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Rechte und Pflichten eines Schweizer Bürgers

Für den Zuzug in die Schweiz werden Ihnen hier die Rechte und Pflichten eines Schweizer Bürgers erläutert.

VON THORSTEN KLINKNER

 

In dieser Stifterbriefserie stellen wir Ihnen verschiedene Aspekte des Schweizer Einbürgerungsprozesses vor und haben letzte Woche mit den Formalia rund um die Einbürgerung begonnen. Welche Rechte und Pflichten auf einen Schweizer Staatsbürger warten, erläutern wir im Folgenden.

 

Schweizer Bürger profitieren von diplomatischem Schutz im Ausland, Niederlassungsfreiheit in der Schweiz, einem Auslieferungsverbot und Zugang zu Berufen, die zwingend eine Schweizer Bürgerschaft voraussetzen.

 

Schon im Wort Bürgerrecht ist es enthalten: das Wort „Recht“. Wer das Schweizer Bürgerrecht erhält, hat neben den Pflichten eines jeden Schweizer Bürgers, auch politische, soziale und bürgerliche Rechte. Die politischen Rechte ermöglichen Staatsbürgern, an politischen Prozessen teilzunehmen. Die sozialen Rechte sind, anders als die politischen Rechte, nicht an die Staatsbürgerschaft geknüpft. Sie umfassen das Bildungssystem, Gesundheitssystem und Sozialleistungen. Die bürgerlichen Rechte sind ebenfalls nicht an einen Status gebunden, sie haben sich zu Menschenrechten entwickelt. Dies sind unter anderem die freie Meinungsäußerung oder Versammlungsrechte.


Ein Viertel der in der Schweiz lebenden Menschen hat keine Schweizer Staatsbürgerschaft. Sie haben zwar die gleichen sozialen und bürgerlichen Rechte, sind aber von der politischen Mitbestimmung ausgeschlossen. Wir möchten Ihnen im Folgenden gerne die Vorteile der politischen Partizipation in der Schweiz vorstellen.

 

Bürgerechte Schweiz: Die politische Partizipation

Die Schweiz ist eine Konkordanzdemokratie, was bedeutet, dass in den politischen Prozess eine möglichst große Anzahl an Akteuren einbezogen werden soll. Im Gegensatz zu einer Mehrheitsdemokratie wird bei einer Entscheidungsfindung versucht, möglichst viele Interessen einzubinden. Durch Volksinitiativen, Petitionen und Referenden können Schweizer Bürger auf allen Ebenen direkten politischen Einfluss nehmen.

 

Eine Volksinitiative ist ein politisches Instrument, das es den Schweizer Bürgern ermöglicht, die Bundesverfassung zu ändern. Damit eine solche zustande kommt, müssen in einem bestimmten Zeitraum 100.000 Unterschriften von stimmberechtigten Personen zusammenkommen. Das Parlament prüft dann, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und die Initiative für gültig erklärt werden kann. Ist dies der Fall, wird sie dem Volk zur Abstimmung unterbreitet. Wenn die Mehrheit des Volkes und der Kantone zustimmen, ist die Initiative angenommen. Gesetzesänderungen auf Bundesebene (im Gegensatz zur kantonalen oder kommunalen Ebene) können durch eine Volksinitiative nicht erwirkt werden.

 

Mit einem Referendum ist es Stimmberechtigten möglich, gegen Beschlüsse des Parlamentes vorzugehen und eine Volksabstimmung zu verlangen. Auch hier muss innerhalb einer bestimmten Frist eine festgelegte Anzahl an Unterschriften gesammelt werden. Neben diesem fakultativen Referendum gibt es auch das obligatorische Referendum, das immer dann durchgeführt werden muss, wenn das Parlament Erlasse verabschiedet, die eine Verfassungsänderung betreffen.

 

Über eine Petition haben Schweizer Bürger das Recht, sich mit einem Anliegen an eine Behörde zu wenden. Hierbei gibt es keinerlei Fristen und Vorgaben bezüglich der Unterschriftenanzahl. Die Petition hat keinerlei rechtliche Verbindlichkeit, sie wird in der Regel aber beantwortet. Anders als bei einer Volksinitiative oder einem Referendum kann eine Petition auch ohne das Schweizer Bürgerrecht lanciert werden.

 

Das Wahlrecht gilt nur für Schweizer Bürger, die über 18 Jahre alt sind und in der Schweiz leben. Sie können an kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Wahlen teilnehmen. Anders als im deutschen politischen System finden in der Schweiz deutlich öfter Wahlgänge statt. Hierzu zählen nicht nur die Parlamentswahlen, die alle vier Jahre stattfinden, sondern sämtliche Entscheidungsprozesse, die der Zustimmung der Bürger bedürfen.

 

Die Militärpflicht in der Schweiz

Neben diesen Rechten haben Schweizer Staatsbürger auch Pflichten, die man vor der Einbürgerung kennen sollte. Neben der Pflicht bei Wahlen und Abstimmungen mitzuwirken, hat die Militärpflicht sicherlich die größten Auswirkungen auf das Leben der Schweizer Bürger.

 

Die Aufgaben der Schweizer Armee sind die Verhinderung von Kriegen, die Verteidigung der Schweiz und der Schutz der Bevölkerung. Außerdem unterstützt sie die zivilen Behörden, wenn diese an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Schweizer Armee ist nach dem Milizprinzip organisiert und die Militärpflicht gilt für jeden Schweizer Bürger. Schweizerinnen können sich freiwillig melden. Auslandsschweizer sind in Friedenszeiten von Militärpflicht und Rekrutierung befreit.

