungsfähiger Rechtsträger ist, ergibt sich aus § 3 UmwG. Hiernach können natürliche Personen nur als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen. Eine Verschmelzung von einer natürlichen Person auf einen anderen Rechtsträger sieht § 3 UmwG hingegen nicht vor. Diese Rechtsauffassung begründet der BFH damit, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 6a GrEStG auf nur bestimmte nach dem UmwG zulässige Verschmelzungen hätte ausdrücklich regeln können.
Hiernach lässt sich auch in Fällen einer einzelunternehmerischen Betriebsaufspaltung das Einzelunternehmen als herrschendes Unternehmen begreifen, über das der Stifter als Alleinunternehmer beherrschenden Einfluss über eine Betriebskapitalgesellschaft ausüben kann. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsprechung und der Umstände des Einzelfalls ist eine grunderwerbsteuerneutrale Verschmelzung des herrschenden Unternehmens auf die Betriebskapitalgesellschaft möglich.
Bisherige gegenteilige Verwaltungsauffassung der Finanzverwaltung
Anlässlich seiner Rechtsprechungsreihe zur Anwendbarkeit von § 6a GrEStG stellt der BFH zugleich ausdrücklich klar, dass die gegenteilige Verwaltungsauffassung der Finanzverwaltung (gleich lautende Erlasse vom 19.06.2012, BStBl. I 2012, 662) nicht mit dem Wortlaut, der Systematik, oder dem Sinn und Zweck des § 6a GrEStG vereinbar ist, insbesondere findet der von der Finanzverwaltung geprägte „Verbund“-Begriff keine gesetzliche Anknüpfung.
Fazit
Durch die Einführung der besonderen Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern (§ 6a GrEStG) hat der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für eine grunderwerbsteuerneutrale Umstrukturierung deutlich verbessert. Stifter von betriebsaufspaltungsbelasteten Unternehmen können je nach Einzelfall prüfen, ob im Zuge einer Umwandlung im Sinne des § 6a GrEStG grunderwerbsteuerneutral Immobilienvermögen auf eine Betriebskapitalgesellschaft übertragen werden kann.
Im Einzelfall bedarf die Übertragung betriebsaufspaltungsbelasteter Unternehmungen allerdings einer genauen steuerlichen Analyse. Neben der Grunderwerbsteuer sind insoweit auch die ertragsteuerlichen Auswirkungen zu beachten. Vergleichen Sie hierzu auch unseren folgenden Beitrag.