VON THORSTEN KLINKNER
In unserem letzten Stifterbrief haben wir die grundsätzlichen Erwägungen, Motive und Vorteile von unternehmensverbundenen Stiftungen erläutert. Damit eine Familienstiftung ein Unternehmen „aufnehmen“ kann, bedarf es regelmäßig einer unentgeltlichen Übertragung, die den Anwendungsbereich des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes eröffnet. Damit keine Steuerbelastung entsteht, müssen die Vorschriften zur Begünstigung von Betriebsvermögen (§§ 13a - 13c, 28a ErbStG) angewendet werden, die nachfolgend hier erläutert werden.
Die Übertragung von Betriebsvermögen.
Soll ein Unternehmen in Form von Gesellschaftsanteilen an einer Kapital- oder Personengesellschaft auf eine unternehmensverbundene Familienstiftung übertragen werden, kann dies entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
In den meisten Fällen scheidet eine entgeltliche Übertragung aufgrund der meist entstehenden ertragsteuerlichen Belastung auf Ebene des Gesellschafters aus, da bei Geschäften zwischen dem Stifter und der Familienstiftung ein strenger Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden ist, und daher kein Entgelt unter dem Verkehrswert vereinbart werden darf.
Die Bewertung der Übertragung.
Eine unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Unternehmen an die Familienstiftung stellt einen steuerbaren Erwerbsvorgang dar.
Für schenkungssteuerliche Zwecke müssen die Zuwendungsgegenstände, also die Dinge, die geschenkt werden, bewertet werden. Diese Bewertung von Anteilen an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften oder gewerblichen Personengesellschaften unterliegt § 11 Absatz 2 BewG. Dem folgend ist der gemeine Wert in erster Linie aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Gibt es keine Verkäufe, muss eine Bewertung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft, oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode, ermittelt werden, bei der der Substanzwert den Mindestwert darstellt.
Zur Vereinfachung kann dabei das gesetzlich geregelte sogenannte vereinfachte Ertragswertverfahren genutzt werden. Danach wird der (um Sondereffekte bereinigte) durchschnittliche Gewinn der letzten drei Jahre mit einem festen Kapitalisierungsfaktor von 13,75 multipliziert.
Die Anforderungen an die schenkungssteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen.
Die §§ 13a, 13b ErbStG gewähren für sogenannte begünstigungsfähige Vermögen einen Abschlag der Bewertung für erbschafts- und schenkungssteuerliche Zwecke in Höhe von 85% (Regelverschonung) oder 100% (Optionsverschonung).
Ist festgestellt worden, dass begünstigungsfähiges Vermögen übergehen wird oder übergegangen ist, muss die Ermittlung des Verwaltungsvermögens erfolgen, da die Relation zwischen dem Wert des begünstigungsfähigen Vermögens zum Verwaltungsvermögen maßgeblich für die Höhe des begünstigten Vermögens und des nicht begünstigten Vermögens ist.
Der Umfang der Begünstigung hängt insbesondere von der Höhe des begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögens ab. Eine Begünstigung wird vollständig nicht gewährt, wenn der Wert des Verwaltungsvermögens zzgl. des festgestellten Werts der Finanzmittel der Gesellschaft bzw. des Konzerns mehr als 90% (sog. 90% Test) des Werts der Gesellschaft beträgt. Hierzu hat das Finanzgericht Münster kürzlich entschieden, dass dies nicht für gewerblich tätige Gesellschaften gilt.
In einem zweiten Schritt wird das schädliche Verwaltungsvermögen (gekürzt um Abschläge) vor die Klammer gezogen und gesondert versteuert. Als Verwaltungsvermögen bezeichnet das ErbStG im Unternehmen befindliches Vermögen, das nach Auffassung des Gesetzgebers nicht den eigenbetrieblichen Zwecken dient. Es ist in einem abschließenden Katalog positiv definiert.
Vereinfacht zusammengefasst fällt unter Verwaltungsvermögen:
· Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke,
· Finanzmittel,
· Beteiligungen an Kapitalgesellschaften kleiner/gleich 25 %,
· Wertpapiere und
· Gegenstände, die typischerweise der persönlichen Lebensführung (z.b. Kunst, Oldtimer, Edelmetalle und Yachten) dienen.
Die Einschränkungen für Grosserwerbe.
Die Regel- oder Optionsverschonung wird allerdings nur für Erwerbe von begünstigten Betriebsvermögen mit einem Wert von 26 Mio. Euro vollständig gewährt. Bei Überschreiten dieser Wertgrenze (sog. Großerwerb) regelt das Gesetz zur Abmilderung:
1. Das Abschmelzmodell: Dabei verringert sich der Verschonungsabschlag um einen Prozentpunkt für jede 750 000 Euro, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. Euro liegt, sowie
2. die sog. Verschonungsbedarfsprüfung: Danach hat der Erwerber nachzuweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem sog. verfügbaren Vermögen zu begleichen. 50% der Summe der gemeinen Werte des begünstigt übergegangenen Vermögens und des Vermögens des Erwerbers, dass ihm zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gehört und nicht begünstigt wäre, wird dabei als verfügbares Vermögen definiert.
Hier bestehen insbesondere für neu errichtete Familienstiftungen Gestaltungsspielräume, da im Zeitpunkt der Errichtung die Familienstiftung (mit Ausnahme des Grundstockvermögens) über kein anderes verfügbares Vermögen verfügt. Daher könnte in diesen Fällen unter Einsatz von 50% des Grundstockvermögens eine vollständige Begünstigung für ein Großvermögen erreicht werden.
Die Nachbehaltensregeln.
Bei Gewährung einer schenkungssteuerlichen Verschonung von Betriebsvermögen entstehen sogenannte Nachbehaltensregeln. Je nach Umfang der Verschonung (Regel- oder Optionsverschonung) gelten die Regeln über einen Zeitraum von fünf bzw. sieben Jahren. Dabei ist zu beachten, dass die erworbenen Anteile nicht veräußert werden und nur Ausschüttungen bzw. Entnahmen in Höhe der neu erzielten Gewinne erfolgen.
In diesem Zusammenhang sind die Regelungen für Lohnsummen einzuhalten. Die Lohnsumme der Gesellschaft bzw. des Konzerns muss innerhalb der fünf- oder siebenjährigen Lohnsummenfrist 400% (Regelverschonung) bzw. 700% (Optionsverschonung) der sog. Ausgangslohnsumme betragen. Die Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Wirtschaftsjahre vor der Schenkung.
Wichtig ist dazu Folgendes: Wird die geforderte Lohnsumme nicht erreicht, entfällt die gewährte Steuerbegünstigung nicht vollständig, sondern nur in dem Verhältnis, in dem die erforderliche Quote unterschritten wird.
Weitere steuerliche Folgen der Übertragung.
Infolge einer unentgeltlichen Übertragung entstehen für Grundstücke der Gesellschaft keine grunderwerbsteuerlichen Auswirkungen. Für steuerliche Verlustvorträge kann die unentgeltliche Übertragung einen ganz oder teilweisen Wegfall bewirken, sofern nicht regelmäßig Ausnahmetatbestände (Stille-Reserven-Klausel oder Fortführung) anwendbar sind.