 

Männliche Neubürger zwischen 18 und 24 Jahren sind militärpflichtig und erhalten ein „Aufgebot“: Eine offizielle, verpflichtende Aufforderung von der Militärverwaltung, den „Orientierungstag“ zu besuchen, und werden für die Rekrutenschule eingeplant. Wer bei der Einbürgerung das 25. Lebensjahr überschritten hat, erhält zwar kein Aufgebot für den Orientierungstag, ist aber trotzdem militärpflichtig.

 

Schweizer, die eine weitere Staatsangehörigkeit(en) besitzen und nachweisen können, dort ihrer Militärpflicht nachgekommen zu sein, können prüfen, ob es mit diesem Land ein bilaterales Abkommen gibt, und sie deshalb in der Schweiz nicht militärdienstpflichtig sind.

 

Jeder männliche Schweizer erhält im Jahr seines 18. Geburtstages das Aufgebot für den Orientierungstag, wo er zu Militärdienst und Rekrutenschule informiert wird. An diesem Tag muss angegeben werden, wann die Rekrutenschule absolviert werden soll. Dies muss bis zum 25. Lebensjahr geschehen sein. Da diese länger dauert, als die übliche Zeit zwischen Schulabschluss und Studienbeginn, müssen angehende Studenten im Vorhinein planen, ob sie ein Zwischenjahr einschieben oder die militärische Ausbildungszeit verlängern, um sich bis zum Unteroffiziers- oder Offiziersrang ausbilden zu lassen. Alternativ wäre es erlaubt, sämtliche, immer wiederkehrende Pflichtdienste im Militär in einem Stück zu absolvieren, denn die Rekrutenschule zu unterbrechen, ist nicht möglich.  Sie dauert in der Regel 18 Wochen, währenddessen gibt es einen Urlaubsanspruch von zwei Tagen. Für Unteroffiziere dauert sie 23 Wochen.

 

Die Militärpflicht dauert bis zum Ende des zwölften Jahres nach Abschluss der Rekrutenschule. Unteroffiziere dienen je nach militärischem Grad deutlich länger, bis zum vollendeten 36. bzw. 42., und für die höheren Offiziersränge sogar bis zum Ende des 50. Lebensjahres. Übersetzt bedeutet dies, dass die Militärpflicht jeden Schweizer Bürger einen signifikanten Zeitraum des Berufs- und Familienlebens begleitet. Denn nach der Rekrutenschule bleiben die Militärdienstpflichtigen mindestens neun Jahre eingeteilt (je nach Dienstgrad sogar länger) und leisten in diesem Zeitraum sechs Wiederholungskurse von je drei Wochen. Offiziere und Unteroffiziere müssen in einem Kadervorkurs diesen vorbereiten und somit noch mehr Zeit in den Wiederholungskurs investieren.

 

Militärdienst: Sold und Erwerbsersatz

 

Der Verdienstausfall für den Militärdienst wird kompensiert. Die finanzielle Entschädigung besteht aus drei Säulen: Sold, Soldzulagen und Erwerbersatz. Der Sold ist per Bundesgesetz festgelegt, der Erwerbsersatz hängt vom Einkommen ab. Als erwerbstätig gilt, wer in mindestens vier Wochen vor Einrücken erwerbstätig war. Der Erwerbsersatz beträgt derzeit 69 CHF brutto pro Tag oder 80 % des letzten Lohns.

 

Persönliche Ausrüstung beim Militärdienst in der Schweiz

 

Die Schweizer Armee stattet die Armeeangehörigen mit Kleidung und Ausrüstung aus, die am Wohnort sicher aufzubewahren ist und die sie bis zum Ende ihrer Dienstzeit behalten. Der Umfang der Bekleidung eines Angehörigen der Armee ist sehr groß und er hat, die Pflicht, dafür zu sorgen, dass seine Ausrüstung jederzeit einsatzbereit ist. Daneben gehören zu der persönlichen Ausrüstung auch die Dienstwaffe und das Waffenputzzeug. Diese können seit 2010 auf Wunsch auch bei einer „Retabilierungsstelle“ kostenlos hinterlegt werden, wobei dies nicht für Bajonette gilt. Wer der Armee angehört und mit einer Schusswaffe ausgerüstet ist, muss jährlich eine Schießübung in einem Schießsportverein nachweislich absolvieren. 

 

Fazit

 

Wer sich aus den unterschiedlichsten Gründen für die Schweiz als Lebensort entscheidet, sollte sich vor dem Einbürgerungsprozess der Rechte und vor allem Pflichten eines Schweizer Bürgers bewusst sein. Ebenso wie die Partizipation an der politischen Entscheidungsfindung in der Schweizer Mentalität tief verwurzelt ist, spielt das Militär in der Schweiz eine große Rolle und ist in fast jedem Haushalt präsent. Rekrutenschule und Wiederholungskurse üben einen großen Einfluss auf die individuelle Ausbildungs- und Lebensplanung aus. Gerade für Kinder von Ausländern, die in der Schweiz aufgewachsen sind, kann die Militärpflicht – ebenso wie der Wunsch nach politischer Teilhabe – ein wichtiger Grund für oder gegen die Schweizer Staatsbürgerschaft sein. 

 

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