VON THORSTEN KLINKNER
Dieser Stifterbrief geht auf die Besteuerung von liechtensteinischen Familienstiftungen bei Immobilieninvestitionen in Deutschland ein, wobei die steuerlichen Folgen bei dem Erwerb, dem Halten und bei der Veräußerung von Immobilien aufgezeigt werden. Im Fürstentum Liechtenstein gegründete Familienstiftungen gehören zu juristischen Personen und zum verselbständigten Vermögen nach dem Recht eines EU/EWR-Mitgliedstaates und besitzen als solche auch in der Bundesrepublik die volle Rechtsfähigkeit. Insbesondere können liechtensteinische Familienstiftungen im Inland Sachen und Rechte jeglicher Art, z.B. Immobilien, erwerben.
I. Eigentumserwerb an Immobilien in Deutschland durch liechtensteinische Familienstiftungen.
Bei Eigentumserwerb durch liechtensteinische Familienstiftungen ergeben sich im Vergleich zu deutschen Familienstiftungen zivilrechtlich regelmäßig keine Besonderheiten. So muss der Kaufvertrag über eine in Deutschland belegene Immobilie notariell beurkundet werden, unabhängig davon, ob die betreffende Immobilie bereits aufgrund des Stiftungsgeschäfts oder erst nach der Stiftungserrichtung durch weitere Vermögensübertragungen auf diese Familienstiftung übergeht. Das deutsche Recht lässt es nämlich nicht zu, dass das Eigentum an Sachen allein durch die Festlegung im Stiftungsgeschäft und die Anerkennung der Familienstiftung durch die Aufsichtsbehörde als rechtsfähig vom Stifter auf die Stiftung übergeht.
Bei Übertragung von Rechten - nach herrschender Meinung auch bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf eine Stiftung - ist es anders: hier erlaubt § 82 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Übergang der Kapitalgesellschaftsanteile auf die Familienstiftung auch ohne eine notarielle Beurkundung, die ansonsten z. B. bei der Übertragung vom GmbH-Anteilen obligatorisch ist.
Damit erwirbt eine liechtensteinische Familienstiftungen eine Immobilie im Inland regulär durch einen notariell zu beurkundenden Kauf- oder Schenkungsvertrag. Das Eigentum an der Immobilie geht auf die Familienstiftung allerdings nicht mit dem Abschluss des Kauf- oder Schenkungsvertrags, sondern erst mit der Eintragung des Eigentumsübergangs am betreffenden Grundstück im Grundbuch über. Zu beachten ist, dass der Kauf- oder Schenkungsvertrag mit der Familienstiftung fremdüblichen Kriterien entsprechen sollte: Hierzu gehört insbesondere der tatsächliche Übergang der Verfügungsmacht an der Immobilie auf die Familienstiftung und die fehlende Möglichkeit des Stifters oder diesem nahestehende Personen, Verfügungen über die veräußerte Immobilie vorzunehmen.
Fehlt dem Kauf- oder Schenkungsvertrag die Fremdüblichkeit, besteht die Gefahr, dass die deutsche Finanzverwaltung die Immobilie und die Erträge daraus auch nach dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang der Immobilie auf die Familienstiftung nach § 15 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) steuerrechtlich weiterhin dem Stifter zurechnet.
II. Die Behandlung des Eigentumserwerbs an der Immobilie im deutschen Steuerrecht.
Die Behandlung des Eigentumserwerbs an der Immobilie durch eine Familienstiftung in Liechtenstein richtet sich danach, ob die Immobilie unmittelbar von der Familienstiftung oder von deutschen Gesellschaften, deren Anteile die betreffende Familienstiftung hält, erworben worden ist.
