EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, BewG 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 4
- Eine Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft.
- Für eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG, bei der ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen.
Das Erbschaftsteuerfinanzamt entscheidet, ob eine Wertfeststellung dem Grunde nach erforderlich ist. Dem zur Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 BewG berufenen Finanzamt obliegt die Entscheidung über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG.
Bundesfinanzhof, (BFH) Urteil vom 27.04.2022 - II R 9/20, DStR 2022, 1424
Vorinstanz: FG Münster, 27.02.2020 - 3 K 3593/16 F, EFG 2020, 831
Mit der Entscheidung vom 27.04.2022 bestätigt der BFH die Auffassung der Instanzgerichte und der Literatur, dass eine Stiftung & Co. KG keine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist. Ist eine Stiftung & Co. KG vermögensverwaltend tätig, richtet sich die Feststellung des Wertes der KG-Anteile für Zwecke der Erbschaftsteuer nicht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögens (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG), sondern nach denen des Privatvermögens (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG).
Der Sachverhalt: die Stiftung & Co. KG
Die Kläger - eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG sowie deren 2 Kommanditisten - klagten gegen einen Feststellungsbescheid des für die Wertfeststellung zuständigen Finanzamts am Sitz der KG. Die Wertfeststellung war durch den Tod des vormaligen Kommanditisten der KG, dessen Anteil die beiden Kläger erbten, erforderlich geworden. Das Finanzamt behandelte den aufgrund der Erbfolge übergangenen KG-Anteil bei der Wertfeststellung nicht als begünstigungsfähiges Betriebsvermögen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, sondern als Privatvermögen im Sinne § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG, so dass eine Begünstigung für das Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG für den übergegangenen KG-Anteil bei der Wertfeststellung nicht gewährt wurde.
Der Einspruch und die Klage gegen den Feststellungsbescheid führten zu keinem Erfolg. Das Finanzgericht teilte die Rechtsauffassung des beklagten Finanzamts und verwies darauf, dass die Wertfeststellung für den übergegangenen KG-Anteil zutreffend nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG erfolgt sei. Eine Stiftung & Co. KG - so das Finanzgericht in den Urteilsgründen - sei keine gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und dieser auch nicht durch Analogie gleichzustellen. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.
Die Entscheidung zur Stiftung & Co. KG
Der BFH wies die Revision, gestützt auf die nachfolgenden Argumente in den Urteilsgründen, als unbegründet ab. Bei Wertfeststellungen für Zwecke der Erbschaftsteuer ist zwischen der Wertfeststellung dem Grunde nach durch das Erbschaftsteuerfinanzamt und der Höhe nach durch das Feststellungsfinanzamt am Sitz der KG zu unterscheiden. Die Wertfeststellung bei einer vermögensverwaltenden KG, bei der ausschließlich eine rechtsfähige Stiftung die Komplementärin ist, richtet sich nicht nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, sondern nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG.
§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG findet nach dem BFH nur Anwendung, wenn der Wert eines Betriebsvermögens oder eines Anteils am Betriebsvermögen festzustellen ist. Zum Betriebsvermögen gehören sowohl alle Teile eines Gewerbebetriebes nach § 15 Abs. 1, Abs. 2 EStG als auch alle Wirtschaftsgüter einer gewerblich geprägten Gesellschaft im Sinne § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, nach dem nur Kapitalgesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer eine Personengesellschaft gewerblich prägen können. Eine Stiftung ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG keine Kapitalgesellschaft, der Anwendungsbereich dieser gesetzlichen Regelung kann nach dem BFH auch nicht normspezifisch auf Stiftungen erweitert werden, die vom Gesetz nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG explizit zu Zweckvermögen des Privatrechts und eben nicht zu Kapitalgesellschaften gerechnet werden. Auch eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG in Bezug auf Stiftungen scheidet mangels einer gesetzlichen Regelungslücke und einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte aus.
Praxishinweis zur Stiftung & Co.KG
Mit seinem Urteil hat der BFH eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen.
Der BFH stellt aus unserer Sicht nachvollziehbar und folgerichtig auf den Wortlaut der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen sowie auf die gesetzliche Systematik ab und kommt zu einem Ergebnis, das in der Praxis für eine zusätzliche Sicherheit bei Stiftung & Co. KG‘s sorgen wird.
Die Entscheidung offenbart wieder einmal die elementare Wichtigkeit von klaren und durchdachten Unternehmensstrukturen auch und vor allem für die Erbschafts- und Schenkungsteuer. Auch wenn eine Stiftung als eine Unternehmensholding viele Vorteile bietet, sollte sie im Zusammenwirken mit bewährten GmbH & Co. KG-Strukturen eingesetzt werden, um im Erbschaft- und Schenkungssteuerrecht Begünstigungen für das Betriebsvermögen in Anspruch nehmen zu können, auch wenn die Stiftung selbst als Unternehmensholding lediglich vermögensverwaltend tätig ist.
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