Patagonia Purpose Trust: Philanthropie bei Hochvermögenden
Yvon Chouinard, Gründer des Bekleidungsunternehmens Patagonia, verschenkt sein Unternehmen, das 2020 mit mehr als 1500 Mitarbeitenden rund eine Milliarde US-Dollar Umsatz generierte an den Patagonia Purpose Trust und das Holdfast Collective, eine Nichtregierungsorganisation (NGO). Das Holdfast Collective soll jeden Dollar für Naturschutz, Artenvielfalt und den Kampf gegen die Klimakrise ausgeben.
Das US-Bekleidungsunternehmen Patagonia ist seit langem für seinen Umwelt-Aktivismus bekannt. So hat sich Patagonia beispielsweise die sogenannte “Earth Tax“ auferlegt und spendet seit 1985 ein Prozent des Jahresnettoumsatzes an gemeinnützige Gruppen, die sich für den Schutz von Luft, Land und Wasser überall auf dem Planeten einsetzen. Bei Patagonia heißt es: „Bis heute haben wir insgesamt mehr als 89 Mio. US-Dollar in Sach- und Geldspenden an Umweltschutzgruppen weltweit gespendet, die in ihrem direkten Umfeld damit ein Zeichen setzen. Die Gründung von ‚1% for the Planet‘ Clubs 2002 geht auf Yvon Chouinard, Gründer von Patagonia, und Craig Mathews, Inhaber eines Geschäftes für Anglerbedarf namens Blue Ribbon Flies, zurück. Ziel dieser gemeinnützigen Vereinigung ist es, andere Unternehmen zu motivieren, ihren Anteil am Umweltschutz zu leisten.“
Purpose Unternehmen Patagonia ruft Unternehmen zur Aktivität für den Umweltschutz auf
Und weiter: „‚1% for the Planet‘ ist ein Zusammenschluss von Firmen, die verstanden haben, dass es höchste Zeit ist, etwas für den Erhalt der Natur zu unternehmen. Sie haben darüber hinaus erkannt, dass Gewinn und Verlust in direktem Zusammenhang mit dem Zustand unserer Umwelt stehen. Zusätzlich sorgen sich diese Firmen um die sozialen und umweltpolitischen Folgen ihres Handels und Tuns.“ Patagonia ruft Unternehmen zur Aktivität auf. „Mit der Spende von 1% des Jahresnettoumsatzes an Umweltschutzverbände können Sie als Mitglied der Organisation 1% for the Planet deutliche Veränderungen bewirken. Unternehmerische Sozialverantwortung mit in die Unternehmensführung einzubeziehen, kann außerdem ein durchaus zufrieden stellendes Gefühl hinterlassen. Des Weiteren erfährt man Anerkennung, Unterstützung und Kundenbindung von umweltbewussten Endverbrauchern, die ernsthaftes Engagement für den Umweltschutz zu schätzen wissen.“
„Wir machen die Erde zu unserem einzigen Aktionär.“
Jetzt geht Patagonia-Gründer Yvon Chouinard den nächsten Schritt. Der 83-jährige Pionier des Bigwall-Kletterns verschenkt sein Unternehmen, das 2020 mit mehr als 1500 Mitarbeitenden rund eine Milliarde US-Dollar Umsatz generierte an den Patagonia Purpose Trust und das Holdfast Collective, eine Nichtregierungsorganisation (NGO). CEO Ryan Gellert sagt: Das Wichtigste dabei ist, dass jeder Dollar, der nicht wieder in Patagonia investiert wird, als Dividende zum Schutz des Planeten ausgeschüttet wird. Mit der neuen Rechtsform soll gewährleistet werden, dass sich Patagonia auch noch in 50 Jahren und darüber hinaus seinem Hauptanliegen, dem Umweltschutz, widmet. Yvon Chouinard fasst den Beschluss so zusammen: „Anstatt an die Börse zu gehen, könnte man sagen, dass wir zweckorientiert vorgehen. Wir machen die Erde zu unserem einzigen Aktionär.“
Startkapital von 50 Millionen US-Dollar
Dafür haben Unternehmensinhaber Yvon Chouinard und sein Team ein besonderes Konstrukt entwickelt. Der Patagonia Purpose Trust hat seinen Sitz im US-Bundestaat Wyoming, wo die Familie Chouinard lebt. „Das hat den Vorteil, dass die Ausschüttungen steuerfrei an das Holdfast Collective fließen können. Beide Organisationen wurden schon vor drei Wochen mit einem Startkapital von 50 Millionen US-Dollar ins Leben gerufen, aber erst am Mittwoch offiziell bekannt gegeben. Man könnte den Trust vergleichen mit einer Stiftung deutschen Rechts, die keine individuellen Begünstigten hat, sondern einen gemeinnützigen Zweck erfüllt. Der Trust wird von der Familie geleitet. Das Holdfast Collective soll jeden Dollar für Naturschutz, Artenvielfalt und den Kampf gegen die Klimakrise ausgeben“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. CEO Ryan Gellert hofft, dass es jedes Jahr etwa 100 Millionen US-Dollar sein werden.
Purpose Unternehmen und Stiftung: Hochvermögende Topunternehmer betätigen sich philanthropisch.