1. Eigentumserwerb durch deutsche Beteiligungsgesellschaften.
In der Praxis wird eine deutsche Immobilie in der Regel nicht unmittelbar durch eine liechtensteinische Familienstiftung erworben, sondern durch deutsche Beteiligungsgesellschaften, an denen die betreffende Familienstiftung Anteile hält. Bei solchen Beteiligungsgesellschaften handelt es sich in der Regel um vermögensverwaltende, gewerblich geprägte oder gewerblich tätige Personengesellschaften. Kapitalgesellschaften, deren Anteile unmittelbar von einer liechtensteinischen Familienstiftung gehalten werden, kommen in der Praxis wegen der Besteuerung von stillen Reserven in den Kapitalgesellschaftsanteilen nach Übertragung auf eine im Inland nur beschränkt steuerpflichtige liechtensteinische Familienstiftung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG (sog. Wegzugsbesteuerung) dagegen nur selten vor.
a) Vermögensverwaltende Personengesellschaften
Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, z. B. eine Kommanditgesellschaft (KG) bzw. eine GmbH & Co. KG, liegt vor, wenn diese weder eine gewerbliche Tätigkeit betreibt noch gewerblich geprägt ist. In diesem Fall geht die deutsche Finanzverwaltung davon aus, dass die Wirtschaftsgüter nicht der betreffenden Personengesellschaft, sondern nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) anteilig deren Gesellschaftern zuzurechnen sind. Bei einer liechtensteinischen Familienstiftung als Gesellschafterin einer inländischen vermögensverwaltenden KG - typischerweise als eine Kommanditistin - wird die erworbene Immobilie der liechtensteinischen Familienstiftung steuerrechtlich entsprechend ihrem Anteil am Vermögen der KG zugerechnet.
Werden mit der betreffenden Immobilie in Deutschland Einkünfte erzielt, versteuert die liechtensteinische Familienstiftung diese im Rahmen ihrer beschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Handelt es sich nicht um eine gewerbliche Vermietung und Verpachtung, erzielt die liechtensteinische Familienstiftung im Inland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG), die in Deutschland zu veranlagen sind und einem einheitlichen Steuersatz von 15 % nach § 23 Abs. 1 KStG zzgl. Solidaritätszuschlag unterliegen. Im Fürstentum Liechtenstein sind die betreffenden Einkünfte nach Art. 48 Abs. 1 lit. c) Steuergesetz (SteG) steuer-frei. Damit stellt sich die Frage einer Doppelbesteuerung von deutschen Einkünften, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen der Bundesrepublik mit dem Fürstentum Liechtenstein zu lösen wäre, in Deutschland und in Liechtenstein nicht.
Im Gewerbesteuerrecht ist die vermögensverwaltende Personengesellschaft und nicht deren Gesellschafter Subjekt der Gewerbesteuer. Unterhält die betreffende Personengesellschaft im Inland keinen Gewerbebetrieb, unterliegen die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung einer inländischen Immobilie in Deutschland nicht der Gewerbesteuer. Erbringt die Personengesellschaft mit der Vermietung und Verpachtung der Immobilie steuerbare Leistungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG), sind diese umsatzsteuerfrei. Allerdings kann die Personengesellschaft unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 UStG auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichten: Dies kann sich anbieten, wenn die Personengesellschaft erhebliche umsatzsteuerbelastete Vorleistungen (Eingangsleistungen) in Anspruch nimmt, welche sie bei umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen als Vorsteuer abziehen kann.
Der Eigentumsübergang an einer Immobilie löst nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) regelmäßig Grunderwerbsteuer aus, auf den Sitz des Erwerbers oder des Veräußerers (Inland oder Ausland) kommt es nicht an, entscheidend ist die Belegenheit des erworbenen Grundstücks in Deutschland, sofern der Erwerb im bestimmten Fällen nicht grunderwerbsteuerfrei ist. Bei dem Grundstückserwerb durch eine liechtensteinischen Familienstiftung kommt insbesondere die Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Betracht, wenn eine Schenkung des betreffenden Grundstücks an die liechtensteinischen Familienstiftung schenkungssteuerbar ist, die tatsächliche Schenkungssteuerlast ist dabei keine Voraussetzung der Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 2 GrEStG.
