VON THORSTEN KLINKNER
Die gesetzliche Erbfolge in der Landwirtschaft
Landwirte mit ihren landwirtschaftlichen Betrieben sind ebenfalls dem Wandel der Zeit unterlegen. Da wo sie früher noch der Nah- und Eigenversorgung dienten, sind sie heute Unternehmer im eigenen Unternehmen. Also heißt es auch hier, eine Unternehmensnachfolge zu planen, was wiederum bedeutet, sich mit den jeweils für Sie maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen, die von Bundesland zu Bundesland variieren können, zu befassen.
So gilt in den Bundesländern Hamburg, Niedersachen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eine Höfeordnung, die ein besonderes Erbrecht zur Verfügung stellt. Befindet sich Ihr Hof in einem anderen Bundesland, so gelten dort entweder ein spezielles landesrechtliches Anerbenrecht oder die allgemeinen Regeln des BGB zum Erbrecht sowie zum Landguterbrecht.
Warum gibt es erbrechtliche Sonderregelungen wie die Höfeordnung und wie gestalten sie sich?
Das Ziel ist es, eine Zerschlagung des Unternehmens „Landwirtschaft“ zu vermeiden. Im Sinne der Höfeordnung kann deswegen Ihr „Hoferbe“ immer nur eine einzelne Person sein, selbst wenn Sie mehrere Kinder haben; eine Ihnen folgende Erbengemeinschaft gibt es nicht. Wer nicht Hoferbe wird, wird abgefunden. Aber dies nur in einem geringen Umfang, nämlich bemessen am Einheits- und nicht am Verkehrswert. Es soll eine hohe wirtschaftliche Belastung des Hofs ausgeschlossen werden, weil die Versorgung der Bevölkerung als ein besonderes schützenswertes Gut angesehen wird.
In Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, im Saarland, in Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen gibt es kein Anerbenrecht und keine Höfeordnung. Hier wird der Hof dann nach ganz normalem Erbrecht vererbt. Dabei können aber die besonderen Bestimmungen des BGB-Landguterbrechts (§ 2049 und § 2312 BGB) zur Anwendung kommen. Diese können bewirken, dass ein Pflichtteil, weit unter dem eigentlich nach dem Verkehrswert zu errechnenden Pflichtteil, auszuzahlen ist oder der Hof von einem von Ihnen bestimmten Übernehmer zu Vorzugsbedingungen übernommen werden kann. Fällt der Hof nach normalem Erbrecht ohne Anerbenrecht an eine Erbengemeinschaft, besteht die Möglichkeit, dass sich einer der Miterben den Hof vom Landwirtschaftsgericht durch Beschluss unter gleichzeitiger Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung an die Miterben alleine zuweisen lässt (Hofzuteilungsverfahren).
Gibt es ein besonderes Landes-Anerbenrecht wie zum Beispiel in Bremen, so ist zunächst zu beachten, dass verschiedene Bundesländer, welche Anerbenrechte vorsehen, auch hierzu wiederum Sondererbfolgen vorsehen. Bei einigen landesrechtlichen Anerbenrechten wird der Hof im Wege der Sondererbfolge von selbst und automatisch an den Hoferben übergehen. Andere Länder sehen nur ein vermächtnisähnliches Recht des Anerbens vor, den Hof aus der Erbschaft heraus zu verlangen. Andere Anerbenrechte sehen zum Beispiel vor, dass der Hof von der Erbengemeinschaft auf den Anerben übertragen wird. Wichtig ist allerdings, dass Anerbenrechte keine Zwangserbrechte sind. Hier könnten Sie also durch Testament eine andere Erbfolge als die Anerbenfolge anordnen.
Erbrechtliche Höfeordnung: Wann hat Ihr Hof Hofeigenschaften?
Voraussetzung für die vorgenannten erbrechtlichen Regelungen ist, dass Ihr Hof auch die Eigenschaften eines hiervon umfassten Hofes hat: Ihr Hof ist im Grundbuch mit einem Hofvermerk versehen. Sie müssen hauptberuflich mit ihrem Hof pflanzliche oder tierische Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder Tierhaltung gewinnen. Der Hof steht in Ihrem Alleineigentum, oder es handelt sich um einen Ehegattenhof. Das ist der Fall, wenn entweder der Hof und die dazugehörigen Grundstücke nach dem Grundbuch den Ehegatten gemeinsam gehören, oder wenn die Ehegatten eine sogenannte Hofeinführungserklärung abgegeben haben und diese im Grundbuch eingetragen ist. Der vom Finanzamt festgesetzte Wirtschaftswert des Hofes muss einen Mindestbetrag erreichen.
Erbrecht: Gelten die Sonderregelungen für Ihr gesamtes Erbe?
Ohne lebzeitige Übertragung und ohne erbrechtliche Regelung gilt hinsichtlich des Hofes die gesetzliche Erbfolge nach den Sonderregelungen für Höfe, die sogenannte Höfeordnung. Das betrifft ausdrücklich NUR den Hof. Das übrige Vermögen, welches nicht zum Hof gehört, wird nach dem allgemeinen Erbrecht vererbt. Das übrige Erbe wird also aufgespalten, sofern mehrere Erben vorhanden sind.
Wie können Sie den Eintritt der landwirtschaftlichen Sonderregelungen vermeiden?
Sind Sie nach den vorgenannten Kriterien Inhaber eines Hofes, so sind Sie jedoch nicht gezwungen, die Sonderregelungen gegen sich gelten zu lassen. Durch eine negative Hoferklärung beim Grundbuchamt können Sie den Hofvermerk löschen lassen, was dazu führt, dass die Sonderregelungen für Ihren Hof keine Anwendung mehr finden. Der Löschungsantrag bedarf allerdings der notariellen Beurkundung. Wichtig zu wissen: Es reicht nicht aus, etwa durch Testament zu bestimmen, dass Sie Ihren Hof nach dem allgemeinen Erbrecht vererben.
Die Hofeigenschaft kann auch dann entfallen, wenn Sie keine negative Hoferklärung beim Grundbuchamt abgeben. Wenn die oben genannten Voraussetzungen für die Hofeigenschaft aus tatsächlichen Gründen wegfallen, gilt der Hof nicht mehr als Hof im Sinne der Höfeordnung, auch wenn im Grundbuch noch ein Hofvermerk vorhanden ist. Die Voraussetzungen wären für Sie dann weggefallen, wenn Sie beispielsweise den landwirtschaftlichen Betrieb derart eingestellt haben, dass der landwirtschaftliche Betrieb nicht jederzeit wieder aufgenommen werden kann.
Auch die Verpachtung des Hofes oder von Hofteilen kann zu einem Wegfall der Eigenschaft führen. Maßgebend ist, ob die Hofstelle noch weiter betrieben wird, oder ob lediglich die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet wurden. Wenn also auch der Hof noch mit der Hofstelle vom Pächter betrieben wird, entfällt die Hofeigenschaft in der Regel nicht.
Fortsetzung folgt mit Teil 2: Eigene Gestaltungsmöglichkeiten in der Nachfolge.