Yvon Chouinard folgt damit dem Beispiel anderer Topunternehmer, die ihr Vermögen für gemeinnützige Zwecke einsetzen. Microsoft-Gründer Bill Gates beispielsweise ist seit vielen Jahren für seine philanthropischen Aktivitäten bekannt. Die von ihm und seiner Ex-Frau gegründete Bill & Melinda Gates Foundation ist mit Einlagen von knapp 50 Milliarden US-Dollar die größte private Stiftung der Welt. Jetzt hat der Milliardär angekündigt, weitere 20 Milliarden US-Dollar an die Stiftung zu überweisen, die nun bis zum Jahr 2026 ihre jährlichen Ausschüttungen auf neun Milliarden Dollar verdoppeln will.
Eng mit der Bill & Melinda Gates Foundation verbunden ist der legendäre Investor Warren Buffett, einer der reichsten Menschen der Welt mit derzeit rund 97 Milliarden US-Dollar. Bislang hat Warren Buffett der Gates-Stiftung 35,7 Milliarden Dollar gespendet und hat jetzt angekündigt, dass der überwiegende Teil seines Vermögens innerhalb von zehn Jahren nach seinem Tod gespendet werden soll. Angaben des Wall Street Journal zufolge sollen 56 Milliarden der heute 90-Milliarden-US-Dollar schweren Beteiligung an Buffetts Investmentfirma der Bill & Melinda Gates Foundation gehen. Weitere 17,4 Milliarden US-Dollar sollen an vier Wohltätigkeitsorganisationen innerhalb seiner Familie zugutekommen (unter anderem die Stiftung seiner verstorbenen Frau, die Susan Thompson Buffett Foundation), sodass nicht seine Kinder direkt von dem Großvermögen nach Warren Buffetts Tod profitieren, sondern eben deren gemeinnützige Einrichtungen.
„The Giving Pledge“: Mitglieder spenden den Großteil ihres Vermögens
Bill Gates, Melinda Gates und Warren Buffett haben 2010 die Initiative „The Giving Pledge“ gegründet. „The Giving Pledge“ ist eine Bewegung von Philanthropen, die sich verpflichten, den Großteil ihres Vermögens zu Lebzeiten oder testamentarisch für wohltätige Zwecke zu spenden. Dazu gehören Menschen wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der deutsche SAP-Gründer Hasso Plattner, der afrikanische Mobilfunkunternehmer Mo Ibrahim, der indische Unternehmer Azim Premji, der britische Virgin-Gründer Richard Branson und der russische Internetunternehmer Juri Milner.
Mittlerweile gehören der Initiative rund 175 Mitglieder an. Sie verpflichten sich, den Großteil ihres Vermögens entweder zu Lebzeiten oder testamentarisch der Philanthropie zukommen zu lassen. Vorbild ist laut Giving Pledge das Beispiel von Millionen von Menschen aller Einkommensschichten, die großzügig – und oft unter großen persönlichen Opfern – spenden, um die Welt zu verbessern. „Der Giving Pledge ist als generationenübergreifende Initiative gedacht und soll im Laufe der Zeit dazu beitragen, die gesellschaftlichen Normen der Philanthropie unter den wohlhabendsten Menschen der Welt zu verändern und die Menschen zu inspirieren, mehr zu spenden, ihre Spendenpläne früher aufzustellen und auf intelligentere Weise zu spenden. Die Unterzeichner finanzieren ein breites Spektrum von Themen ihrer Wahl. Diejenigen, die sich dem Giving Pledge anschließen, werden aufgefordert, einen Brief zu schreiben, in dem sie ihre Entscheidung, sich intensiv und öffentlich philanthropisch zu engagieren, erläutern und die Anliegen beschreiben, die sie motivieren.“
Doppelstiftung besteht aus einer Familienstiftung und einer gemeinnützigen Stiftung.
Dieser Club der Milliardäre ist für die allermeisten Unternehmer unerreichbar. Sie brauchen daher eigene Wege, sich sinnvoll und strukturiert philanthropisch zu betätigen. Die Beispiele von Bill Gates, Yvon Chouinard und Warren Buffett zeigen, dass Stiftungen als Steuerungsinstrumente für diese gemeinnützigen Aktivitäten im Trend liegen. In Deutschland gelingt dies vor allem mit dem Rechtsinstitut der Doppelstiftung, die die Vorteile der unternehmensverbundenen Stiftung mit einem gemeinnützigen Ansatz verbindet und aus einer Familienstiftung und einer gemeinnützigen Stiftung besteht.
Bei der Doppelstiftung wird das Unternehmen oder das Vermögen teilweise auf eine Familienstiftung und teilweise auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen. Die gemeinnützige Stiftung hält in dieser Konstellation den größeren Anteil am Unternehmen, die Familienstiftung wiederum kontrolliert nur so viele Anteile, wie unmittelbar benötigt werden, um die satzungsgemäßen Zwecke der Familienstiftung zu erfüllen. Die Familienstiftung sichert dabei in der Regel insbesondere die Fortgeltung des Stifterwillens innerhalb des Unternehmens gerade auch hinsichtlich der Unternehmensphilosophie und dem allgemeinen Management und vertritt die vermögensmäßigen Interessen der Familie. Die gemeinnützige Stiftung dient dem sozialen und/oder gesellschaftlichen Engagements der Stifterfamilie und erhält Geld aus dem Unternehmen, das dann wiederum für die Erreichung der satzungsgemäßen Ziele verwendet wird.
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