b) Gewerblich geprägte oder gewerblich tätige Personengesellschaften
Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist eine Eigentümlichkeit des deutschen Steuerrechts, welche Rechtsordnungen anderer Länder regelmäßig nicht kennen. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist eine Personengesellschaft gewerblich geprägt, wenn bei ihr ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Nicht-Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind. Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Personengesellschaft lediglich eine vermögensverwaltende Tätigkeit betreibt. Durch die gewerbliche Prägung hält die betreffende Personengesellschaft die erworbene Immobilie im Betriebsvermögen und erzielt gewerbliche Einkünfte, die im Rahmen einer sog. gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) EStG den Gesellschaftern der betreffenden Personengesellschaft - in unserem Fall (auch) der liechtensteinischen Familienstiftung - entsprechend dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen sind. Weitere Besteuerung der zugerechneten Einkünfte richtet sich bei der liechtensteinischen Familienstiftung wie oben unter II.1.a. dargestellt.
Bei originär gewerblich tätigen Personengesellschaften richtet sich die Besteuerung nach obigen Grundsätzen auch ohne eine gewerbliche Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
2. Eigentumserwerb an der Immobilie unmittelbar durch eine Familienstiftung in Liechtenstein.
Erwirbt eine nicht gewerblich tätige liechtensteinische Familienstiftung eine in Deutschland belegene Immobilie unmittelbar, hält sie dieses im Privatvermögen und muss diese in der Bundesrepublik weder nach Handelsrecht noch nach Steuerrecht bilanzieren.
Erzielt die liechtensteinische Familienstiftung mit der Immobilie Einkünfte, sind diese in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, die Familienstiftung versteuert die betreffenden Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG als solche aus Vermietung und Verpachtung, die in der Bundesrepublik nach § 23 Abs. 1 KStG einem einheitlichen Steuersatz von 15 % zzgl. Solidaritätszuschlag unterliegen. Weitere steuerliche Behandlung der betreffenden Einkünfte richtet sich wie unter II.1.a dargestellt, insbesondere unterliegen diese Einkünfte bei einer nicht gewerblich tätigen liechtensteinischen Familienstiftung keiner Gewerbesteuer.
III. Behandlung der Immobilienveräußerung im deutschen Steuerrecht.
Wie der Eigentumserwerb an einer Immobilie unterscheidet sich die Behandlung der Immobilienveräußerung im deutschen Steuerrecht danach, ob die Immobilie unmittelbar von der liechtensteinischen Familienstiftung oder von einer Beteiligungsgesellschaft veräußert worden ist.
Bei der Veräußerung einer Immobilie unmittelbar durch eine nicht gewerblich tätige liechtensteinische Familienstiftung oder durch eine vermögensverwaltende nicht gewerblich geprägte und auch nicht gewerblich tätige Personengesellschaft kann die Immobilie in Deutschland nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG mehr als 10 Jahre nach der Anschaffung der Immobilie einkommen- und körperschaftsteuerfrei veräußert werden.
Bei einer gewerblich geprägten oder gewerblich tätigen Personengesellschaft stellt eine Immobilie Betriebsvermögen dar und unterliegt als solches im Fall einer Veräußerung stets - auch nach Ablauf von 10 Jahren seit der Anschaffung - der Besteuerung nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz.
Im Grunderwerbsteuerrecht ist die Veräußerung einer Immobilie nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG durch eine liechtensteinische Familienstiftung grunderwerbsteuerpflichtig, sofern keine Grunderwerbssteuerfreiheit (z. B. wie oben nach § 3 Nr. 2 GrEStG) greift. In anderen Steuerarten (Gewerbesteuer, Umsatzsteuer) richtet sich die Besteuerung korrespondierend dem Erwerb des Immobilien-Eigentums.
Ausblick:
Im nächsten Stifterbrief behandeln wir die sog. erweiterte Kürzung von Gewerbeerträgen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG), der in der Praxis bei gewerblichen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Gewerbesteuerrecht eine zentrale Bedeutung zukommt.
Weiterführende Artikel:
Liechtensteiner Stiftung als Gestaltungsmodell für die Erbschaftsteuer
Der Wirtschaftsstandort Liechtenstein
Liechtensteinische Stiftung und Vermögensschutz